
Anderl fordert Kehrtwende im Umgang mit ArbeitnehmerInnen,Leistungen der arbeitenden Menschen verdienen mehr Respekt
St. Pölten (OTS) – „Wer den arbeitenden Menschen und ihrer Vertretung
den Respekt verweigert, greift damit die Mehrheit der Bevölkerung an.
Wir haben fast vier Millionen ArbeitsleisterInnen in Österreich. Wer
die Bedürfnisse und die Rechte dieser Menschen ignoriert, muss mit
Konsequenzen rechnen“, betont AK Präsidentin Renate Anderl heute auf
der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer in St. Pölten. Die
Beschäftigten in Österreich verdienen Anerkennung, „denn sie sind es,
die unser Land am Laufen halten.“ Aus ihrer Sicht ist diese Regierung
Erfüllungsgehilfin einer kleinen Elite: „Wirtschaftskammer und
Industriellenvereinigung wünschen, die Regierung spielt“. Das zeige
sich laut Anderl beim neue Arbeitszeitgesetz, oder bei den massiven
Eingriffen in Sozialversicherung und Krankenkassen. Den
KV-VerhandlerInnen gratulierte Anderl zu ihren erfolgreichen
Abschlüssen.
„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!“
In ihrem Bericht an die Hauptversammlung warnte Anderl vor den
Absichten der Regierung bei der „Kassenreform“. Die Machtübernahme
der Arbeitgeber in allen Bereiche der Sozialversicherung (außer bei
den Beamten) werde von sämtlichen ExpertInnen als verfassungswidrig
eingestuft. Künftig sollen die Vertreter von Wirtschaft und Industrie
über die medizinische Versorgung von Millionen unselbstständig
Beschäftigter und ihrer Familien bestimmen können.
Der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer liegt ein Antrag zum
Beschluss vor, in dem die Regierung aufgefordert wird, die
umstrittenen Vorschläge zum Sozialversicherungsgesetz zurückzunehmen.
Die AK Präsidentin setzt weiterhin auf Dialog: „Ich kann nur an die
Vernunft der Regierung appellieren: Setzen Sie sich nicht
leichtfertig über die Mehrheit hinweg, die ArbeitsleisterInnen in
unserem Land haben etwas Besseres verdient. Geben Sie ihre
Blockadehaltung auf! Setzen Sie sich mit den ExpertInnen von AK und
Gewerkschaften an einen Tisch, um eine Reform auf den Weg zu bringen,
die unser Gesundheitssystem für alle Versicherten verbessert.“
Derzeitiger Umgang mit Arbeitslosen sei „beschämend“
Für Anderl habe es zunehmend den Anschein, die Regierung befinde sich
auf brutalem Konfrontationskurs mit den ArbeitnehmerInnen und deren
Vertretung. Sie gewinne auch den Eindruck, dass man mit aller Gewalt
die Arbeitslosen bekämpfe, statt die Arbeitslosigkeit. Das sei etwa
bei der Zerschlagung der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose
der Fall gewesen. Oder bei der Beihilfe für Jugendliche über 18 in
einer überbetrieblichen Ausbildung – die wurde einfach halbiert.
„Wir müssen außerdem jeden Tag damit rechnen, dass die Notstandshilfe
– wie im Regierungsprogramm angekündigt – gestrichen wird. Damit
würden man über 120.000 Arbeitslosen den Boden unter den Füßen
wegziehen“, warnt Anderl. „Ich finde es beschämend, wenn Menschen,
die gerade keine Arbeit haben, ohne Perspektive und ohne Absicherung
im Regen stehen gelassen werden. Viel sinnvoller wäre es darauf zu
schauen, dass möglichst viele wieder einen Job finden, indem man sie
entsprechend qualifiziert. Aber zuerst dem AMS die Mittel zu
streichen und dann die Arbeitssuchenden zu sekkieren, ist in meinen
Augen unanständig.“
Wer ArbeitnehmerInnen schadet, gefährdet Wirtschaftsstandort
Im Gegenzug dazu vermisse Anderl bei der Regierung den Willen gegen
Unternehmen vorzugehen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit und auf
Kosten aller ehrlichen Betriebe bereichern, indem sie zum Beispiel
ihre MitarbeiterInnen beim AMS „zwischenparken“. Hier entstehe eine
gefährliche Schieflage: „Nachdem die Auflösungsabgabe einfach
abgeschafft wurde, tragen die Arbeitgeber keinen Cent mehr zu den
Kosten bei, die sie durch Kündigungen verursachen.“ Als
Unverschämtheit bezeichnet Anderl die Tatsache, dass die Regierung
keine Anstalten macht, etwas gegen die kriminelle Praxis des Lohn-
und Sozialdumpings zu tun: „Die Finanzpolizei wird ausgehungert und
dem Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping werden die Zähne gezogen.“
In der derzeitigen Situation sei, laut Anderl, eine starke
Arbeiterkammer wichtiger denn je. „Es muss ein Gegengewicht zu dieser
Politik geben, die Industrie und Wirtschaft mit Steuerzuckerln
füttert, während sie den Druck auf die ArbeitsleisterInnen immer und
immer weiter erhöht. Wir stehen für faire Einkommen und soziale
Sicherheit. Wir wollen, dass konsequent gegen Firmen vorgegangen
wird, die sich nicht an Gesetze halten. Denn das schadet uns allen:
den arbeitenden Menschen und damit dem Wirtschaftsstandort.“
(Forts.)
Arbeiterkammer Wien
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