Gesundheitsausschuss: Ärzte dürfen erstmals andere Ärzte anstellen

Reform der Notarztausbildung und mehr Rechtssicherheit bei palliativmedizinischen Behandlungen

Wien (PK) – Von einem ganz wichtigen Meilenstein sprach
Bundesministerin Beate Hartinger-Klein bei der Debatte über das neue
Ärztegesetz im heutigen Gesundheitsausschuss, da es unter anderem
erstmals die „Möglichkeit einer Anstellung von Ärzten bei Ärzten“ in
Ordinationen und Gruppenpraxen bringt. Außerdem werde die
Notarztausbildung modernen, internationalen Standards angepasst und
für mehr Rechtssicherheit im Rahmen von palliativmedizinischen
Behandlungen von sterbenden Menschen gesorgt. Obwohl nach Ansicht der
SPÖ noch einige Fragen bezüglich der praktischen Umsetzung des
Gesetzes offen seien, stimmte sie – ebenso wie alle anderen Parteien
– der Sammelnovelle zu.

Mehr Dissens gab es bei der von ÖVP und FPÖ beschlossenen Änderung
des Kranken- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG-Novelle), das strengere
Aufzeichnungspflichten über Infektionen mit Krankenhauskeimen und
über – von psychiatrischen Krankenanstalten verfügte –
freiheitsbeschränkende Maßnahmen vorsieht. Entzündet hatte sich die
Diskussion aber an einem Passus in den Erläuterungen, in dem den
Ländern die Möglichkeit eingeräumt wird, Sonderklassegebühren für
jene ambulanten Leistungen einzuheben, die bisher stationär erbracht
wurden. Die Opposition befürchtete, dass damit „VIP-Behandlungen“ für
SonderklassepatientInnen in den Spitalsambulanzen Tür und Tor
geöffnet werden.

Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und JETZT wurde zudem noch das
Patientenverfügungs-Gesetz angenommen, das einen leichteren Zugang zu
diesem Instrument und eine zentrale Abfragemöglichkeit schaffen soll.

Die Eckpunkte des Gesetzes: Notarztausbildung, Anstellungsmöglichkeit
von ÄrztInnen und Beistand für Sterbende

Im Zuge der Debatte wurden die Änderungen im Ärztegesetz ( 385 d.B. )
im überwiegenden Maße positiv bewertet. FPÖ-Abgeordneter Gerhard
Kaniak hob etwa die Reform der Notarztausbildung hervor, die nach 40
Jahren den aktuellen Erfordernissen angepasst wird. Froh sei er über
die Aufnahme des Kapitels „Beistand für Sterbende“, weil es damit zu
einer eindeutigen Regelung in einem bisher bestehenden Graubereich
und einer klaren Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe komme.
Ausschussvorsitzende Brigitte Povysil (FPÖ) rief in Erinnerung, dass
sie sich für die Möglichkeit von ÄrztInnen, andere ÄrztInnen
anstellen zu können, seit vielen Jahren eingesetzt habe. Von der
Änderungen im Notarztwesen versprach sie sich, dass nun mehr junge
MedizinerInnen motiviert werden, eine Ausbildung in diesem Bereich zu
machen.

Josef Smolle (ÖVP) lobte die explizite Aufnahme der Schmerz- und
Palliativmedizin in den Aufgabenbereich von ÄrztInnen. Wichtig war
ihm auch, dass es eine klare Abgrenzung zur Euthanasie gibt. Gabriela
Schwarz schloss sich ihrem Fraktionskollegen an und betonte, es sei
ganz wichtig, sterbenskranke Menschen in ihrer letzten Lebensphase
nicht leiden zu lassen. Das Verbot der Selbsttötung auf Verlangen
werde natürlich nicht in Frage gestellt. Eine bessere
Work-Life-Balance und verlängerte Öffnungszeiten erwarteten sich
beide MandatarInnen durch die Möglichkeit, ÄrztInnen in Ordinationen
oder Gruppenpraxen anstellen zu können.

Grundsätzliches Lob für die Regierungsvorlage kam auch von Seiten der
SPÖ, weil damit Antworten auf einige Herausforderungen der Zukunft
gegeben werden, meinte SPÖ-Abgeordneter Maurice Androsch. So war die
Modernisierung der Notarztausbildung dringend notwendig. Er frage
sich nur, ob es bei den TurnusärztInnen ausreichen werde, dass sie
nur 20 begleitete Notfalleinsätze zu absolvieren haben, zumal nicht
immer intensivmedizinische Maßnahmen anfallen. Nachgeschärft müsste
seiner Meinung nach auch noch werden, was die Abgrenzung von
VertretungsärztInnen, angestellten ÄrztInnen und Ambulatorien
betrifft. Auch für Markus Vogl (SPÖ) waren noch einige Frage offen.

