
Europäische Kommission weist Österreichs Kritik an Beihilfeprüfung zurück
Infolge der von österreichischen Regierungsmitgliedern medial geäußerten Vorwürfe stellt die Kommission die Fakten klar.
Wien (OTS) – Die Europäische Kommission weist die von Finanzminister Gernot Blümel und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck mehrfach geäußerte Kritik an der Dauer der Prüfung staatlicher Beihilfen und dem erlaubten Umfang zurück.
Finanzminister Blümel sagte in der Kleinen Zeitung vom 25. April, er hätte „kein Verständnis dafür, wenn uns die EU hindert, unseren eigenen Unternehmen zu helfen“. Und: „Wir hätten die hundertprozentige Haftung der Republik für Unternehmenskredite 14 Tage früher auf den Markt bringen können, wenn die Union die Restriktion von Beginn an aufgehoben hätte.“ Und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. April kritisierte der Finanzminister:
„Wir wollten zu Beginn der Krise unseren Betrieben nach dem Schweizer Modell helfen, also zu 100 Prozent vom Staat garantierte Kredite ausgeben. Über Wochen sind wir damit in Brüssel auf taube Ohren gestoßen. Als es dann genehmigt war, mussten wir bürokratische Hürden überwinden.“ Zudem hält Wirtschaftsministerin Schramböck im Kurier vom 25. April im Hinblick auf eine Garantie von bis zu 100 % für Kredite an Klein- und Mittelunternehmen fest: „Wir können derzeit aus EU-rechtlichen Gründen nicht mehr als 500.000 Euro genehmigen.“
Die Europäische Kommission stellt dazu Folgendes klar: Österreich hat am 31. März Beihilfevorhaben der Europäischen Kommission notifiziert. Allerdings fehlten in den eingereichten Unterlagen wesentliche, für die Bewertung des Vorhabens durch die Kommission erforderliche Elemente. Unklar war unter anderem, ob nur Maßnahmen auf staatlicher Ebene oder auch auf Länderebene erfasst sein sollen und welche Wirtschaftssektoren einbezogen werden. Außerdem fehlten für einige Maßnahmen noch die nationalen Rechtsgrundlagen. Die offenen Fragen wurden in intensiven Kontakten zwischen den österreichischen Behörden und den Dienststellen der Kommission erörtert. Nachdem Österreich seine Intentionen geklärt und komplette Beihilfevorhaben eingereicht hatte, gab die Europäische Kommission jeweils umgehend grünes Licht: Sie genehmigte eine Liquiditätsregelung im Ausmaß von 15 Milliarden Euro am 8. April (siehe [Pressemitteilung]
(https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_633) vom
9. April) und Garantieregelungen für Klein- und Mittelunternehmen am 16. April (siehe [Pressemitteilung]
(https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_658) vom
17. April). Die Europäische Kommission räumt der Prüfung von Maßnahmen, die der Unterstützung der Wirtschaft in der Corona-Krise dienen, absolute Priorität ein. Gleichzeitig hängt die Dauer der Prüfung stark vom Umfang und der Vollständigkeit der Informationen ab, die der jeweilige Mitgliedstaat bereitstellt. Seit Ausbruch der Krise hat die Europäische Kommission bereits 90 Entscheidungen zur Genehmigung von rund 120 staatlichen Maßnahmen getroffen.
100-%-Garantie für Kredite bis zu 800.000 Euro möglich
Bezüglich des Umfangs der Maßnahmen hält die Europäische Kommission fest, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem adaptierten [temporären Beihilferahmen vom 3. April]
(https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_570) die
Möglichkeit haben, eine staatliche Garantie von bis zu 100 % für Kredite von bis zu 800.000 Euro pro Unternehmen zu gewähren (wobei die Schwelle für Betriebe im Landwirtschafts- und Fischereisektor niedriger ist). Zudem sind geringfügige Beihilfen (sogenannte De-minimis-Beihilfen in Höhe von 200.000 Euro) erlaubt, die nicht meldepflichtig sind.
Die Europäische Kommission hat im März sofort auf die durch die Corona-Krise verursachten wirtschaftlichen Verwerfungen reagiert: Ein erster [befristeter Beihilferahmen wurde bereits am 19. März]
(https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_496)
angenommen, um den Mitgliedstaaten maximalen Spielraum bei der Unterstützung der nationalen Wirtschaft einzuräumen. Die Kommission stützte sich dabei auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, dem zufolge die Kommission bei einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben diesbezügliche Beihilfen genehmigen kann.
Im Zuge der Erarbeitung des Rahmens vom 19. März und auch des erweiterten Rahmens vom 3. April hatte die Kommission eine Konsultation durchgeführt, bei der alle Mitgliedstaaten ihre Meinung einbringen konnten. Österreich hat weder bei der Konsultation zum ursprünglichen noch zum erweiterten Rahmen eine Garantie von bis zu 100 % für Unternehmen gefordert.
Aus Sicht der Europäischen Kommission bedingt die Corona-Pandemie nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern eine schwerwiegende Störung des Wirtschaftslebens in der gesamten EU. Daher brauchen die Mitgliedstaaten maximale Flexibilität, um Unternehmen zur Seite zu stehen. Vor diesem Hintergrund stellt das EU-Beihilfenrecht sicher, dass nationale Maßnahmen jene Unternehmen, die von der Corona-Krise betroffen sind, zielgerichtet und angemessen unterstützen, und dabei gleichzeitig faire Rahmenbedingungen in der EU und die Integrität des Binnenmarkts gewahrt bleiben. Die EU-Wettbewerbsregeln sorgen auch dafür, dass Klein- und Mittelbetriebe gegenüber großen Unternehmen und Konzernen nicht benachteiligt und Konsumentinnen und Konsumenten ausreichend geschützt werden. Die Aufrechterhaltung fairer Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer und eines funktionierenden Binnenmarkts ist eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Erholung.
Europäische Kommission rund um die Uhr gesprächsbereit
Um den Aufschwung in Europa zu bewerkstelligen, bedarf es nun einer gemeinsamen Anstrengung und eines koordinierten Vorgehens. Die Europäische Kommission ist rund um die Uhr gegenüber allen 27 Mitgliedstaaten gleichermaßen gesprächsbereit, um Fragen zum Wettbewerbsrecht zu beantworten und eine unverzügliche Genehmigung von Anträgen zu gewährleisten. Auch die politische Ebene der Kommission ist jederzeit offen dafür, im persönlichen Gespräch – via Telefon oder Videokonferenz – auf Kritik zu reagieren und gemeinsam Lösungen zum Wohle der europäischen Unternehmen und der Bevölkerung zu erarbeiten.
Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich
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Pressesprecherin
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