JKU ExpertInnen zeigen Grenzen der Betretungsverbote („Ausgangsbeschränkungen“) auf

Linz (OTS) – Im Corona Update der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) (Live-Stream Montag bis Freitag 14.00 Uhr) haben heute die beiden Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Dekan Prof. Michael Mayrhofer und Vizedekan Prof. Andreas Janko zu heiklen Auslegungsfragen rund um die geltenden Verkehrsbeschränkungen Stellung genommen. Zugleich treten sie der bereits vereinzelt geäußerten Kritik, die gesetzlichen Maßnahmen würden Demokratie und Grundrechte aushebeln, entschieden entgegen. Thema war auch die Strafpraxis der Behörden. Strafrechtsexpertin Vizedekanin Prof. Lyane Sautner hat – auch mit Blick auf in Tirol erhobene Vorwürfe – zur Bedeutung des gerichtlichen Strafrechts Stellung genommen.

Die Bundesregierung hat in den letzten drei Wochen ein engmaschiges Geflecht von Verkehrsbeschränkungen in Kraft gesetzt, um die Ausbreitung von COVID-19 soweit als möglich einzudämmen. Dadurch werden weite Teile der Wirtschaft lahmgelegt und auch private soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt. Ihre Rechtsgrundlage haben diese Maßnahmen, die überwiegend in Verordnungsform erlassen wurden, teils in sehr alten gesetzlichen Regelungen, teils aber in Vorschriften, die eigens zum Zweck der Bekämpfung von COVID-19 im Schnellverfahren vom Nationalrat beschlossen wurden.

Das Verbot, öffentliche Orte zu betreten, beruht auf dem Covid-19-Maßnahmengesetz und der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung des Gesundheitsministers. Die sogenannte „Spaziergehausnahme“ § 2 Z 5) ist in Wahrheit viel weiter formuliert:„… wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten“. Ein konkreter Zweck – etwa Spazierengehen – wird zumindest dem Wortlaut nach nicht verlangt.

„Nimmt man die Bestimmung beim Wort, könnten öffentliche Orte nach Maßgabe dieser Bestimmung auch betreten werden, um Verwandte oder Bekannte aufzusuchen“, betont Verfassungsexperte Janko von der Johannes Kepler Universität. „Im Lichte des klaren und von Anbeginn an eindeutig kommunizierten Willens des Verordnungsgebers, des Zwecks der Regelung und zur Vermeidung von – verfassungsrechtlich bedenklichen – Wertungswidersprüchen innerhalb der Verordnung wird sich die ominöse Ziffer 5 freilich im Sinne der Regierungslinie deuten lassen. Sie greift daher nur dann ein, wenn es beim Betreten öffentlicher Orte im Freien bleibt und die Ausnahme nicht dazu missbraucht wird, zu Feiern im privaten Kreis zu gelangen.“

Aber selbst bei wohlwollender Auslegung der Verordnung sieht Janko eine Regelungslücke: „Die Verordnung verbietet nur das Betreten öffentlicher Orte. Wer Mitbewohner in einem Mehrparteienhaus besucht, muss dafür meist nur das Stiegenhaus betreten, das kein öffentlicher Ort ist, wenn es abgeschlossen ist. Hier geht die Verordnung ins Leere. So verantwortungslos aktuell eine gemeinsame Party von Nachbarn desselben Wohnhauses ist, so wenig ist sie derzeit verboten.“

Fraglich ist auch, ob das Covid-19-Maßnahmengesetz eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die verordneten Betretungsverbote darstellt. Dekan Mayrhofer bejaht die Frage bei aller Vorsicht und nimmt auch zu den damit verbundenen Grundrechtsbeschränkungen Stellung. „Die dabei wesentliche Rechtsgüterabwägung muss auf die durch die Pandemie bedingte Gefahr für Gesundheit und Leben und die aus heutiger Sicht möglichen Maßnahmen zur Eindämmung dieser Gefahr Rücksicht nehmen. Daraus ergibt sich ein erheblicher grundrechtlicher Handlungsspielraum, den der österreichische Gesetzgeber bisher nicht überschritten haben dürfte.“ Der vereinzelt geäußerten Kritik, das Parlament habe mit einfacher Mehrheit Demokratie und Grundrechte ausgehebelt, treten Janko und Mayrhofer entschieden entgegen.

Schließlich waren auch Verwaltungsstrafen Thema, etwa gegen NutzerInnen einer Parkbank, denen FußgängerInnen zu nahekommen. Und auch die Bedeutung des gerichtlichen Strafrechts (StGB) bei schwerwiegenden Gesetzesverstößen kam zur Sprache. So hat Strafrechtsexpertin Sautner Straftatbestände erörtert, die in Tirol eine Rolle spielen könnten.

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Jürgen Schwarz
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