
Prognose: Österreichische Gemeindefinanzen bis 2022
Transferzahlungen für Gesundheit und Soziales weiter stark steigend
Wien (OTS/RK) – Die österreichischen Gemeinden (ohne Wien) können
2018 auf einen Überschuss der laufenden Gebarung von rund 2,1 Mrd.
Euro blicken. Das wird um 180 Mio. Euro mehr sein als 2017. Mit 2019
wird ein weiterer Anstieg auf 2,1 Mrd. Euro zu erwarten sein, bis
2022 wird sogar eine Verbesserung auf 2,4 Mrd. Euro prognostiziert.
In Summe wird der Spielraum der Gemeinden für die Finanzierung von
Investitionen dadurch etwas größer und liegt um einen Prozentpunkt
über den Werten von 2013 bis 2017.
Den Gemeinden (ohne Wien) wird aus der laufenden Gebarung im Jahr
2018 ein Überschuss von voraussichtlich 2,05 Mrd. Euro verbleiben.
Dieser Spielraum für Investitionen und Schuldentilgungen liegt in
realen Werten um einen Prozentpunkt über den Werten der Vorjahre
somit bei 13,7 Prozent.
Im Zeitraum 2013 bis 2018 sind die eigenen Steuern mit 3,5 Prozent
p. a. nahezu im gleichen Ausmaß wie die Ertragsanteile mit + 3,7
Prozent p. a. gestiegen. Damit konnte der Anstieg bei den
Personalaufwendungen von + 3,2 Prozent p. a. sowie des Verwaltungs-
und Betriebsaufwands von 2,4 Prozent p. a. mehr als abgedeckt werden.
Die laufenden Transferausgaben an Träger öffentlichen Rechts sind mit
+ 4,9 Prozent p. a. stärker gestiegen. Trotzdem liegt der Überschuss
der laufenden Gebarung im Jahr 2018 über dem Wert von 2013.
Zwtl.: Transfers schöpfen ein Drittel der Ertragsanteile ab
Die Transferbeziehungen der Gemeinden zu den Ländern greifen
weiterhin stark in die Finanzmittelausstattung der Gemeinden ein. Im
aktuell abgerechneten Jahr 2017 haben die Gemeinden (ohne Wien) 7,3
Mrd. Euro Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich erhalten. Davon
mussten 3,5 Mrd. Euro an die Länder geleistet werden (insbesondere
für Krankenanstalten-, Sozialhilfe- und Landesumlagen), rund 0,9 Mrd.
Euro sind wieder zurückgeflossen (v. a. Landesförderungen). Der
negative Transfersaldo beläuft sich auf 2,6 Mrd. Euro, d. h. 35
Prozent der Ertragsanteile der Gemeinden werden im Transferkarussell
abgeschöpft.
„Das Transferkarussell muss aufgelöst werden. 35 Prozent an
Transfers werden abgegeben, das ist das ein enormer Eingriff in die
Gemeindeautonomie. Wenn die Gemeindeebene die Steuerreform
mitfinanzieren muss, bedarf es einer Kompensation, etwa durch eine
Reform der Grundsteuer“, so Thomas Weninger, Generalssekretär des
Österreichischen Städtebundes.
Zwtl.: Ausgabendämpfungspfade Gesundheit und Pflege für Gemeinden
nicht wirksam
Im Jahr 2012 wurde von Bund, Ländern und
Sozialversicherungsträgern vereinbart, dass bis 2017 die
Gesundheitsausgaben auf einen Anstieg von 3,6 Prozent p. a. gedeckelt
werden. Die Krankenanstaltenumlage, die von den Gemeinden an die
Länder abgegeben wird, ist seit 2013 jedoch um 4,9 Prozent p. a.
gestiegen. Im FAG 2017 wurde der Anstieg der Gesundheitsausgaben auf
3,2 Prozent p. a. reduziert. Die Krankenanstaltenumlagen werden
2019/2020 um 3,4 bis 3,7 Prozent p. a. zunehmen.
Mit dem FAG 2017 wurde auch für die Pflegefinanzierung ein
Ausgabendämpfungspfad von 4,6 Prozent p. a. vereinbart. Die
Sozialhilfeumlage ist seit 2013 um 6,4 Prozent p. a. gestiegen, für
2019/2020 wird ein Anstieg von 4,9 Prozent p. a. erwartet.
Zwtl.: Gemeindefinanzprognose bis 2022
Die Ertragsanteile der Gemeinden (ohne Wien) werden im Jahr 2019
über den Werten von 2017/2018 liegen, das bedeutet 200 Mio. Euro
Mehreinnahmen. Die Transfers werden ab 2019 mit 4,1 bis 4,9 Prozent
p. a. steigen, der im Finanzausgleich vereinbarte
Ausgabendämpfungspfad im Gesundheits- und Pflegebereich wird für die
Gemeinden (noch) nicht ganz erreicht werden.
Bei der Annahme, dass die Ertragsanteile um 3,7 bis 4,4 Prozent p.
a. und die gemeindeeigenen Steuern um 3,0 bis 3,4 Prozent p. a.
wachsen sowie der Personalaufwand ein Plus von 3,5 Prozent p. a.
nicht übersteigt, gelangen wir zu einem Haupt-Szenario. Dort wird der
Überschuss der laufenden Gebarung von 2018 bis 2022 um 330 Mio. Euro
auf 2,4 Mrd. Euro steigen. Der Überschuss der laufenden Gebarung wird
2022 somit wieder auf dem realen Niveau von 2016 sein.
Ausgehend vom Tiefpunkt im Jahr 2013 mit einem Überschuss von 12
Prozent steigt dieser im Hauptszenario bis 2022 wieder auf 14,0
Prozent an und würde damit über dem Niveau der Jahre 2013 bis 2017
liegen. In der Best-Case-Variante kann der Überschuss sogar bis zu
14,6 Prozent erreichen. Im Worst-Case ist ein Rückgang bis auf 10,3
Prozent zu erwarten. Die weiterhin stark steigenden
Gesundheitsausgaben, die Dynamik und Unsicherheit im Pflegebereich
sowie die Mitfinanzierung der Steuerreform kann somit mittelfristig
auf die Gemeindefinanzen nach wenigen Jahren der Erholung wieder den
finanziellen Spielraum stark einschränken.
Zwtl.: Handlungserfordernisse
Aus Sicht der Städte und Gemeinden sind folgende
Reformschwerpunkte von Bedeutung: Mitfinanzieren ohne Mitgestalten
ist insbesondere dann kein akzeptabler Zustand, wenn die damit
verbundenen Ausgaben laufend stärker steigen als vereinbart wurde
bzw. durch die steigenden Einnahmen abzudecken sind. „Es klingt fast
wie ein Mantra, aber wir brauchen Aufgabenreformen auf allen Ebenen,
die in zentralen Bereichen die Aufgaben-, Ausgaben-,
Finanzierungsverantwortung zusammenführen. Besonders sinnvoll ist das
in den Bereichen Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit und Soziales”,
merkt Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ – Zentrum für
Verwaltungsforschung, an. Im Bereich Gesundheit und Pflege sollten
die Ausgabenobergrenzen auch für die Gemeinden gelten.
Mag.a Saskia Sautner
Österreichischer Städtebund
saskia.sautner@staedtebund.gv.at
T: +43 1 4000-89990
www.staedtebund.gv.at
Mag.a Michaela Bareis, MA
KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung
bareis@kdz.or.at
T: +43 1 8923492-17
www.kdz.or.at
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