Die Anstellungsmöglichkeit von ÄrztInnen sei ausdrücklich zu
begrüßen, betonte auch Gerald Loacker (NEOS), damit werde eine
langjährige Forderung seiner Partei umgesetzt. Für gut erachtete er
die rechtliche Absicherung von palliativmedizinischen Maßnahmen.
Unerledigt war für Loacker jedoch noch die Frage des selbstbestimmten
Ausscheidens aus dem Leben. Ebenso wie Loacker hielt Daniela
Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) eine weitere Debatte über das Thema
Sterbehilfe für notwendig. Außerdem sei zu hoffen, dass durch das
neue Gesetz, mehr ÄrztInnen in die Regionen kommen und nach einigen
Jahren Berufserfahrung die jeweiligen Ordinationen übernehmen.

Hartinger-Klein erwartet sich bessere Versorgung im ländlichen Raum
und Lösung für Notarztmangel

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein ging noch einmal auf die
zentralen Inhalte der Regierungsvorlage ein, die ihrer Ansicht nach
die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung wesentlich verbessern
werden. Vor allem durch die Anstellungsmöglichkeit von ÄrztInnen bei
anderen selbständigen ÄrztInnen erwartet sie sich positive Effekte
für den ländlichen Raum sowie im Hinblick auf die bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im konkreten sollen in
Ordinationen nur ein Arzt bzw. eine Ärztin aus demselben Fachgebiet
angestellt werden können, in Gruppenpraxen bis zu zwei Personen im
Umfang von jeweils einem Vollzeitäquivalent (40 Wochenstunden). Für
Primärversorgungseinheiten könne diese Zahl überschritten werden,
sofern dadurch die Planungsvorgaben des Regionalen Strukturplans
Gesundheit eingehalten werden. Klar festgehalten werde auch, dass
sowohl eine Vertretung von OrdinationsstätteninhaberInnen oder
GesellschafterInnen von Gruppenpraxen eine freiberufliche ärztliche
Tätigkeit darstellt.

Erfreut zeigte sich die Ressortchefin auch darüber, dass die von
vielen ExpertInnen geforderte Reform der Notarztausbildung nunmehr
umgesetzt werden könne. Es werde ein modernes Ausbildungssystem
etabliert, dass sich unter anderem aus einem erweiterten Lehrgang mit
80 Einheiten, einem genau definierten klinischen Kompetenzerwerb,
Fortbildungsmaßnahmen sowie einer Abschlussprüfung zusammensetzt.
Aufgrund des bestehenden Notärztemangels war es auch ein primäres
Ziel, den Zugang für TurnusärztInnen – unter genau definierten
Bedingungen – zu erleichtern, erklärte Hartinger-Klein. In enger
Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Gesellschaft für
Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) habe man die
Bestimmung erarbeitet, wonach mindestens 20 Einsätze unter
verpflichtender Supervision im Rahmen von Notarztdiensten, die an
Krankenanstalten angebunden sind, stattfinden müssen. Überdies
brauche es noch eine schriftliche Bestätigung vom Leiter bzw. der
Leiterin der jeweiligen Organisationseinheit, hielt sie den Bedenken
von Seiten der SPÖ entgegen.

Ein sehr wichtiger Punkt sei weiters die Aufnahme der Bestimmung zur
ärztlichen Beistandspflicht für Sterbende. Damit werde klargestellt,
dass es zulässig sei, im Rahmen palliativmedizinischer Indikationen
Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen
und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts
vitaler Lebensfunktionen überwiegen.

Anpassungen des Krankenanstaltenrechts sind Anlass für Debatte über
Sonderklassebehandlungen

Der Umsetzung des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (ÖSG
2017), der vom Bund, den Ländern und der Sozialversicherung
beschlossen wurde, erfordert Anpassungen im Krankenanstaltenrecht.
Die von der Regierung vorgelegte KAKuG-Novelle sah dementsprechend
vereinfachte und flexible Formen der Organisation von Spitälern vor.
Anstatt herkömmlicher Abteilungen können kleinere Einheiten
(„reduzierte Organisationsformen“) eingerichtet werden. Im
Zusammenhang mit der Hygiene in Krankenanstalten wird ausdrücklich
festgelegt, dass laufend Aufzeichnungen in elektronischer Form über
Infektionen mit Krankenhauskeimen (nosokomiale Infektionen) zu führen
sind. Außerdem werden psychiatrische Krankenanstalten verpflichtet,
freiheitsbeschränkende Maßnahmen auf elektronischem Wege zu
dokumentieren. Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über
Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018,
374 d.B. ), wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen.

