NEUFASSUNG der OTS0015 von heute: 20 Jahre Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz

Wien (OTS) – Am 14. Dezember 1998 wurde im Beisein des damaligen
Bundesministers für Justiz Nikolaus Michalek die Zentrale
österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz in Wien
ge­grün­det. Sie hat ihren Sitz am Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstandes. In den 20 Jahren ihres Bestehens ist
die Forschungsstelle zu einem wichtigen Dokumen­tations­zentrum
innerhalb der internationalen Scientific Community zu Fragestellungen
des Umgangs der Nachkriegsgesellschaften mit den NS-Verbrechen
geworden.

1993 startete das Dokumentationsarchiv mit der Mikroverfilmung von
Akten des Volksgerichtes Wien, 1996 konnten Yad Vashem – The
Holocaust Martyr’s and Heroes‘ Remembrance Authority in Jerusalem und
das US-Holocaust-Memorial Museum in Washington als
Kooperationspartner gewonnen werden.

Mit der Gründung der Zentralen österreichischen Forschungsstelle
Nachkriegsjustiz 1998 wurde der in den Jahren zuvor begonnene Aufbau
eines internationalen Netzwerkes von Ein­rich­tungen und
WissenschafterInnen, die zur justiziellen Ahndung von NS-Verbrechen
arbei­te­ten, institutionalisiert. Die Forschungsstelle definierte
sich von Anfang an als Auf­be­wah­rungs­ort von Informationen über
die Akten der justiziellen Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen
in Österreich, nicht aber von den Akten selbst. Die Dokumentation
erfolgt mittels Datenbanken, Mikrofilmkopien und Digitalisaten.

In den Jahren nach ihrer Gründung führte die Forschungsstelle
mehrere große Dokumentations­projekte durch, wie z. B. die
EDV-gestützten Erfassung der Kartei des Wiener Volksgerichts sowie
sämtlicher Linzer Volksgerichtsakten. Darüber hinaus konnte in
mehreren wissenschaft­lichen Projekten die Frage des Umgangs der
österreichischen Justiz mit den NS-Verbrechen im internationalen
Kontext bearbeitet werden.

Die zu erfassenden Aktenbestände umfassen eine große Anzahl an
Verfahren: Allein zwischen 1945 und 1955 wurden von den
Staatsanwaltschaften bei den vier Volksgerichten 136.829
Vorerhebungen bzw. Voruntersuchungen nach dem Kriegsverbrechergesetz
oder dem NS-Verbotsgesetz gerichtsanhängig gemacht. Diese fast
137.000 Ermittlungsverfahren führten zu 28.148 Anklagen bei den
Volksgerichten, die in Wien, Graz (mit Außensenaten in Leoben und
Klagenfurt), Linz (mit Außensenaten in Salzburg und Ried im Innkreis)
und Innsbruck ein­ge­rich­tet waren. Die Zahl der Schuldsprüche
beträgt 13.607, davon waren 43 Todesurteile und 29 lebenslängliche
Freiheitsstrafen. Nach 1955 wurden gegen rund 5.000 Personen
ein­schlä­gi­ge Ermittlungen angestrengt.

Die Akten der gerichtlichen und polizeilichen Erhebungen sind in
vielen Fällen – unabhängig vom Urteilsspruch – mit ihren zahlreichen
Querverweisen, Dokumenten und Zeugenaussagen einziges Quellenmaterial
für die Zeit- und Rechtsgeschichtsschreibung sowie für
politik­wissen­­schaftliche Fragestellungen.

Die Zentrale Forschungsstelle Nachkriegsjustiz hat neben der
wissenschaftlichen Doku­mentation der juristischen Aufarbeitung auch
eine gesellschaftspolitische Funktion bei der Bewusstseinsmachung
über die begangenen Verbrechen selbst sowie deren erfolgte bzw.
unterbliebene Ahndung.

Damit in die Antworten von Politik und Justiz auf heutige Kriegs-
und Humanitätsverbrechen die Erfahrungen der Auseinandersetzung mit
den NS-Verbrechen einfließen können, ist die Kenntnis (und
wissenschaftliche Analyse) ihrer „Bewältigung“ nach 1945 vonnöten.
Durch die Erforschung der Nachkriegsjustiz und die Sicherung ihrer
Dokumente wird somit ein auch für die tagespolitischen
Herausforderungen der Gegenwart wichtiger Teil des europäischen
Rechtskulturerbes bewahrt und tradiert.

Das 20-jährige Bestehen der Zentralen österreichischen
Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am DÖW wird am 13. Dezember 2018 im
Großen Sitzungssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien im Rahmen
einer Festveranstaltung begangen. Es sprechen u. a. Friedrich
Forsthuber (Präsident des LG Wien), Martin Polaschek (Vizerektor für
Studium und Lehre, Universität Graz; Präsident der Forschungsstelle
Nachkriegsjustiz), die Leiterin der Forschungsstelle Claudia
Kuretsidis-Haider sowie ihr Co-Leiter Winfried Garscha sowie der
ehemalige Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs Lorenz
Mikoletzky.

Programm: [https://www.ots.at/redirect/doew1]
(https://www.ots.at/redirect/doew1)

Mag. Dr. Claudia Kuretsidis-Haider
Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am DÖW
Pf. 98, 1010 Wien
Tel: +43-1-22 89 469 / 315
Mail: kuretsidis@hotmail.com; claudia.kuretsidis@nachkriegsjustiz.at; claudia.kuretsidis@doew.at
http://www.nachkriegsjustiz.at

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