40 Jahre Wiener Jugendzentren – Kinder- und Jugendarbeit mit Haltung

Der Verein Wiener Jugendzentren legt verstärkt Fokus auf gendersensible Jugendarbeit

Wien (OTS) – Der Verein Wiener Jugendzentren feiert heuer sein
40-jähriges Bestehen. 1978 gegründet ist der Verein der größte
professionelle Anbieter von Kinder- und Jugendarbeit in Wien. Mit 38
Standorten in 17 Wiener Bezirken verzeichnet der Verein jährlich über
640.000 Kontakte – in Jugendzentren und Jugendtreffs, über mobile
Teams in Parks und auf öffentlichen Plätzen, in
Beschäftigungsprojekten und bei zahlreichen Kreativangeboten.

„In keiner anderen Großstadt in Europa gibt es ein derart dichtes
Netz an Angeboten für Kinder und Jugendliche wie in Wien. Mit seiner
langen Geschichte und seiner tiefen Verankerung in der Stadt ist der
Verein Wiener Jugendzentren ein Flaggschiff in der Wiener Kinder- und
Jugendarbeit, der sich immer auch den gesellschaftlichen
Entwicklungen entsprechend weiterentwickelt hat. Ich bin stolz
darauf, dass nach wie vor tausende Jugendliche die Freiräume, die die
Jugendzentren bieten, nutzen“, betont Jugendstadtrat Jürgen
Czernohorszky.

„Der Verein Wiener Jugendzentren ist für Jugendliche mehr als ein
bloßer Aufenthaltsort. Hier werden ihre Bedürfnisse, ihre Interessen
und ihre Wünsche gehört und ernst genommen. Jugendliche haben ein
Recht auf einen anerkannten Platz in der Gesellschaft und darauf,
dass ihre Stimme gehört wird. Da das oftmals nicht Realität ist,
stehen die Jugendzentren als Bündnispartnerin und Sprachrohr an der
Seite der jungen Menschen“, hebt die Gemeinderätin und
stellvertretende Obfrau des Vereins, Marina Hanke, hervor.

Durchschnittlich werden pro Jahr rund 700 Kinder und Jugendliche
pro Jugendeinrichtung betreut – ungefähr die Hälfte davon sind
Stammgäste. 70 Prozent der Kontakte sind Teenager und Jugendliche
zwischen 10 und 19 Jahren. 60 Prozent werden durch die „Basis“ des
Vereins erreicht, also über den offenen Betrieb in Jugendzentren
sowie die aufsuchende Jugendarbeit im öffentlichen Raum (z.B.
Streetwork und Parkbetreuung). Die restlichen 40 Prozent werden über
spezifische Aktivitäten wie themenzentrierte Bildungsangebote,
geschlechtssensible Aktionen oder jugendkulturelle Events erreicht.

Zwtl.: Was die Jugendzentren leisten

„Wir bieten Jugendlichen einen geschützten Rahmen und stehen ihnen
in schwierigen Phasen des Erwachsenwerdens zur Seite. Die
Voraussetzung dafür ist, dass wir gute und tragfähige Beziehungen zu
ihnen aufbauen. Wir sind für die Jugendlichen da, stehen ihnen zur
Seite, aber setzen uns auch kritisch mit ihrem Tun und ihren
Äußerungen auseinander“, so Ilkim Erdost, Geschäftsführerin im Verein
Wiener Jugendzentren. Die gezielte Stärkung von Jugendlichen erfolgt
auf Grundlage von Grundwerten, die eine offene, freie, inklusive und
demokratische Gesellschaft fördern. Die unmittelbare soziale
Umgebung, der Stadtteil, die Familien, die Arbeits- und
Lebensumstände der Jugendlichen werden dabei selbstverständlich in
die pädagogische Arbeit miteinbezogen. „Daher geht es in der
Jugendarbeit nie allein um die Arbeit mit den Einzelnen, sondern
immer auch um die Gesellschaft und wie sich Jugendliche einbringen
können“, so Erdost.

