Tiroler Tageszeitung, Kommentar, Ausgabe vom 31. Jänner 2022. Von KARIN LEITNER. „„Normalität“ sollte transparent sein“.

Innsbruck (OTS) – Transparenz ist das Modewort von Politikern. Repräsentanten aller Couleur bekennen sich dazu – in jeder sprichwörtlichen Sonntagsrede. Faktum est: Es wurde und wird gemauschelt, paktiert – abseits der Öffentlichkeit. Ein „Sideletter“ der jetzigen Koalitionäre ist publik geworden; es geht um Personalia. Ein Novum ist das nicht, derlei Absprachen hat es immer wieder gegeben. So auch zwischen Türkisen und Blauen, als diese miteinander regierten. Welche Partei welchen Polit-Posten oder einen im Staats-oder staatsnahen Bereich besetzen darf, haben Sebastian Kurz und Werner Kogler fixiert. Von der Nationalbank bis zu den ÖBB und der Asfinag. Dazu Junktims: Der ORF-Stiftungsratsvorsitzende ist Sache der Grünen, dafür haben Lehrerinnen kein Kopftuch zu tragen. Im Falle Koglers, der das zu rechtfertigen versucht, ist das besonders verwerflich. Er hat sich als Oppositioneller gegen unsaubere Praktiken, großkoalitionär erprobt, verwahrt. Nun stellt sich der Grünen-Chef dahingehend einen Persilschein aus: Eine Vereinbarung sei nötig, damit die ÖVP nicht alle Jobs besetze. Es gehe „auch um Kontrolle im Sinne des öffentlichen Eigentümers. Da kann und soll nicht einer alles in der Hand haben.“ Kanzler Karl Nehammer befindet, derlei Festlegungen habe es in jeder Regierung der Zweiten Republik gegeben. Dies sei „normal“.
War da nicht etwas mit „neuem Stil“? Und wenn das alles „normal“ ist – warum ist es nicht kommuniziert worden? Warum wurde und wird nicht gesagt: Wir wollen Leute unseres Vertrauens auf wichtigen Posten? Parteigängerschaft sollte kein Jobhindernis sein, aber auch nicht das Kriterium. Gibt es Qualifizierte, sollten sie sich bewerben und aufsteigen können, unabhängig von politischer Farbe. Deals im Hintergrund, gar ohne Wissen aller Verhandler, wie von Grün-Seite bestätigt, machen Ausschreibungen, „objektivierte Verfahren“, zur Farce. Lamento von Kogler, Kurz-Getreue hätten Abmachungen hinausgespielt, ist unangebracht. Transparenz darf kein Modewort sein. Es muss sie geben.

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