
Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 23. November 2018; Leitartikel von Peter Nindler: „Schwer angezählt“
Innsbruck (OTS) – Die Interpretationspalette reicht von fremdschämen,
inakzeptabel, unpassend, diskriminierend, frauenfeindlich bis hin zu
sexistisch: Der erst seit Montag geschäftsführende Tiroler
SPÖ-Parteivorsitzende Georg Dornauer muss sich diese Vorwürfe wegen
seiner verbalen Entgleisung in der vorwöchigen Landtagssitzung
gefallen lassen. Weil sich fehlende Sensibilität oder eine mangelnde
respektvolle Ausdrucksweise gegenüber Frauen nach erfolgter späterer
Einsicht bzw. Schrecksekunde nicht einfach auf ein
„missverständlich“, „unglücklich“ oder „flapsig“ nivellieren lassen.
Doch Dornauer entschuldigte sich in der Sitzung umgehend zweimal und
die dort versammelte Landespolitik hat das sicher nicht pardoniert,
sondern akzeptiert.
Eine Woche später wird Georg Dornauer jetzt zum Rücktritt
aufgefordert. Vor allem die Bundes-ÖVP drängt auf ähnliche
Konsequenzen wie bei dem von ihr aufgrund von einer sexistischen
Äußerung aus dem Parlamentsklub ausgeschlossenen Efgani Dönmez. Aus
ihrer Sicht ist das nachvollziehbar. Schließlich ist es gerade die
SPÖ, die Fehltritte konsequent anprangert. Ebenfalls zu Recht. So
könnte es für den gerade erst designierten, aber doch noch nicht
endgültigen Tiroler SPÖ-Vorsitzenden eng werden. Dornauer ist nämlich
nur noch Passagier in dieser auch von bundespolitischen Interessen
geleiteten Diskussion. Denn in Tirol hat nicht einmal der damals
vorsitzführende ÖVP-Landtagsvizepräsident Toni Mattle dem
SPÖ-Politiker einen Ordnungsruf erteilt. So unterschiedlich können
die Wahrnehmungen oft sein.
Und weil Dornauer in der Vorwoche wohl noch kein Tiroler
SPÖ-Vorsitzender war und mit Pamela Rendi-Wagner erst am Samstag
erstmals eine Frau an die Spitze der österreichischen
Sozialdemokratie gewählt wird. Eine bereits vor acht Tagen
berechtigte Empörung zündete deshalb erst so richtig in dieser Woche;
in Zeiten von Twitter, Facebook und WhatsApp ein Die SPÖ musste
handeln und Dornauer zumindest aus den Bundesgremien schmeißen.
Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek bleibt gar nichts anderes übrig,
als im Sinne der Glaubwürdigkeit Dornauers Rücktritt zu verlangen.
Damit setzt sie wiederum die Genossen in Tirol unter Druck, wo der
künftige SPÖ-Chef ohnehin nicht überall gut ankommt.
Georg Dornauer ist selbstverschuldet schwer angezählt. Ob er seine
Kandidatur bis zum Parteitag im Februar überlebt, hat er jedenfalls
derzeit nicht mehr selbst in der Hand.
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