Artikel auf „wochenblick.at“ über ÖGB und SPÖ verstößt gegen Ehrenkodex für die österreichische Presse

Wien (OTS) – Der Senat 2 des Presserats beschäftigte sich mit dem
Artikel „ÖGB und SPÖ verbindet die ‚Freundschaft‘ mit gewaltbereiten
Linken“, erschienen im Magazin „Wochenblick“ vom 12.07.2018. Nach
Meinung des Senats verstößt der Artikel gegen Punkt 2 (Genauigkeit)
des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

In der Überschrift des Artikels wird festgehalten, dass ÖGB und
SPÖ die „Freundschaft“ mit gewaltbereiten Linken verbinde. Es wird
berichtet, dass die Gewalt von „Linksaußen“ von „Mainstream-Medien“
oftmals bagatellisiert oder sogar gänzlich ignoriert werde. Viele
Politiker und Meinungsmacher würden sich sogar ganz bewusst mit
„gewaltbereiten Linksextremen ins Boot“ setzen, um ihre politischen
Ziele zu erreichen. Bei einer Demonstration der Gewerkschaft hätten
neben SPÖ-Mitgliedern, Mitarbeitern der Arbeiterkammer und des AMS
auch linksextreme Gruppierungen wie die „Antifaschistische Aktion“
(Antifa) teilgenommen. Nicht wenige linke Politiker würden ganz offen
mit dem Gedanken kokettieren, in der „Antifa“ eine Art „bewaffneten
Arm“ ihrer Politik zu haben. Während Mitglieder der „Identitären
Bewegung“ vor Gericht stehen, scheine „die Antifa fast Teil des
linken Establishments“ zu sein. Im Anschluss daran wird an die
Gewalttaten Linksextremer beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg erinnert;
zudem werden andere Gewalttaten dargestellt, die sich auch gegen Leib
und Leben politischer Gegner richten würden. In der Ausgabe des
Magazins wurden neben dem Artikel noch zahlreiche weitere Beiträge zu
dem Themenkreis veröffentlicht, insbesondere zu den gewaltsamen
Ausschreitungen linksextremer Gruppen während des G-20-Gipfels in
Hamburg. In einem Kommentar wurde kritisiert, dass sich „SPÖ und Co.“
mit der „Antifa“, die „in den USA schon als Terrororganisation“
gelte, „ins Boot setzen“.

Eine Leserin beanstandete, dass hier dem ÖGB und der SPÖ ein
Naheverhältnis zu „gewaltbereiten Linken“ unterstellt werde, welches
in der Realität nicht bestehe.

Der Senat war der Ansicht, dass im zu prüfenden Artikel sowohl der
ÖGB als auch die SPÖ bewusst mit gewaltbereiten Demonstranten und der
„Antifa“ in Verbindung gebracht wurden. Den Lesern sollte offenbar
der Eindruck vermittelt werden, dass der ÖGB und die SPÖ Gewalt als
politisches Mittel nicht ausschließen. Am Ende des Artikels wurde auf
gewaltsame Ausschreitungen von linksextremen Gruppierungen in
Deutschland hingewiesen. Mit diesen Ausschreitungen haben jedoch
weder der ÖGB noch die SPÖ etwas zu tun. Nach Auffassung des Senats
vermittelte der Artikel jedoch den Eindruck, dass der ÖGB und die SPÖ
zumindest Sympathien für derartige Ausschreitungen hegen. Nach
Meinung des Senats widersprachen die Verzerrungen des Artikels Punkt
2.1 des Ehrenkodex, wonach es die oberste Verpflichtung von
Journalisten ist, Nachrichten gewissenhaft und korrekt wiederzugeben.
Die Verzerrungen konnten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass
politische Organisationen wie die SPÖ und der ÖGB in einer freien
Gesellschaft besonders viel Kritik aushalten müssen, so der Senat
weiter. Der Autor des Beitrags wollte die SPÖ und den ÖGB
augenscheinlich gezielt diskreditieren, indem er diesen
Organisationen Gewaltbereitschaft unterstellte und ihnen zu Unrecht
vorwarf, strafbare Handlungen bis hin zu Körperverletzungen und Mord
gutzuheißen. Der Senat stellte den Verstoß gegen den Ehrenkodex fest
und forderte die „Medien24 GmbH“ aufg, die Entscheidung freiwillig in
dem Magazin „Wochenblick“ zu veröffentlichen.

Zwtl.: SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig. Im vorliegenden Fall
führte der Senat 2 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines
Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer
Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob
eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht.
Die Medieninhaberin von „wochenblick.at“ hat von der Möglichkeit, an
dem Verfahren teilzunehmen, nicht Gebrauch gemacht. Die
Medieninhaberin von „wochenblick.at“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit
des Presserats bisher nicht anerkannt.

Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, Tel.: 01-53153-830

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