Jugendzentren und Jugendtreffs bieten Kindern und Jugendlichen
einerseits betreute Räume mit ständiger Anwesenheit von
Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter und andererseits Räume zur
Selbstorganisation und Selbstentfaltung. Der Besuch der
Jugendeinrichtungen ist freiwillig, es gibt keinen Konsumzwang. Spaß
und gemeinsames Tun stehen im Vordergrund.

Die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter stehen als
AnsprechpartnerInnen, ModeratorInnen und MitspielerInnen zur
Verfügung. Sie unterstützen die Jugendlichen in ihrem Wunsch nach
Mitbestimmung, in der Erweiterung ihrer Handlungsspielräume sowie dem
Bedürfnis nach Orientierung. Sie garantieren einen geschützten Raum
durch die Einhaltung der vereinbarten Regeln, vermitteln bei
Konflikten und achten auf ein wertschätzendes und respektvolles
Klima.

„Besonders Kinder und Jugendliche benötigen für die Entfaltung
ihrer Potentiale Erfahrungen eines respektvollen Miteinanders und
Räume, wo sie Vertrauen und Wertschätzung erfahren. Die Wiener
Jugendzentren ermöglichen das, indem sie an den Bedürfnissen von
Jugendlichen ansetzen und bei einer positiven
Persönlichkeitsentwicklung unterstützen“, so Czernohorszky.

Zwtl.: Jugendzentren legen Schwerpunkt auf gendersensible
Jugendarbeit

Die laufende Weiterentwicklung der Qualität der Jugendarbeit sowie
die Sensibilität für aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen,
insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, sind zwei wesentliche
Eckpfeiler für den Verein Wiener Jugendzentren.

Nicht zuletzt deshalb setzen die Jugendzentren in Zusammenarbeit
mit der Jugendabteilung der Stadt Wien einen Schwerpunkt auf
gendersensible und genderkompetente Jugendarbeit. Ziel ist es,
Mädchen und Burschen im Rahmen der Jugendarbeit dabei zu
unterstützen, bestehende Rollenbilder zu hinterfragen und den Blick
für vielfältige Lebensentwürfe und jugendliche Diversität zu öffnen.
Gerade für Jugendliche können gesellschaftliche Anforderungen an
Männlichkeit bzw. Weiblichkeit eine große Herausforderung darstellen.
Vorherrschende Geschlechterverhältnisse wirken oft einschränkend oder
werden als einengend erlebt. Zudem – das hat u.a. auch die Studie
„Jugendliche in der offenen Jugendarbeit“ gezeigt – ist die gezielte
Arbeit mit Gender ein wichtiger Faktor in der Präventionsarbeit.

In einem partizipativen und organisationsweiten Prozess hat der
Verein Wiener Jugendzentren neue Leitlinien für genderkompetente
Jugendarbeit entwickelt. Sie definieren Genderkompetenz als
organisationsweite Haltung, die die Grundlage für die pädagogische
Arbeit darstellt. Die Genderleitlinien bieten dabei praxistaugliche
Handhabe und Methoden, um Räume und Anlässe zu schaffen, in denen
über das eigene Geschlechterverständnis kritisch nachgedacht und
offen gesprochen werden kann. Das gilt sowohl für die Arbeit mit
Jugendlichen, als auch für die Auseinandersetzung in den
pädagogischen Teams. Denn nur wer selbst kritisch reflektiert, kann
auch zur kritischen Reflexion anderer beitragen.

Zusätzlich gibt es Weiterbildungsangebote für Jugendarbeiterinnen
und Jugendarbeiter in Zusammenarbeit mit dem Männergesundheitszentrum
MEN und Workshops für Mädchen in Zusammenarbeit mit dem
Frauengesundheitszentrum FEM.

