Influenza-Impfung kann vor Herzinfarkten schützen

Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in der ersten Woche nach einer Influenza-Infektion besonders hoch

Wien (OTS) – Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt oder
Schlaganfall und Influenza hängen zusammen. Hinweise darauf haben
sich in den letzten Jahren bereits stark verdichtet. Selbst die
renommierte Cochrane Library bestätigt dies in einem Report. Dass
aber gerade die ersten sieben Tage nach einer Influenza-Diagnose
besonders kritisch sind, zeigt eine Studie auf, die heuer im
renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.
Ein Grund mehr für Personen mit vorbestehenden
Herzkreislauf-Erkrankungen, besonders wenn sie älter sind, zur
vorbeugenden Influenza-Impfung zu gehen.

Erste Beobachtungen zu einem Zusammenhang zwischen dem Auftreten
von Herzinfarkten und Influenza sowie einer höheren Sterblichkeit
aufgrund von Herzkreislauferkrankungen während der Influenza-Saison
gab es bereits in den 1930-er Jahren.[1] Seit einigen Jahren wird
dieser Zusammenhang nun intensiver untersucht.

Zwtl.: Gründe noch nicht restlos geklärt

Warum eine Influenza zu einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und
Schlaganfälle führt, ist noch nicht vollständig geklärt.
Grundsätzlich führen zwar alle Infektionen über eine Kaskade
systemischer Infektionen und daraus entstehender Entzündungen zu
einem gesteigerten Risiko für Herzkreislauferkrankungen, bei der
Influenza dürften aber weitere Faktoren erschwerend dazukommen. Eine
Hypothese ist, dass das Virus zu einem Gerinnsel aus existierenden
atherosklerotischen Plaques (Ablagerungen) führt und dadurch einen
akuten koronaren Verschluss (Verstopfung der Herzkranzgefäße)
auslöst.[2] Andere potenzielle Ursachen beziehen sich unter anderem
auf eine verringerte Entzündungshemmung oder die Erhöhung der
Makrophagen-Zirkulation in den Arterien.[3]

Zwtl.: Die ersten sieben Tage sind entscheidend [4]

In einer heuer im angesehenen New England Journal of Medicine
publizierten Studie wurde erstmals gezeigt, dass speziell die ersten
sieben Tage nach einer (laborbestätigten) Influenza-Infektion jene
sind, in der die Gefahr für einen Herzinfarkt besonders groß ist.
Nämlich sechs Mal so hoch wie im gesamten Jahr davor oder danach.
Besonders groß war das Risiko für ältere Patienten, jenen, die eine
Infektion mit dem B-Stamm des Virus hatten und für Patienten, die
ihren ersten Infarkt erlitten. „Am Beginn der Erkrankung sollten wir
also ganz besonders auf etwaige Herzinfarkt-Anzeichen bei unseren
Influenza-Patienten achten und sie lieber einmal zu viel ins Spital
schicken als einmal zu wenig“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter
Siostrzonek, Ärztlicher Leiter der Abteilung für Innere Medizin II,
Kardiologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz.

Zwtl.: Impfung wirkt

Bereits im Jahr 2015 konnte in einer anderen Analyse über mehrere
Studien nicht nur gezeigt werden, dass Herzinfarkte häufiger bei
Patienten mit Influenza auftreten, sondern auch, dass eine Impfung
das Risiko dafür reduzieren kann. Die errechnete Wirksamkeit der
Impfung lag demnach bei knapp 30 Prozent. Ihre Schutzwirkung hat
damit eine ähnliche Größenordnung wie einige andere, deutlich
akzeptiertere Präventionsmaßnahmen bei bereits vorbelasteten
Personen. So wird zum Beispiel die Effektivität von Statinen mit 36
Prozent berechnet, jene von Medikamenten gegen Bluthochdruck mit 15
bis 18 Prozent und Maßnahmen zur Raucherentwöhnung mit 26 Prozent.[2]

Auch die kardiovaskulär bedingten Todesfälle dürften sich durch
Impfmaßnahmen reduzieren lassen. Die renommierte Cochrane Library hat
analysiert, dass unter Personen mit Vorbelastung in der Gruppe der
Geimpften 2,3 Prozent der Patienten verstorben sind, aber mehr als
doppelt so viele – nämlich 5,1 Prozent – in der Gruppe der nicht
Geimpften.[3]

Zwtl.: Bei Verschreibung von Blutdrucksenkern und Statinen an Impfung
denken

Die Influenza-Impfung wird von allen relevanten nationalen und
internationalen Organisationen für Personen mit chronischen
Erkrankungen – und dazu gehören Personen mit
Herzkreislauferkrankungen – empfohlen. Sie ist auch im
österreichischen Impfplan vorgesehen. Dennoch ist die
Durchimpfungsrate gerade in Österreich äußerst niedrig.

„Herzkreislauferkrankungen sind nach wie vor die häufigste
Todesursache in Österreich“ erklärt der Kardiologe „Viele Personen –
gerade jene im höheren Lebensalter – haben auch schon Vorschäden. Die
Influenza-Impfung wäre eine einfache, kostengünstige und effektive
Vorbeugungsmaßnahme. Hausärzte sollten bei jeder Verschreibung eines
Statins oder eines blutdrucksenkenden Medikamentes auch die
Influenza-Impfung empfehlen“, unterstreicht Siostrzonek abschließend.

* * *

[1] Wu P, Goldstein E, Ho LM, et al. Excess mortality associated
with influenza A and B virus in Hong Kong, 1998–2009. J Infect Dis
2012;206:1862–71.

[2] Barnes M, Heywood AE, Mahimbo A, et al. Acute myocardial
infarction and influenza: a meta-analysis of case–control studies.
Heart 2015;101:1738–1747.

[3] Clar C, Oseni Z, Flowers N, Keshtkar-Jahromi M, Rees K.
Influenza vaccines for preventing cardiovascular disease. Cochrane
Database of Systematic Reviews 2015, Issue 5. Art. No.: CD005050.
DOI: 10.1002/14651858.CD005050.pub3.

[4] Kwong, JC, Schwartz KL. N Engl J Med 2018;378:345-53. DOI:
10.1056/NEJMoa1702090

Mag.a Uta Müller-Carstanjen
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