TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Ein Zuviel an Transparenz gibt es nicht“, von Wolfgang Sablatnig

Ausgabe vom Samstag, 22. Juni 2019

Innsbruck (OTS) – Es ist nicht unanständig, wenn Unternehmen oder Einzelpersonen einer Partei auch namhafte Beträge zur Verfügung stellen. Die Bürger müssen aber ohne Hintertür erfahren können, wem welche Politik warum wie viel wert ist.

Klaus Ortner führt eine Firmengruppe mit mehr als 23.000 Mitarbeitern und rund sechs Milliarden Euro Umsatz. Aktuell steht er aber weniger wegen dieser Daten in der Öffentlichkeit. Ortner bzw. seine Unternehmen waren im Wahljahr 2017 mit 438.000 Euro die größten Gönner der ÖVP von Sebastian Kurz. Und seither spendeten und spenden sie weiter.
Dürfen sie das? Ja. Allem Anschein nach haben sie sich nichts zuschulden kommen lassen. Auch die Stückelung des Gesamtbetrages in Teile, die nicht der sofortigen Meldepflicht an den Rechnungshof unterliegen, scheint vom Parteiengesetz gedeckt. Es ist freilich zu begrüßen, dass der Unabhängige Parteientransparenzsenat diese Praxis nun prüfen wird.
Ist es aber auch politisch korrekt, eine einzelne Partei mit Hunderttausenden Euro zu unterstützen? Ja. Warum soll ein Unternehmer sein Geld nicht in eine Partei stecken dürfen, wenn er glaubt, dass diese eine Politik macht, die seinen Interessen entspricht? Ebenso darf die Gewerkschaft auf eine Politik am anderen Ende des Spektrums setzen.
Obergrenzen etwa für die Wahlkampfkosten können verhindern, dass eine von der Wirtschaft üppig dotierte Partei mit einer Materialschlacht alle anderen Gruppen überdeckt. Dass Geld allein aber auch keinen fulminanten Wahlsieg erkaufen kann, hat Frank Stronach 2013 bewiesen.
Wo liegt dann das Problem? Parteispenden haben oftmals den Beigeschmack des Verborgenen und Verbotenen – vor allem wenn sie aus der Wirtschaft kommen. Zu viele Affären haben diesen schlechten Ruf befördert und genährt. Die nun aufgetauchte Praxis des Stückelns von Spenden ist da nur der nächste Mosaikstein.
Was müsste also geschehen? Erstens müssen die Parteien das nun offenbar gewordene Schlupfloch des Stückelns schließen. Darüber hinaus müssen sie alles tun, um die Transparenz zu fördern. Ein Zuviel an Öffentlichkeit ist dabei nicht möglich. So wie jeder das Recht hat, für die Politik Geld herzugeben, haben die Bürger ein Recht zu erfahren, wer Gönner welcher Partei ist – und warum.
Was spricht etwa dagegen, dass sich große Spender ab einem bestimmten Betrag öffentlich erklären müssen? Manche Großspender tun das schon jetzt. Wenn sie zu ihren Spenden stehen, werden sie damit kein Problem haben. Und wenn sie das lieber nicht wollen, liegt der Verdacht nahe, dass sie unlautere Motive verfolgen. Die Parteien würden auf dieses Geld dann wohl gerne verzichten.

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