„Gerade in der Phase des Erwachsenwerdens ist es wichtig, die
Jugendlichen in einem vertrauensvollen Rahmen, den die Jugendzentren
bieten, bei Selbstfindung und Identitätsbildung zu unterstützen.
Konzepte aus der Burschen- und Mädchenarbeit können den Jugendlichen
dabei helfen, ein positives Selbstbild zu entwickeln, das ohne
Abwertung von Anderen auskommt. Die Jugendarbeiterinnen und
Jugendarbeiter der Jugendzentren begegnen Jugendlichen dabei mit
einer offenen Haltung und unterstützen sie, ihren eigenen Weg zu
finden“, so Czernohorszky.

„Vorherrschende Geschlechterrollen machen das Erwachsenwerden für
Mädchen und Buben immer noch unterschiedlich. Das beginnt bei der
Frage, wer sich den Platz im Fußballkäfig nimmt, bestimmt aber auch
weitere Punkte wie beispielsweise die Berufswahl. Als Verein Wiener
Jugendzentren arbeiten wir mit differenzierten Angeboten gezielt
daran, junge Frauen darin zu unterstützen, sich den Raum zu nehmen,
der ihnen auch zusteht – im Park, im Jugendzentrum und in der
Gesellschaft“, so Hanke.

Zwtl.: Wie Gendersensibilität in der Praxis aussieht

Je nach Situation, Zielgruppe und Einrichtung werden
Angebotsformen nach bestimmten Genderaspekten gestaltet. Mädchen
bevorzugen beispielsweise oft konkretere und differenziertere
Aktivitäten, weshalb es in vielen Jugendeinrichtungen spezifische
Angebote für Mädchen gibt. Das kann ein spezieller Betrieb für
Mädchen sein, ein Mädchenfußballteam, eine Ausgabe nur mit Mädchen in
der vereinseigenen Fernsehsendung „CU television“ oder ein
einrichtungsübergreifendes Mädchentanzfest, an dem jährlich bis zu
100 Mädchen teilnehmen.

Bei anderen Aktivitäten kann es wiederum Sinn machen, wenn
Burschen unter sich sind. Ein Klassiker sind die so genannte
Burschenteestunden – strukturierte Gesprächsrunden zu ausgewählten
Themenbereichen. Eine gute Gelegenheit gemeinsam Frauen- und
Männerklischees zu hinterfragen, über alternative Lebensentwürfe zu
diskutieren, sich unterschiedliche Ansichten anzuhören oder den
eigenen Standpunkt klarer zu formulieren.

Oft geht es auch um die Arrangements, wie Jugendeinrichtungen
gestaltet sind. Rund um die Regenbogenparade wurden beispielsweise
viele Jugendzentren mit einer Fotogalerie von prominenten
LGBTIQ-Personen und Plakaten über sexuelle Orientierungen dekoriert,
die zu vielen intensiven Gesprächen führten. Im Jugendtreff
Arthaberbad sorgte beispielsweise ein Plakat, auf dem sich zwei
Männer küssen, unter einigen Jugendlichen für Irritation. Und die
JugendarbeiterInnen nutzen diese Irritation, um dahinterliegende
Ängste oder Unsicherheiten aufzudecken und etwaige Abwertungen ein
Stück weit aufzubrechen.

Gesellschaftspolitische Entwicklungen und deren Wirkungen auf die
Lebensrealität jugendlicher Zielgruppen sind zentrale Themen in der
Offenen Jugendarbeit. Genderthemen und Gleichstellungsfragen sind
dabei von Beginn an zentral und werden es auch weiterhin sein.
(Schluss)

Philipp Lindner
Mediensprecher StR Jürgen Czernohorszky
+43 1 4000 81853
philipp.lindner@wien.gv.at

Mag.a Christa Wildfellner
Verein Wiener Jugendzentren, Öffentlichkeitsarbeit
01/278 76 45-24
c.wildfellner@jugendzentren.at

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