
Blümel drängt weiter auf Kooperation zwischen ORF und privatenMedien
Anträge der Opposition zum ORF und zum Thema Medienförderung vom Verfassungsausschuss vertagt
Wien (PK) – Der für Medien zuständige Kanzleramtsminister Gernot
Blümel drängt weiter auf eine Kooperation zwischen dem ORF und dem
privaten Mediensektor. Die einzelnen österreichischen Medien seien
für sich zu klein, um im digitalen Bereich erfolgreich zu sein und
den großen ausländischen Plattformen wie Google und Co die Stirn
bieten zu können, sagte er heute im Verfassungsausschuss des
Nationalrats. Es brauche daher ein Umdenken in der heimischen
Medienlandschaft und den Aufbau eines gemeinsamen
Vermarktungsmodells. Über die Zukunft der Wiener Zeitung laufen laut
Blümel derzeit noch Gespräche, die neue EU-Richtlinie zu
audiovisuellen Mediendiensten will er zeitgerecht in den kommenden 21
Monaten umsetzen. Mit Koalitionsmehrheit vertagt hat der Ausschuss
Anträge der Opposition zum ORF und zur Medienförderung.
Blümel räumte ein, dass die geltenden Wettbewerbsregeln dem Aufbau
eines gemeinsamen Vermarktungsmodells von ORF und Privatmedien
womöglich entgegenstehen. Diese würden derzeit die globalen Player
schützen. Er will sich daher die Bestimmungen genau anschauen, sobald
ein konkreter Vorschlag für ein derartiges Modell am Tisch liegt. Die
Frage „von ein bisschen mehr Geld da und ein bisschen mehr Geld dort“
werde jedenfalls nicht die Zukunft des österreichischen
Medienstandorts retten, so Blümel.
Was die künftige Finanzierung des ORF betrifft, wollte sich der
Kanzleramtsminister weiter nicht festlegen. Es gebe
unterschiedlichste Modelle in Europa, die Sache sei für ihn keine
Fahnenfrage, erklärte er. Einer Haushaltsabgabe steht Blümel
allerdings nach wie vor „tendenziell skeptisch“ gegenüber, da sie dem
Ziel widerspreche, die Abgabenquote in Österreich auf 40% zu senken.
Angedacht ist von der Regierung laut Blümel eine Überarbeitung und
Ausweitung jener Liste, die verschiedene Ereignisse umfasst, die
nicht hinter Bezahlschranken verschwinden sollen. Die Aufstellung,
auf der sich etwa der Opernball befindet, sei 20 Jahre alt, gab er zu
bedenken. Konkret vorstellen kann sich Blümel, auch Sportereignisse
wie das Hahnenkamm-Rennen auf die Liste zu setzen, wobei er
versicherte, dass man privatwirtschaftliche Verträge respektieren
wolle. Nach einer innerstaatlichen Einigung muss die Liste ihm
zufolge zur Notifizierung nach Brüssel geschickt werden.
Über die Zukunft der „Wiener Zeitung“ laufen laut Blümel derzeit
Gespräche. Auf der einen Seite sei es notwendig, die Vergebührung von
Pflichtveröffentlichungen abzuschaffen. Dieser „antiquierte Zustand“
sei niemandem erklärbar. Andererseits wolle man die Wiener Zeitung,
die zu 90% von diesen Geldern lebt, jedoch in eine gute Zukunft
führen. Schließlich sei beim Blatt sehr viel Know-how vorhanden. Man
prüfe gerade, inwieweit es der Zeitung möglich wäre, mit einer
entsprechenden Aufbereitung von Inhalten des Amtsblattes ausreichend
Geld am Markt zu lukrieren. „Das ist zweifellos nichts, was von heute
auf morgen geht.“
Die neue EU-Richtlinie betreffend audiovisuelle Mediendienste werde
rechtzeitig im nationalen Recht implementiert, versicherte Blümel
gegenüber NEOS-Abgeordneter Claudia Gamon. Die Richtlinie werde aber
erst am 18. Dezember in Kraft treten. Danach blieben 21 Monate Zeit
für die Umsetzung. Unter anderem gehe es um den Schutz Minderjähriger
und eine Forcierung europäischer Inhalte auf digitalen Plattformen.
Offen ist laut Blümel, ob die laufenden Verhandlungen zwischen der
EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Rat zur EU-Urheberrichtlinie
erfolgreich abgeschlossen werden können. „Noch kann man nicht sagen,
wie optimistisch man sein darf“, hielt er fest, äußerte aber die
Hoffnung, dass die Verhandlungen nicht scheitern. Österreich arbeite
ressortübergreifend intensiv daran, um ein positives
Verhandlungsergebnis zu erzielen.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, stellt Blümel ein
Leistungsschutzrecht auf nationaler Ebene in Aussicht. Es sei
wichtig, geistiges Eigentum zu schützen. Der digitale Raum dürfe kein
rechtsfreier Raum sein, bekräftigte er.
