Leitartikel „Schwarz-grünes Dynamit am Gletscher “ vom 25.10.2019 von Peter Nindler

Innsbruck (OTS) – Vielen ÖVP-Funktionären kommt die sich anbahnende Auseinandersetzung über die Gletscherehe Pitztal-Ötztal gerade recht. Ihnen geht das Tiroler Ökokuscheln ohnehin zu weit, die Grünen könnten wiederum in eine Zwickmühle geraten.

Von Peter Nindler
Der Schwanz wedelt nicht mit dem Hund. Selbstbewusst sprechen sich derzeit Grün-kritische ÖVP-Funktionäre Mut zu, wenn sie die Machtverhältnisse bei den aktuellen Sondierungen auf Bundesebene und einer möglichen schwarz-grünen Regierung skizzieren. Zu viel Ökokuscheln geht ihnen trotz Klimadebatte nämlich zu weit, dagegen haben sie sich schon in den vergangenen Jahren in Tirol gewehrt. Dankbar sehnen sie deshalb Reibungsflächen wie den umstrittenen Skigebietszusammenschluss von Pitztaler und Ötztaler Gletscher herbei, die allerdings für ÖVP und Grüne brandgefährlich sind. Wie bei den geplanten Kraftwerken oder dem Fernpasstunnel sieht sich die Volkspartei gerade bei Pitztal-Ötztal als Baumeister des wirtschaftlich-touristischen Fortschritts in der seit 2013 regierenden schwarz-grünen Koalition. Landeshauptmann Günther Platter muss, so einzementiert und unbestritten er auch ist, aus der Sicht der Wirtschaftsvertreter endlich liefern. Die bäuerlichen Funktionäre stimmen in diesen Chor ebenfalls ein, sorgen sie sich doch um die Zukunft des ländlichen Raums und um die Perspektiven in dem von Abwanderung bedrohten Pitztal.
Kante zeigen nennen das die Bayern. Noch ist das Kraftwerk Sellrain-Silz nicht ausgebaut, tastet die Regierung den Fernpasstunnel vorerst nicht an, doch die Gletscherehe liegt bereits wie ein Damoklesschwert über Schwarz-Grün. Damit sind jedoch die Konfliktlinien für das kommende Jahr gezeichnet. Vor allem die Grünen sind in einer nicht gerade beneidenswerten Position. NGOs und Naturschutzorganisationen sitzen ihnen im Nacken, zum anderen wird die Ökopartei von der ÖVP an das gemeinsame Regierungsprogramm erinnert. Dort ist Pitztal-Ötztal außer Streit gestellt, weil das Verfahren bereits seit 2016 läuft.
Nur das interessiert die sensibilisierte grün­e Basis nicht: Gegen das weiße Schneeband der Kitzbüheler Bergbahnen aufzutreten, ist im Vergleich zum 130-Millionen-Euro-Projekt auf den beiden Gletschern ein Kindergeburtstag. Als Juniorpartner der deklarierten Wirtschaftspartei ÖVP laufen die Grünen stets Gefahr, an ihren Zielsetzungen und den Erwartungen von außen zu scheitern. Darum bleibt die Regierungsbeteiligung selbst nach sechs Jahren eine Herausforderung. Pitztal-Ötztal und wahrscheinlich der Fernpasstunnel weisen genügend Sprengkraft auf. Platter und Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) müssen deshalb entschärfen. Sind Schwarz und Grün aber künftig zu oft mit sich selbst beschäftigt, bleibt schlussendlich das Land auf der Strecke.

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