
UNHCR: Mindestsicherung sollte soziales Auffangnetz und Integrationsmotor sein
Durch heute angekündigtes Grundsatzgesetz drohen Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte weit unter die Armutsgrenze zu rutschen
Wien (OTS) – Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zeigt sich
anlässlich des heute präsentierten Entwurfs eines Grundsatzgesetzes
zur Neuregelung der Mindestsicherung besorgt über die angedachten
Einschnitte für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär
Schutzberechtigte.
„Die Mindestsicherung ist ein soziales Auffangnetz und hat den
Zweck, bedürftige Menschen in Österreich vor Armut zu schützen. Durch
die geplanten Einschränkungen drohen Geflüchtete nun aber weit unter
die Armutsgrenze abzurutschen. Das ist eine denkbar schlechte
Voraussetzung für ihre Integration. Die geplanten Maßnahmen hätten
somit nicht nur unmittelbar negative Konsequenzen für die betroffenen
Frauen, Männer und Kinder, sondern langfristig auch für die gesamte
Gesellschaft“, so Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich.
Vielmehr sollten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte aktiv
bei ihrer Integration unterstützt werden. Die Mindestsicherung sei
dabei eine wichtige Starthilfe für viele Betroffene, um später
langfristig auf eigenen Beinen zu stehen und für sich selbst sorgen
zu können.
Im Detail sehen die geplanten Regelungen bei anerkannten
Flüchtlingen vor, dass diese die komplette Mindestsicherung nur
beziehen können, wenn sie bereits über Deutschkenntnisse auf
B1-Niveau verfügen. Dies kann laut SprachexpertInnen mit intensiven
Deutsch-Kursen jedoch frühestens nach eineinhalb Jahren erreicht
werden. Da Deutschkurse allerdings erst nach einem positiven
Asylbescheid vorgesehen sind, befürchtet UNHCR, dass über den Umweg
der geforderten Deutschkenntnisse eine versteckte Wartefrist für
Flüchtlinge eingeführt wird. Die angedachte Regelung stünde daher
nicht im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention, die eine
Gleichbehandlung von Flüchtlingen mit Österreicherinnen und
Österreichern vorsieht.
Noch Besorgnis erregender sind für UNHCR die Pläne, subsidiär
Schutzberechtigte künftig völlig von der Mindestsicherung
auszuschließen. Subsidiär Schutzberechtigte können aufgrund von
Menschenrechtsverletzungen und Gewalt nicht in ihre Heimat zurück.
Sie sind also meist in einer ähnlichen Situation wie Flüchtlinge und
haben in Österreich Schutz erhalten.
Künftig sollen sie aber maximal 365 Euro aus der sogenannten
Grundversorgung erhalten. Ohne zusätzliche Hilfe, etwa durch
Privatpersonen oder NGOs, ist ein selbständiges Leben mit diesem
Betrag jedoch kaum möglich.
„Unter dieser Regelung würden nicht nur die Betroffenen leiden. Es
wäre auch für die gesamte Gesellschaft ein Nachteil, das Potenzial
der geflüchteten Menschen nicht zu nützen. Gerade in der ersten Zeit
nach der Schutzgewährung bräuchte es Unterstützung für diese
Menschen. Die geplanten Kürzungen gehen aber genau in die
Gegenrichtung“, so Pinter.
UNHCR appelliert daher an die Bundesregierung, den vorliegenden
Entwurf nochmal zu überdenken und die geplante Neuregelung mit Blick
auf eine bestmögliche Integration von in Österreich
schutzberechtigten Personen sowie im Einklang mit internationalem
Recht umzusetzen.
Mag.a Ruth Schöffl, Tel.: +43-1/26060 5307, +43/699 1459 5307, Mail: schoeffl@unhcr.org
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