Mit seinen Ausführungen beantwortete Blümel insbesondere Fragen von
Karl Nehammer (ÖVP), Thomas Drozda (SPÖ), Josef Lettenbichler (ÖVP),
Markus Tschank (FPÖ) und Alfred Noll (JETZT).
ORF: NEOS fordern „Entparteipolitisierung“, SPÖ drängt auf
Digitalisierungsstrategie
Von Seiten der Opposition liegen bereits einige konkrete Vorschläge
für eine ORF-Reform vor. So plädieren die NEOS etwa dafür, den ORF
strukturell ähnlich wie ein Aktiengesellschaft – mit einem
mehrköpfigen Vorstand – aufzustellen und anstelle des Stiftungsrats
einen Aufsichtsrat einzurichten, der von einer Eigentümerversammlung
auf Basis von Ausschreibungen und Hearings gewählt wird ( 133/A(E) ).
Dieser Eigentümerversammlung sollen – neben VertreterInnen der
Parlamentsklubs – insbesondere RepräsentantInnen
zivilgesellschaftlicher Institutionen und ZuseherInnen angehören.
Claudia Gamon erhofft sich davon eine Verringerung des
Parteieneinflusses auf den öffentlich-rechtlichen Sender.
Für änderungsbedürftig hält auch die SPÖ die gesetzlichen
Rahmenbedingungen für den ORF. SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda geht
es allerdings weniger um die Struktur des Senders als um die
Notwendigkeit, diesen für den rasanten technologischen Wandel und das
sich ändernde Mediennutzungsverhalten zu rüsten ( 491/A(E) ). In
diesem Sinn drängt er etwa auf eine Weiterentwicklung des
öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Bereich, eine Ausweitung
des digitalen Angebots, mehr Präsenz des ORF auf Online-Plattformen
und die Aufhebung der 7-Tage-Beschränkung für die TV-Thek. Außerdem
kann er sich vorstellen, die Gebührenpflicht künftig auf den
Fernsehempfang statt auf das Fernsehgerät abzustellen. Ein weiterer
Antrag der SPÖ ( 490/A(E) ) zielt darauf ab, das ORF-Angebot für
Gehörlose auszuweiten und künftig insbesondere auch die Sendung
„Bundesland heute“ in Gebärdensprache zu dolmetschen.
Die drei Anträge wurden mit der Begründung vertagt, dass es
sinnvoller sei, anstelle von Einzellösungen eine Gesamtlösung
anzustreben. Kanzleramtsminister Gernot Blümel versicherte in diesem
Zusammenhang, die Initiativen der Opposition seien ein Gedankenanstoß
für die geplante Novellierung des ORF-Gesetzes. Klar ist für den
Ressortchef, dass sich der ORF jedenfalls nicht mehr als Konkurrent
zu den Privaten sehen könne. Für ein derartiges Gegeneinander wäre in
Zeiten der Globalisierung kein Platz mehr, gab er noch einmal zu
bedenken.
NEOS und SPÖ fordern Reform der Medienförderung
Auch zum Bereich Medienförderung haben die NEOS und die SPÖ Anträge
eingebracht. So sprechen sich die NEOS dafür aus, die Medienförderung
massiv zu erhöhen und gleichzeitig das Inseratenvolumen der
öffentlichen Hand drastisch zu reduzieren ( 134/A(E) ). Überdies geht
es Abgeordneter Gamon darum, die Förderkriterien an das digitale
Zeitalter anzupassen und insbesondere „Public Value“-Inhalte,
Medienpluralität sowie Innovationen zu unterstützen.
Auch die SPÖ will den Förderfokus stärker auf qualitativ hochwertige
journalistische Inhalte, unabhängig von der Art des Mediums, legen (
414/A(E) ). Zudem ist Abgeordnetem Drozda die Sicherstellung der
Unabhängigkeit der Presse ein wesentliches Anliegen. Konkret
vorgeschlagen werden auch die Koppelung von Förderungen an die
Anwendung des Journalisten-Kollektivvertrags sowie Pluspunkte für
eine Mitgliedschaft im Presserat. Die Regierungsparteien setzen auch
hier auf ein Gesamtpaket und vertagten die beiden Anträge. (Schluss
Verfassungsausschuss) gs/hof
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