Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 15. Februar 2019; Leitartikel von Peter Nindler: „Wenigstens eine Abgabe ist zu wenig“

Innsbruck (OTS) – Die geplante Steuer auf Freizeitwohnsitze in Tirol hinkt. Weil sie Hoffnungen weckt, die sie wohl nicht einmal bei den Einnahmen erfüllen kann. Eine generelle Zweitwohnsitzabgabe mit berufsbedingten oder schulischen Ausnahmen wäre lohnender.

Politisch klingt die in der Vorwoche öffentlich gemachte Kommunalsteuer auf Freizeitwohnsitze in Tirol gut. Praktisch ist sie mit Tücken behaftet und dürfte anscheinend noch nicht zu Ende gedacht sein. Zugleich ist die Zweitwohnsitzabgabe wie auch die von LH Günther Platter (ÖVP) angekündigte Meldepflicht für Airbnb-Vermietungen eine steuerliche Maßnahme. Mit leistbarem Wohnen hat das wenig zu tun, sondern vor allem mit Geld für die ohnehin klammen Gemeinden.
Die 16.200 genehmigten Freizeitwohnsitze in Tirol wird man leicht erreichen. Dass sich ihre Besitzer mit der neuen Gebühr jetzt ebenfalls an der kommunalen Infrastruktur beteiligen müssen, ist jedenfalls ein Fortschritt. Wer allerdings darauf hofft, dass für die rund 10.000 illegal benutzten Feriendomizile ebenfalls gezahlt wird, dürfte sich gehörig täuschen. Denn was passiert dann? Der Bürgermeister müsste nämlich sofort die Nutzung untersagen und ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten. Deshalb wird sich wohl kein Feriengast freiwillig „selbst anzeigen“, vielmehr weiter ein Freizeitwohnsitz-U-Boot sein.
Weil die schwarz-grüne Landesregierung lediglich auf eine zusätzliche und gerechtfertigte Einnahmequelle für die Gemeinden abzielt, sollte sich die Politik deshalb eher am Kärntner Modell orientieren. Für alle Zweitwohnsitze wird dort vorerst einmal eine Gebühr vorgeschrieben. Abgabenfrei bleiben lediglich jene, die zur Berufsausbildung bzw. -ausübung oder für den Schulbesuch genutzt werden. Damit muss sich die Behörde nicht mit dem bekanntermaßen dehnbaren Begriff des Freizeitwohnsitzes herumschlagen.
2017 waren 119.000 Personen in Tirol mit weiterem Wohnsitz gemeldet, finanziell wäre also einiges zu holen. So oder so kommen die Bürgermeister unter Druck. An ihnen liegt es nämlich, das neue Abgabengesetz zu vollziehen. Sie sind künftig dafür verantwortlich, nicht gemeldete Ausgaben einzutreiben. Sollten die Ortschefs wie bisher vielerorts großzügig über nicht genehmigte Freizeitwohnsitze hinwegschauen, dann bleiben ihnen bei der Kärntner Variante zumindest die steuerlichen Erträge.
Das zunehmende Problem mit Freizeitwohnsitzen lässt sich mit einer Abgabe sicher nicht lösen. Wer Millionen für eine Immobilie in Tirol ausgibt, begleicht die maximal 2200 Euro aus dem Hosensack. Raumordnung, Land Tirol und Gemeinden haben in den vergangenen 20 Jahren kläglich versagt. Zu viele Interessen waren im Spiel und zu wenig Mut vorhanden, dem Ausverkauf einen Riegel vorzuschieben.

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