
TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 27. Februar 2019 von Alois Vahrner „Murks mit Feiertags-Aus beseitigt“
Innsbruck (OTS) – Die Regierung machte in letzter Minute einen Rückzieher von ihrer verunglückten Halbfeiertags-Lösung für den Karfreitag – und versucht das Aus für einen ganzen oder halben Feiertag mit einem Wunsch-Urlaubstag zu verkaufen.
Einen Tag vor der geplanten Beschlussfassung im Parlament hat die türkis-blaue Bundesregierung doch noch die Notbremse gezogen: Der geplante halbe Feiertag am Karfreitag kommt nicht, sondern ein Wunsch-Feiertag für alle – dieser ist allerdings kein zusätzlicher freier Tag, sondern einer aus dem bestehenden Urlaubsanspruch, der künftig bis drei Monate vorher bei der Firma zu melden ist.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Regelung, wonach nur Mitgliedern der evangelischen, altkatholischen und methodistischen Kirchen ein zusätzlicher Feiertag am Karfreitag zusteht, als gleichheitswidrig gekippt und damit die Regierung schwer in die Bredouille gebracht. Hätte sie nichts unternommen, wäre der Karfreitag, was Arbeitnehmer und große Teile der Opposition vehement verlangten, automatisch zum Feiertag für alle geworden. Dagegen lief freilich die Wirtschaft mit Hinweis auf die bereits jetzt überdurchschnittlich hohe Zahl von Feiertagen in Österreich Sturm. Allen Seiten recht getan, ist bekanntlich eine Kunst, die niemand kann. Die Regierung schaffte mit ihrem Halb-Feiertag sogar das absolute Gegenteil. Es hagelte nämlich heftige Kritik von allen Seiten – von der Wirtschaft, von Gewerkschaften und AK und auch von den Kirchen. Insofern war die Erkenntnis für ÖVP und FPÖ nicht so schwer, dass ihre Karfreitagslösung eine komplette Fehlkonstruktion wäre – die zudem auch noch reichlich Stoff für diverse Kabarettprogramme abgegeben hätte.
Mit der jetzt vollführten Kehrtwende wurde dieser Flop beseitigt. Zumal man sich offenbar auch mit den Kirchen nicht auf einen freien Karfreitag im Abtausch mit einem anderen Feiertag einlassen wollte oder konnte, werden nun andere Fakten geschaffen– und nebenbei (etwa mit der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf den freien Wunsch-Tag oder dem geplanten Eingriff in den Generalkollektivvertrag) ganz neue aufgeworfen.
Abseits diverser Emotionen und des üblichen Polit-Schlagabtauschs mit Regierungs-Eigenlob bzw. Oppositions-Kritik empfiehlt sich ein Blick auf die harten Fakten: Und demnach ändert sich zum bisherigen Status quo für die allermeisten Beschäftigten praktisch nichts. Sehr wohl aber natürlich zur nach dem EuGH-Urteil geweckten Hoffnung auf einen weiteren Feiertag oder zum jetzt verworfenen Regierungsplan auf einen halben. Und all jene Kirchenmitglieder, die bisher am Karfreitag begünstigt waren, haben definitiv einen freien Tag weniger. Trotz des so verkauften Wunsch-Feiertags.
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