
TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Zwischen Überwachung und Datenschutz“, von Stefan Eckerieder
Ausgabe vom Freitag, 17. Juli 2020
Innsbruck (OTS) – Die Datenschutzabkommen „Safe Harbor“ und „Privacy Shield“ zwischen der EU und den USA wurden ihrem Namen nicht gerecht. Der Abfluss privater Daten aus Europa ins Ausland muss endlich gestoppt werden.
Safe Harbor“ und „Privacy Shield“, die Abkommen zum Schutz der Daten von EU-Bürgern im Ausland zwischen der Europäischen Union und den USA, suggerieren, dass Datentransfers aus der EU in die USA bestens geschützt sind. Doch weder der „sichere Hafen“ noch der „Schutzschild“ wurde seinem Namen auch nur annähernd gerecht. Erneut kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein von der EU-Kommission ausverhandeltes Datenschutzabkommen. Zu Recht, denn die Datenschutzgrundverordnung, die den aktuell weltweit höchsten Schutz für private Daten von Bürgern bietet, gilt nur innerhalb der EU. Kaum werden die Daten unter dem Schutzmantel des „Privacy Shield“ auf Server in den USA übertragen, können US-Behörden unter Anführung verschiedenster Gründe auf Daten von EU-Bürgern zugreifen und diese auch speichern.
Sieben Jahre ist es mittlerweile her, dass NSA-Aufdecker Edward Snowden die Machenschaften des US-Geheimdienstes offenlegte: Dieser hatte die Möglichkeit, direkt auf die Server großer Internetfirmen wie Facebook, Google, Microsoft und Apple zuzugreifen und konnte so die Internetaktivitäten von Nutzern überwachen und deren E-Mails, Videos, Fotos und Verbindungsdaten einsehen. Daran hat sich seit 2013 wenig geändert. Denn Unternehmen in den USA sind verpflichtet, Daten nationalen Behörden wie der Bundespolizei FBI und der NSA beim Anflug des leisesten Verdachts zugänglich zu machen.
Diesen Umstand hat der österreichische Datenschutz-Aktivist Max Schrems an beiden Datenschutzabkommen kritisiert und gestern erneut von den EU-Höchstrichtern Recht bekommen. Vor allem das Beispiel Facebook, das Daten seiner Mitglieder über seine irische Tochter in die USA weiterleitet, zeigt, wie lückenhaft die Schutzmechanismen für die Daten der europäischen Bürger sind. Irland zieht mit Niedrigsteuern reihenweise US-IT-Riesen an, zugleich sehen die irischen Datenschutzbeauftragten bei Datentransfers in die USA weg. Das Ende des Datenschutzpaktes schafft nun Unsicherheit für Tausende Firmen, für die der „Privacy Shield“ als rechtliche Grundlage für Datentransfers über den Atlantik diente. Auch das sollte Grund genug für die EU sein, rasch ein neues Abkommen zu schließen. Dieses muss zum Ziel haben, die Übertragung privater Daten aus der EU in die USA zu stoppen, statt unter dem Deckmantel einer trügerischen Namensgebung den Abfluss an Datenkraken und die Überwachung durch Auslandsgeheimdienste zu ermöglichen.
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