Leitartikel “Hü und hott bei den Corona-Regeln” vom 22. Juli 2021 von Alois Vahrner

Innsbruck (OTS) – Die türkis-grüne Bundesregierung im Covid-Slalom:
Heute werden Regelungen wieder gelockert, während gleichzeitig über Verschärfungen diskutiert wird. Dazu kommen teils widersprüchliche und kaum verständliche Vorschriften.

Von Alois Vahrner
Dunkel war’s, der Mond schien helle, schneebedeckt die grüne Flur, als ein Auto blitzesschnelle, langsam um die Ecke fuhr“, lautet die erste Strophe eines bekannten Gedichts aus dem 19. Jahrhundert, das mit Paradoxa gespickt ist.
In der aktuellen Corona-Politik kommt derzeit vielen Österreicherinnen und Österreichern wohl auch so einiges verwirrend bis paradox vor. Mit Wirkung von heute wird wieder gelockert, während gleichzeitig aber auch schon über die nächsten Verschärfungen beraten wird. Dazu wird eine Verordnung erlassen, die eine noch gar nicht geltende Verordnung abändert. So gilt auf Zeltfesten im Gegensatz zur Nachtgastronomie nicht die 2-G-Regel (Impfung oder PCR-Test), sondern die 3-G-Regel (Geimpfte, Genesene oder auch Antigen-Getestete). Mit einer „vermehrten Durchmischung und Interaktion der Kunden“ dürfte zwar hie wie da zu rechnen sein, Zeltfeste werden aber als „Zusammenkünfte“ definiert. Ja dann. Ein weites Feld, um zu verwirren, sind auch die Maskenregeln: Bereits vor Wochen wurde, nachdem der bloße Mund-Masen-Schutz (MNS) zuvor über viele Monate als zu unsicher gegolten hatte, von FFP-2-Maskenpflicht auf MNS downgegradet. Und jetzt fällt (mit Ausnahme Wiens) auch diese Maskenpflicht für Kunden und Beschäftigte im Handel – außer im Lebensmittelhandel, bei Tankstellen, Banken, Apotheken und Postpartnern. Auch diese Ungleichbehandlung soll verstehen, wer will – ein höheres Ansteckungsrisiko im Supermarkt als im Sport- oder Modegeschäft gibt es jedenfalls nicht. Und auch das bis zuletzt gültige Gebot „entweder 3-G oder eben Maske“ wurde so außer Kraft gesetzt.
„Es ist alles kompliziert“, hatte einst SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz gesagt. Wie auch schon im letzten Sommer trägt freilich Österreichs Politik mit teilweise unverständlichen und widersprüchlichen Regelungen ihren Teil dazu bei. Slalom mag im Wintersport eine unserer Paradedisziplinen sein, hier ist ein Schlingerkurs absolut kontraproduktiv.
Erst vor wenigen Wochen hatte Bundeskanzler Kurz erklärt, dass die Pandemie dank des Impffortschritts weitgehend überwunden sei und immer mehr zum Problem des Einzelnen, der sich nicht impfen lasse, statt des Staates werde. Tatsächlich gehen die Infektionszahlen auch wegen der ansteckenderen Delta-Variante nach oben, die Zahl der Krankenhaus-Patienten bisher aber nicht.
Trotzdem könnte der Staat rascher, als ihm lieb ist, wieder gefordert sein – wenn nämlich (Spanien ist ein warnendes Beispiel) bei höherer Inzidenz, auch wenn für sich beschränkt aussagekräftig ist, wieder Reisewarnungen für das etwa aus deutscher Sicht zu lockere Österreich kommen. Da sind und bleiben wir leider weiterhin Passagier.

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