Anderl: Entlastung der ArbeitnehmerInnen ist gut, aber dem Steuerreform-Paket fehlt es an Ausgewogenheit

Im Gesundheitssystem könnte schon bald Geld fehlen, bei der Finanzierung der Reform sind viele Fragen offen

Wien (OTS) – „Dass die Bundesregierung nun Schritte setzt, um die ArbeitnehmerInnen zu entlasten, ist gut, höchst an der Zeit, aber es wäre für die ArbeitnehmerInnen noch mehr drinnen gewesen“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Denn rund 80 Prozent der Steuerleistung erbringen die ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen. Jetzt erhalten sie rund 65 Prozent der Entlastung, die Unternehmen bekommen rund 35 Prozent. „Bei der Verteilung der Steuersenkung gibt es eine klare Schlagseite Richtung Unternehmen.“ Kritik übt Anderl auch am Weg, den die Regierung gewählt hat: Arbeitnehmer-Vertretungen wurden bei der Reform nicht eingebunden. Gefahren für das Gesundheitssystem drohen. Was außerdem fehlt, sind Maßnahmen, um Wohnen zu verbilligen und Details zur Gegenfinanzierung.

+ Heikel ist aus Sicht der AK, wie die Regierung GeringverdienerInnen entlasten will: Geplant ist eine Krankenversicherungsbeitragskürzung. Die Kosten dafür werden bei rund 900 Millionen Euro liegen. Am Anfang soll den Krankenkassen der volle Betrag erstattet werden. „Aber es gibt keine Garantie dafür, dass das so bleibt“, kritisiert Anderl. Daher könnte schon bald im Gesundheitssystem Geld fehlen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Menschen diese Entlastung über höhere Selbstbehalte oder geringere Leistungen selber zahlen.

+ Bei der ab 2021 geplanten Tarifreform werden die ersten drei Steuerstufen sinken. „Das ist höchst an der Zeit“, sagt Anderl. Die Regierung hat durch die kalte Progression deutliche Mehreinnahmen erzielt. „Der Ausgleich der kalten Progression sollte im Zentrum der Steuerreform stehen. Schade, dass er wegen der Steuergeschenke für die Unternehmen jetzt kleiner ausfällt.“

+ Kritik übt die AK an der geplanten Senkung der Körperschaftsteuer. Schon jetzt tragen die Unternehmen deutlich weniger als ArbeitnehmerInnen zum Gesamtsteueraufkommen bei. Zudem gehen 80 Prozent dieser Steuersenkung an die gewinnstärksten 5 Prozent der Betriebe. Besser wären gezielte steuerliche Anreize für Investitionen.

+ Die Regierung hat die Steuerreform zum Teil nur in Schlagworten vorgestellt, vielfach fehlen noch die Details. So ist etwa bei der steuerbegünstigten Gewinnbeteiligung unklar, wie sie gestaltet wird und wer davon profitieren wird. Ob das alle Beschäftigten eines Unternehmens sein werden oder nur einzelne Gruppen. Aus Sicht der AK wäre eine echte Lohnerhöhung besser, weil sie laufend kommt und für die Zukunft wirkt. Eine Gewinnbeteiligung ist hingegen eine Einmalzahlung, die noch dazu sehr unsicher ist.

+ Unklar ist auch, wie die Steuerreform finanziert wird. Im Budget fehlen ein bis zwei Milliarden Euro. „Da kommen noch Einsparungen auf uns zu“, so Anderl. Wenn angekündigt wird, dass im System gespart werden soll, ist Vorsicht geboten: 7 von 10 Steuereuro gehen in die Bereiche Pensionen, Gesundheit und Bildung.

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