
NÖGKK-Hutter kritisiert Kassengesetz: „Die Leidtragenden sind kranke Menschen“
Nationalrat beschließt Zentralisierung der Krankenkassen: Niederösterreich verliert Geld, Mitsprache und Service-Vorsprung
St. Pölten (OTS) – „Das ist ein trauriger Tag für das
Gesundheitswesen in Österreich, ein fataler Rückschritt für die
soziale Krankenversicherung in unserem Land“, sagt der Obmann der NÖ
Gebietskrankenkasse, Gerhard Hutter, zur am Donnerstag im Nationalrat
anberaumten Reform des Sozialversicherungssystems. „Dem
Gesundheitssystem wird dadurch viel Geld entzogen, das unseren
Versicherten und den Patienten in Zukunft fehlen wird. Die logischen
Konsequenzen werden Leistungskürzungen, Selbstbehalte und eine
Drei-Klassen-Medizin sein“, argumentiert Hutter. „Die Koalition in
Wien hat sich damit gegen regionale Kompetenz und das solidarische
Prinzip in der Krankenversicherung entschieden – zum Schaden von
sieben Millionen Menschen, die künftig in der Österreichischen
Gesundheitskasse versichert sein werden.“
„Das Ziel der Zentralisierung: Sparen und privatisieren!“
Hutter kritisiert am neuen Sozialversicherungs-Organisationsgesetz
(SV-OG), dass die Regierung mit falschen Karten spiele: „Den Menschen
wurde eine Verbesserung des Systems versprochen. In Wahrheit hat sie
aber dem Gesundheitssystem ein Spar- und Privatisierungsprogramm
verordnet. Zahlreiche Experten haben die vermeintlich schönen Zahlen
der Koalition – Stichwort „Patientenmilliarde“ – zerpflückt. Die
Wahrheit lautet vielmehr: Dem Gesundheitswesen wird ab jetzt
systematisch Geld entzogen und der Fokus auf die Privatisierung der
Gesundheitsversorgung gelenkt.“ Hutter ist sich sicher: „Die ersten
Schritte wurden bereits auf den Weg gebracht. Die Zuwendung der
Allgemeinheit an die Privatspitäler (PRIKRAF) wird erhöht, die
Sonderklasse für Ambulanzen angedacht und die Senkung der
Sozialversicherungsbeiträge in den Raum gestellt. Jeder kann sich
ausrechnen, dass im Gegenzug Einsparungen für die ASVG-Versicherten
unvermeidbar sind“, so Gerhard Hutter. „Krank sein wird auch in
Österreich teurer werden – und neben der e-card wird man wohl immer
öfter auch Bankomat- und Kreditkarte zur Hand nehmen müssen.“
„Niederösterreich hat nichts mehr zu melden. Wien sagt, wo es
langgeht.“
NÖGKK-Obmann Hutter ist darüber bekümmert, welche Konsequenzen der
heutige Beschluss im Hohen Haus außerdem für das Bundesland
Niederösterreich und seine Bevölkerung habe. „Die Eingliederung der
NÖGKK in die Österreichische Gesundheitskasse wird für unser Land
große Veränderungen bringen und zahlreiche Verschlechterungen im
Gepäck haben. Mit dem neuen Namen gehen Mitsprache und regionale
Gestaltungsmöglichkeiten verloren. Wir müssen nicht nur das Geld
unserer Versicherten in Wien abgeben und darauf verzichten, ein
eigenes Budget zu erstellen. Sondern die Verantwortlichen in der
ÖGK-Zentrale geben künftig in der Bundeshauptstadt vor, wie unsere
vier Viertel versorgt werden“, klagt Gerhard Hutter. „Das Geld wird
uns hinten und vorne abgehen. Auch das Länderbudget wird durch die
SV-Reform belastet werden. Durch das neue Gesetz fehlen uns jedes
Jahr 400 Mio. Euro. Das Land Niederösterreich wird wohl einspringen
müssen, um die erstklassige Versorgung in Niederösterreich sicher zu
stellen.“
„Beschwerliche Aussichten – länger warten, weiter fahren.“
„Man verzichtet einfach auf regionales Know-how! Zudem droht uns
ein Service-Abbau im Land“, so der Obmann weiter. „Die NÖGKK hat
Versichertenservice immer großgeschrieben. Die drohenden
Personaleinsparungen werden jedoch à la longue die Wartezeiten in
unseren Service-Centern erhöhen und im Endeffekt auch zu Schließungen
und damit weiteren Anfahrtswegen führen – das kann sich jeder
ausrechnen. Auch bewährte Einrichtungen, wie Case Management oder
Betriebliche Gesundheitsförderung, drohen dem Sparstift zum Opfer zu
fallen. In den kommenden drei Jahren sollen in der Verwaltung zehn
Prozent des Personals – und in zehn Jahren 30 Prozent eingespart
werden. Die Leidtragenden sind kranke Menschen. Statt diese zu
unterstützen, werden ihnen zusätzliche Belastungen auferlegt!“
„Aber“, schließt Gerhard Hutter, „die Versicherten in
Niederösterreich können sich auch in Zukunft auf die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der NÖGKK verlassen – auch wenn es die Kasse unter
diesem Namen nicht mehr gibt. Die NÖGKK prägte die
Gesundheitsversorgung in unserem Land seit sieben Jahrzehnten. Im
Rahmen ihrer Möglichkeiten wird sich das NÖGKK-Team
selbstverständlich ab 2020 den Anliegen der Versicherten und
Patienten annehmen und daran arbeiten, die negativen Auswirkungen auf
unser Land so gut wie möglich zu begrenzen.“
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