Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 20. Dezember 2021. Von PETER NINDLER. „Stets zu spät oder Knall auf Fall“.

Innsbruck (OTS) – Nach wie vor überdribbelt sich das Corona-Krisenmanagement der schwarz-grünen Bundesregierung. Gesundheits-minister Wolfgang Mückstein (Grüne) agiert oft wie eine Flipper-Kugel. Auch jetzt bei der Herausforderung Omikron.

Aus welcher Not heraus die Bundesregierung über Weihnachten die Corona-Regeln für Ungeimpfte lockert, ist nachvollziehbar. Diese Art von „Weihnachtsamnestie“ soll dazu führen, dass die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung in Österreich nicht endgültig außer Kontrolle gerät. Das politische Zugeständnis an Maßnahmenkritiker und Impfgegner hat deshalb etwas mit Pragmatismus zu tun. Angesichts vieler Grenzüberschreitungen und Bedrohungen von medizinischem Personal bei den Demonstrationen wird die Toleranzschwelle dafür allerdings bis aufs Äußerste strapaziert.
Zugleich schwingt eine Aussage des Tiroler ÖVP-Wirtschaftsbundobmanns Franz Hörl mit: Bald kennt jeder jemanden, der sich nicht mehr auskennt. Diese Einschätzung ist leider zutreffend, das Corona-Management des Bundes überdribbelt sich schließlich in erstaunlicher Regelmäßigkeit. Und das, obwohl sich die in Teilen Europas rasant ausbreitende Omikron-Mutante zum neuen Corona-Tsunami auftürmt.
So gibt Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) Freitagabend plötzlich verschärfte, aber einleuchtende Einreisebestimmungen bekannt, die jedoch erst heute gelten. Warum erst ab Montag? Weshalb so spät? Schon in den Tagen zuvor war klar, dass gerade am vierten Adventwochenende viele Touristen aus Großbritannien oder den Niederlanden in den Tourismusregionen erwartet werden. Damit werden die abgemilderten Feiertags-Regelungen noch sinnentleerter. Denn was ist wichtiger? Die Ausbreitung von Omikron zu verzögern bzw. so gering wie möglich zu halten, worauf die Experten der Regierung nicht erst seit Freitag drängen, oder die beträchtliche Anzahl von intoleranten Corona-Skeptikern zu beschwichtigen?
Gestern wurden wiederum die Regeln für Kontaktpersonen bei Omikron-Verdachtsfällen geändert. Statt 14 Tagen Quarantäne können sich Betroffene jetzt wieder nach fünf Tagen freitesten, die Dauer der Quarantäne beträgt wie bei der aktuell noch vorherrschenden Coronavirus-Variante Delta zehn Tage. Auch diese Diskussion zieht sich bereits seit Tagen. Doch Knall auf Fall wird am Sonntag etwas umgepolt, was davor noch kategorisch ausgeschlossen wurde.
Mehr Struktur und weniger Kuddelmuddel verspricht die Bundesregierung in der Pandemie-Bekämpfung. Die vergangenen Tage erinnern jedoch eher an eine gewisse Orientierungslosigkeit. Wieder einmal. Gleichzeitig ist das Vertrauen in das politische System in Österreich 2021 zusammengebrochen, wie der vom SORA-Institut verfasste „Demokratie Monitor“ zeigt. Schadenfreude ist allerdings fehl am Platz, man wünschte, es wäre anders. Ehrlich

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