
Novelle der Wiener Bauordnung 2018
Schritte vorwärts, Schritte rückwärts
Wien (OTS) – Heute wurde im Wiener Landtag mit der lange
vorbereiteten und vielfach angekündigten Bauordnungsnovelle ein sehr
heterogenes Paket beschlossen.
Für Aufregung hat in den vergangenen Tagen die mittlerweile
äußerst umstrittene Einführung der Widmungskategorie „geförderter
Wohnbau“ gesorgt. Diese würde zwar durchaus das Potential besitzen,
wirksamer als zuletzt Bodenmobilisierung zu betreiben. Auch die
erhoffte Dämpfung der Bodenpreise wäre ein für die
Immobilienwirtschaft durchaus positiver Effekt. „Dass die
Rahmenbedingungen plötzlich drastisch verschärft wurden – nämlich
dergestalt, dass zwei-Drittel der Flächen für geförderten Wohnbau
verwendet werden müssen – ist höchst problematisch. Dies erregt zu
Recht großen Unmut in der Branche, der durch unzureichende
Übergangsbestimmungen noch verstärkt wird.“
Die rechtsstaatlich bedenklich kurzfristige Nachschärfung könnte
den Wohnbau-Motor zum Stocken bringen. Denn Grundeigentümer werden
kaum noch an Entwickler verkaufen. Seit der Finanzkrise trennt man
sich nur mehr schwer von Grund und Boden. „Wer verkauft, wenn der
Preis gegenüber den letzten Jahren drastisch einbricht?“warnt Klaus
Wolfinger. Die explizit beabsichtigte Senkung der Bodenpreise auf
einen Bruchteil wird auch nicht das Problem jener
Schlüsselliegenschaften in den angekündigten
Stadtentwicklungsgebieten lösen, die die Stadt Wien selbst bereits
über Jahre vergeblich zu akquirieren versucht. Diese Grundeigentümer
werden ausharren und auf bessere Zeiten warten.
Offensichtlich misslungen ist die im Juni per Initiativantrag
vorgezogene Maßnahme, die den Abbruch von vor 1945 errichteten
Gebäuden auch außerhalb von Schutzzonen massiv erschwert. Nicht nur,
dass versucht wird, über die Wiener Bauordnung Mietrecht zu
gestalten. Die Herausforderungen liegen in der faktischen Umsetzung,
die nun zwischen den lauernden Klippen „Eigentumseingriff“,
„Gleichbehandlungsgrundsatz“ und „Vertrauensschaden navigieren muss.
Das Fehlen von Übergangsfristen und eilig erstellte
Stadtbild-Gutachten der MA19 haben einige Unruhe gestiftet und auch
gut begründete Schadensersatzforderungen nach sich gezogen. Man
sollte denken, dass diese erst noch zu lösenden Härtefälle in der
Stadt Wien Bewusstsein geschaffen haben, dass Investitions- und
Planungs-Entscheidungen, die auf Basis einer langen bestehenden
Rechtsgrundlage und einer kontinuierlichen Verwaltungspraxis
getroffen wurden, nicht mehr revidiert werden können und in einigen
Fällen existenzgefährdende Konsequenzen drohen. Aber die Anfang
November angekündigten „Planungsgrundlagen“ zur Anwendung des neuen
Widmungszusatzes „geförderter Wohnbau“ lassen befürchten, dass es die
Stadt neuerlich auf gerichtliche Auseinandersetzungen mit
Projektwerbern ankommen lässt, die im Vertrauen auf städtische
Leitinitiativen wie das „Fachkonzepte Produktive Stadt“ und die
Widmungspraxis der letzten Jahre Investitionen getätigt und im Dialog
mit der Stadt bereits Planungsprozesse durchgeführt haben.
Ein wenig Zeit bleibt noch, die vom Gemeinderat zu beschließenden
Durchführungsbestimmungen – durchaus in Einklang mit den städtischen
Zielen – vernünftiger zu gestalten. Was wäre zu tun?
Derart kurzfristig angekündigte Änderungsmaßnahmen benötigen angemessene Übergangslösungen. Für die Projekte jener
Entwickler, die Flächen unter den bislang gültigen Rahmenbedingungen angekauft und seither im Dialog mit der Stadtplanung konsistente Entwicklungsschritte gesetzt haben, sind angemessene Übergangsregelungen unbedingt erforderlich, um Vertrauensschäden abzuwenden.nEine Einengung der Stadtplanung mit fixen Ziffern vergisst, dass jedes Projekt eigene Rahmenbedingungen und
Herausforderungen hat. Signalwirkung und Dämpfung der Bodenpreise erreicht auch eine Bandbreite von z.B. 50 bis 66 % für den Anteil leistbarer Wohnungen.nZu berücksichtigen ist, dass die Stadtplanung in den letzten Jahren neben dem leistbaren Wohnen weitere wichtige Ziele
definiert hat, wie u.a. das „Fachkonzept Produktive Stadt“, die Stärkung von Bezirkszentren und die Co-Finanzierung von Infrastruktur. Projekten, die diesen Zielen schwerpunktmäßig entsprechen, muss dieser Mehrwert angerechnet werden.n Sehr betrüblich ist, dass eine längst fällige Flexibilisierung
„eine Minute vor zwölf“ fallen gelassen wurde. Als Baustein des von
der Stadt Wien selbst beauftragten Leitbilds „Masterplan Gründerzeit“
war vorgesehen, die Widmungsbestimmung „Geschäftsviertel“ zur
Bebauungsbestimmung zu machen, um projektbezogen prüfen zu können,
für welche Fläche das damit verknüpfte Wohnungsverbot angemessen ist
bzw. in welchen Fällen eine auch im öffentlichen Interesse
sinnvollere Flächennutzung verwirklicht werden soll. Leider hat die
politische Ebene einen Rückzieher gemacht und damit dem „Masterplan
Gründerzeit“ das Wasser abgegraben. Dieses Beispiel zeigt, wie
spontan und widersprüchlich in der Gesetzgebung heute vorgegangen
wird.
Abschließend fasst Klaus Wolfinger zusammen: „Neben den bereits
angeführten problematischen Aspekten enthält die Novelle eine Fülle
von Regelungen, die aus der Anwendungspraxis abgeleitet sind und
darauf abzielen, bisherige Ungereimtheiten zu klären,
Verfahrensschritte zu vereinfachen und jüngster Judikatur entgegen zu
wirken. Es gab auch einige gute Ansätze zur Reduzierung überkommener
Anforderungen. Leider ist – sehr ungleich gewichtet – da und dort der
Mut abhandengekommen, hingegen beim leistbaren Wohnen ein überzogener
Ehrgeiz erwacht.“
Nach der Novelle ist vor der Novelle: „Der stete Tropfen höhlt den
Stein und es gilt für einige bereits in den letzten Jahren
diskutierte Forderungen noch breitere Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ein Schwerpunkt wird dabei die weitere Lockerung der
Stellplatzverpflichtung sein“, so Klaus Wolfinger.
MMag. Anton Holzapfel
Geschäftsführer, ÖVI Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Favoritenstraße 24/11
1040 Wien
T +43(1)505 48 75
E a.holzapfel@ovi.at
Mag. Klaus Wolfinger
Vizepräsident und Bauträgersprecher, ÖVI Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Favoritenstraße 24/11
1040 Wien
T +43(1)505 48 75
E k.wolfinger@ovi.at
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