Allg. Zeitung Mainz: Ein Coup / Reinhard Breidenbach zu von der Leyen

Mainz (ots) – Als Hernando Cortez 1519 das Aztekenreich für Spanien eroberte, ließ er nach der Landung, um Meutereien seiner Soldaten zu verhindern, fast alle seine Schiffe verbrennen. Um das EU-Parlament gleichsam zu erobern, kündigt Ursula von der Leyen ihren Rücktritt als Verteidigungsministerin an. Sie will absolute Entschlossenheit demonstrieren. Das ist legitim und spricht keineswegs gegen sie. Allerdings steht in den Sternen, ob der Coup gelingt. Er könnte das Gegenteil dessen bewirken, was die Noch-Ministerin anstrebt. Viele EU-Parlamentarier, ohnehin hoch erzürnt, könnten sich derart unter Druck gesetzt fühlen, dass sie ihre Stimme der Kandidatin erst recht versagen. Wobei:Um von der Leyen, eine sehr geeignete Bewerberin, geht es bei der Wahl nicht im Geringsten. Vielmehr tobt ein Machtkampf härtester Sorte zwischen dem EU-Parlament, das sich wie stets unterdrückt fühlt, und dem EU-Rat der Staats- und Regierungschefs. Dem Parlament wurde vorgegaukelt, für die Kommissionspräsidentschaft kämen nur Spitzenkandidaten in Frage. Sich diesen Bären aufbinden zu lassen, war eine eklatante Schwäche der Parlamentarier – der eine weitere folgte: den EU-Rat nicht mit einem eigenen klaren Personalvorschlag für die Juncker-Nachfolge auszukontern. All das zeigt einmal mehr: Die EU ist zum einen so ziemlich das Komplizierteste, was eine auf Demokratie gestützte Politik weltweit zu bieten hat; zum anderen ist die EU:alternativlos. Am Dienstag ist die Lage, wie der Wiener Schriftsteller Alfred Polgar 1921 formulierte, hoffnungslos, aber nicht ernst. Wie auch immer es ausgeht, weder die deutsche GroKo, noch die EU wird auseinanderbrechen.

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