Die FPÖ-Abgeordneten Brigitte Povysil und Gerhard Kaniak sprachen von
einem ersten wichtigen Reformschritt im Spitalsbereich, durch den
individuelle, flexible und interdisziplinäre Organisationsstrukturen
ermöglicht werden. Auch Josef Smolle (ÖVP) hob diese Neuerung hervor,
die „Uraltspitalstruktur“ sei einfach nicht mehr zeitgemäß. Als
wichtig erachtete er auch, dass für die Einrichtung von bestimmten
Abteilungen Mindestfrequenzen erreicht werden müssen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) setzte sich dafür
ein, dass für den Bereich Kinder- und Jugendpflege wieder eine
dreijährige Ausbildung etabliert wird.

Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) übte Kritik an der Regelung,
wonach den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wird,
Sonderklassegebühren für jene ambulanten Leistungen einzuheben, die
bisher stationär erbracht wurden. Da die Sonderklasse für ihn in der
„Hotelkomponente“ bestehe, frage er sich, welche ambulanten
Leistungen damit gemeint sind.

Da laut Erläuterungen der Einhebung solcher Sondergebühren adäquate
Leistungen gegenüber stehen müssen, befürchtete Philip Kucher (SPÖ),
dass es in den Spitalsambulanzen künftig eine Business-Class und eine
VIP-Behandlung für Sonderklassepatienten geben wird. Die SPÖ erwarte
sich bis zur Beschlussfassung im Plenum noch eine Klarstellung.

Zur Kritik von Seiten der NEOS und der SPÖ gab Abgeordneter Josef
Smolle zu bedenken, dass zunehmend stationäre Eingriffe auf ambulante
Weise durchgeführt werden. Durch die vorliegende Regelung soll
verhindert werden, dass den Krankenhäusern Geld verloren geht. Die
Sonderklasse könnte etwa hinsichtlich des Wartebereichs oder der
freien Arztwahl bestehen, informierte Bundesministerin Beate
Hartinger-Klein. Sie stellte zudem klar, dass in dieser Frage den
Ländern die Ausführungsgesetzgebung obliege. Abgeordneter Daniela
Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) gegenüber führte sie aus, dass es im
nächsten Halbjahr zur einer Evaluierung der Pflegeberufe kommen wird.

Leichterer Zugang zu Patientenverfügungen wird eröffnet

Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und JETZT verabschiedete der
Ausschuss die Novelle zum Patientenverfügungs-Gesetz ( 337 d.B. ).
Damit soll vor allem der Zugang zur Errichtung von
Patientenverfügungen erleichtert und eine zentrale Abfragemöglichkeit
etabliert werden. In einem ersten Schritt werden zudem die
technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen
in das ELGA-System geschaffen. Außerdem sollen die
Patientenanwaltschaften die Errichtung von verbindlichen
Patientenverfügungen kostenlos anbieten. Da derzeit
Patientenverfügungen zum Teil in unterschiedlichen Datenbanken
erfasst sind, soll im Wege der ELGA-Technik der Zugang zu jenen
Registern geschaffen werden können, die bei den Rechtsanwälten und
Notaren geführt werden. Zudem wird die Frist bis zur Erneuerung einer
verbindlichen Verfügung – rückwirkend – von fünf auf acht Jahre
verlängert. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, dass die jeweiligen
Gesundheitsdiensteanbieter in ELGA auf die aktuellste Version der
Patientenverfügung zugreifen können.

SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher stand den Verbesserungen grundsätzlich
positiv gegenüber. Er brachte jedoch noch einen Entschließungsantrag
ein, in dem er im Sinne der einkommensschwächeren Menschen die
vollständige Kostenübernahme für die Errichtung von
Patientenverfügungen verlangte. Diese Initiative fand keine Mehrheit.

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein informierte darüber, dass auch
jene Personen, die sich für ein Opt-out in Bezug auf ELGA entschieden
haben, an dem Register für Patientenverfügungen teilnehmen können.
(Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue

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