
Präzisionsmedizin: Statistisches Modell kann Therapie-Erfolg neuer Medikamente berechnen
Wien (OTS) – Ziel der „Präzisionsmedizin“ ist es, individuelle
Behandlungsstrategien und Therapien zu entwickeln. Dabei spielen
statistische Verfahren eine wichtige Rolle, um aus Daten klinischer
Studien die Wirksamkeit von Medikamenten auf Grundlage der
Patientencharakteristika vorherzusagen. Nun stellte ein
Forschungsteam des Instituts für Medizinische Statistik der MedUni
Wien neue mathematische Methoden vor, mit denen für die Vorhersage
relevante Charakteristika effizient identifiziert werden können.
Zudem ermöglichen diese Verfahren auch die Berechnung der
statistischen Schwankungsbreiten dieser Vorhersagen.
Arzneimittel wirken bekanntlich nicht bei allen Menschen
gleichermaßen. Deshalb sind ForscherInnen in der Präzisionsmedizin
darum bemüht, bereits während der Entwicklung eines Medikamentes, in
klinischen Studien Gruppen von PatientInnen zu identifizieren, die
besonders auf den Wirkstoff ansprechen und kein erhöhtes
Nebenwirkungsrisiko haben. Grundlage dafür sind moderne diagnostische
Verfahren wie die Genom-Sequenzierung und die molekulare Bildgebung.
Die aus diesen Studien hervorgehenden Daten werden für
statistische Analysen verwendet, um eine genauere Vorhersage über die
Wirkung von Medikamenten treffen zu können. Es werden dabei
statistisch-mathematische Methoden angewandt, die aus der Fülle an
Daten relevante Biomarker herausfiltern können. Solche Biomarker sind
zum Beispiel bestimmte Genmutationen oder Laborwerte, aber auch
andere Eigenschaften der PatientInnen, wie etwa Alter, Geschlecht
oder das Krankheitsstadium.
Mit Hilfe dieser so identifizierten Biomarker können nun Modelle
zur Vorhersage darüber erstellt werden, für welche
PatientInnengruppen eine Therapie mit dem gerade neu entwickelten
Arzneimittel wirksamer ist als die Standardtherapie. Zum Beispiel
kann im Bereich onkologischer Studien prognostiziert werden, für
welche PatientInnen eine neue Therapie lebensverlängernd ist. Dazu
verwendet man sogenannte Regressionsmodelle und
Variablenselektionsverfahren. Statistische Vorhersagen unterliegen
allerdings immer einer gewissen Schwankungsbreite. Je weniger
Datenmaterial von an Studien teilnehmenden PatientInnen zur Verfügung
stehen, desto ungenauer ist die Vorhersage. Ein Ziel in der
medizinischen Statistik ist es daher, die Schwankungsbreite so gering
wie möglich zu halten, um die Wirksamkeit der jeweiligen Therapie
bestmöglich zu prognostizieren.
In der nun veröffentlichten Forschungsarbeit wurden entsprechende,
neue statistische Prognoseverfahren erarbeitet, die im Prozess der
Entwicklung neuer Medikamente zum Einsatz kommen. Mittels dieser
Algorithmen ist es möglich, auf Basis klinischer Studien relevante
Biomarker zu identifizieren und die statistische Zuverlässigkeit der
Prognosen zu beurteilen. Somit kann man in der Entwicklung neuer
Medikamente besser vorhersagen, für welche Patientengruppen eine
Therapie wirksam und sicher ist. Dies ist ein wichtiger Schritt, um
die Zuverlässigkeit von Prognosemodellen in der Präzisionsmedizin zu
verbessern und die Entwicklung individualisierter Therapien zu
unterstützen.
Die Arbeit ist Teil der Dissertation von Nicolas Ballarini und
wurde gemeinsam mit Franz König, Martin Posch und Gerd Rosenkranz an
der Medizinischen Universität Wien am Zentrum für Medizinische
Statistik, Informatik und Intelligente Systeme (CeMSIIS) und Thomas
Jaki von der Lancaster University durchgeführt, in Zusammenarbeit mit
dem Europäischen Forschungsnetzwerk IDEAS zur Entwicklung von neuen
statistischen Methoden zur Entwicklung neuer Medikamente (EU Horizon
2020 research and innovation programme under the Marie
Sklodowska-Curie grant agreement No 633567,
http://www.ideas-itn.eu/).
Service:
Subgroup identification in clinical trials via the predicted
individual treatment effect. Nicolas M. Ballarini, Gerd K.
Rosenkranz, Thomas Jaki, Franz König, Martin Posch, published in PLOS
ONE am 18. Oktober 2018.
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0205
971 (Open Access)
Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
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