
25 Jahre Gewaltschutzgesetze – ein Meilenstein im Opferschutz
Gratulation – aber kein Grund zum Ausruhen
Wien (OTS) – Vor 25 Jahren – am 1. Mai 1997 – trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft. Dieses Gesetz war und ist in vielerlei Hinsicht eine enorme Errungenschaft im Opferschutz und in der Gewaltprävention: Es kräftigt Gewaltbetroffene und deren Rechte und nimmt Gewaltausübende in die Verantwortung. Österreich gilt hier als internationales Vorbild und nimmt seither eine klare politische Haltung gegen Gewalt im privaten Bereich ein.
Das Fundament stammt von den Frauenhäusern
Den Grundstein haben damals Frauenhäuser gelegt. Auf vielfache Weise, vor allem durch das ständige Aufzeigen und Sichtbarmachen der unerträglichen Situation für Gewaltopfer, die flüchten mussten und zusätzlich staatlich viktimisiert wurden, durch das unermüdliche Ringen um rechtliche Reformen für gewaltbetroffene Frauen und Kinder und durch Vernetzung und den Willen zur Kooperation mit Polizei und Behörden und durch die internationale Expertise. Das bespielhafte Duluth-Modell, dem das Gewaltschutzgesetz zugrunde liegt, wurde vom Verein der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser nach Österreich geholt und die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal hat sich politisch für die Umsetzung stark gemacht. Das Gewaltschutzgesetz war und ist ein feministischer Erfolg und führte zu einem gesellschaftlichen Paradigmenwechsel: Nicht gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder müssen die Wohnung verlassen, sondern die gewaltausübenden Partner müssen gehen und werden zur Verantwortung gezogen und haben mit Sanktionen zu rechnen („Der der schlägt muss gehen“).
Ausmaß der Gewalt an Frauen und Kindern ist dennoch
alarmierend hoch
Es kam zwar seither zu vielen weiteren gesetzlichen Novellierungen, Reformen und Verbesserungen im Gewaltschutz, aber dennoch ist das Ausmaß der häuslichen Gewalt und Partnergewalt erschreckend hoch. Allein 2021 gab es wieder 31 Femizide und zusätzlich 63 Mordversuche an Frauen.
Vielfach fehlt es an der Umsetzung der Gesetze und Maßnahmen und am fehlenden Vertrauen der Betroffenen in Behörden und an finanziellen und personellen Ressourcen:
* Damit gewaltbetroffene Frauen gewaltfrei und selbstbestimmt leben können und nicht mehr zu ihren Gewalttätern zurückziehen müssen, bedarf es an leistbaren Wohnungen. Wir fordern daher die Politik auf mindestens 1500 leistbare Wohnungen (ohne Kaution und Provisionen) zur Verfügung zu stellen.
* Das Gewaltschutzgesetz wird grundsätzlich gut exekutiert, aber
für besonders gefährliche Täter reicht das Gesetz nicht aus. Hier brauchte es die Einbindung von Expertinnen aus Opferschutzeinrichtungen in alle Gremien und Meetings zur Ausarbeitung z.B. von Tools zur Gefährlichkeitseinschätzung und von Opferschutzmaßnahmen.
* Seitens der Staatsanwaltschaften und Strafgerichte gibt es nach
wie vor sehr viele Einstellungen und Freisprüche, trotz hohem Gefährdungspotenzial durch den Täter. Eine U-Haft wird noch immer viel zu selten verhängt, was dazu führt, dass Opfer von Gewalt weiterhin in Angst leben müssen und gefährdet sind, verletzt oder gar getötet zu werden. Wir fordern daher eine klare Strafverfolgung von Gewalttaten an Frauen – das inkludiert eine lückenlose Ermittlung und Beweisführung sowie bei Vorliegen von Haftgründen auch die Anwendung der U-Haft für sehr gefährliche Täter.
* Außerdem braucht es einheitliche Richtlinien für die Gefährdungseinschätzung, die bei jedem Fall von Gewalt in der Familie angewendet werden sollte.
* Verpflichtende Schulungen für alle Vertreter*innen von Behörden, die mit gewaltbetroffenen Frauen und Kinder zu tun haben, sind ebenfalls unumgänglich, denn durch das Wissen über Täterstrategien und Gewaltdynamiken kann das Vertrauen erhöht ein Verständnis für gewaltbetroffene Frauen und Kinder erzeugt werden.
* Die multi-institutionelle Zusammenarbeit bei Fallkonferenzen in Hochrisikosituationen wurde abgeschafft, aber neu eingeführt. Noch fehlt es aber an klaren Richtlinien bei der Abhaltung der gesetzlich verankerten Fallkonferenzen durch die Sicherheitspolizeibehörden.
* Auch bei den neuen Gewaltpräventionszentren – sprich verpflichtenden Täterberatungen – sind viele Fragen offen, wie etwa der Status der Einrichtungen, und wie und ob opferschutzorientierte Täterarbeit umgesetzt wird.
* Eigene Programme für Kinder und Jugendliche, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, wie auch Mädchenhäuser.
* Der flächendeckende Ausbau an Gemeinwesenarbeit gegen
Partnergewalt und häusliche Gewalt – sprich StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt.
* Österreich hat 2013 die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen
des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, ratifiziert und sich damit verpflichtet, alle Formen der Gewalt gegen Frauen aktiv zu bekämpfen. Für die Umsetzung der Istanbul-Konvention benötigt es mindestens jährlich 228 Millionen Euro und 3000 Vollzeitarbeitsplätze in der Gewaltpräventionsarbeit.
AÖF – Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
Mag.a Maria Rösslhumer
maria.roesslhumer@aoef.at
Tel.: 0664 793 07 89
www.aoef.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender