Landesverteidigungsausschuss bringt Wehrrechtsänderungsgesetz einstimmig auf den Weg

Verteidigungsministerin Tanner sieht wichtigen ersten Schritt zur Attraktivierung des Bundesheeres

Mit der einhelligen Zustimmung aller Fraktionen schickte der Landesverteidigungsausschuss heute das von der Regierung vorgelegte Wehrrechtsänderungsgesetz ins Plenum. Es soll unter anderem eine bessere Besoldung von Grundwehrdienern und einen niederschwelligen Zugang zu Eignungstests bringen um damit das Bundesheer attraktivieren. Sowohl Verteidigungsministerin Klaudia Tanner als auch die Abgeordneten sämtlicher Fraktionen zeigten sich erfreut über die vorgesehenen Maßnahmen, sahen jedoch weitere Schritte als notwendig an. Detailkritik kam von der Opposition, etwa was das tatsächliche Niveau der Bezugserhöhung betraf.

Zu Beginn der Sitzung wurde Volker Reifenberger (FPÖ) zum neuen Obmann des Ausschusses gewählt. Er folgt Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) nach, der mit Ende Oktober aus dem Nationalrat ausgeschieden ist.

WEHRRECHTSÄNDERUNGSGESETZ: HÖHERE BESOLDUNG FÜR GRUNDWEHRDIENER UND EINFACHERE PERSONALSUCHE

Einhellig sprachen sich die Abgeordneten im Ausschuss für das Wehrrechtsänderungsgesetz (WRÄG 2023) aus, mit dem Novellen im Wehrgesetz, Heeresdisziplinargesetz und im Heeresgebührengesetz vorgenommen werden sollen (1772 d.B.). Das Ziel ist es, den Wehrdienst attraktiver zu machen. Neben Vereinfachungen in der Personalgewinnung soll das auch durch finanzielle Anreize gelingen.

Eine zentrale Änderung des Heeresgebührengesetzes betrifft die Bezüge von Grundwehrdienern. Diese sollen künftig auf das Niveau der Mindestsicherung angehoben werden. Laut Regierungsvorlage bedeutet das konkret eine Anhebung der Grundvergütung von 124,22 € auf 261,97 € und der erhöhten Grundvergütung während der Heranziehung zu einem Einsatz von 434,36 € auf 572,11 €.

Zudem sollen Anreize für einen darüber hinausgehenden Einsatz im Bundesheer geschaffen werden. So soll ein längerer Bezugszeitraum bei der Freiwilligenprämie Wehrpflichtige dazu motivieren, sich möglichst frühzeitig freiwillig für Milizübungen zu melden. Analog dazu ist auch eine Ausweitung des Bezugszeitraumes der Kaderausbildungsprämie beabsichtigt. Mit einer Erweiterung der Anwendungsfälle für die Zuerkennung einer Anerkennungsprämie will das Verteidigungsressort die Miliz attraktiver machen.

Änderungen sind auch bei der Wohnkostenbeihilfe vorgesehen. Künftig soll für jegliche entgeltliche Mitbenutzung einer Wohnung ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bestehen. Bisher waren Untermieter vom Anspruch ausgenommen, was der Verfassungsgerichtshof als gleichheitswidrig beurteilt hat.

Weiters soll ein niederschwelliges Angebot an freiwilligen Eignungstests die Personalsuche für das Bundesheer erleichtern. Die meisten Eignungsprüfungen können zurzeit nur im Zuge eines Präsenz- oder Ausbildungsdienstes stattfinden. Mit der vorgesehen Änderung soll das Heerespersonalamt die Möglichkeit erhalten, Eignungsprüfungen außerhalb des Wehrdienstes auf freiwilliger Basis und ohne unmittelbare Rechtswirkung durchzuführen.

Eine weitere wehrgesetzliche Anpassung betrifft die Angleichung der Dauer des Ausbildungsdienstes von Frauen an jene der Wehrpflicht für Männer. Im Heeresdisziplinargesetzes sind Änderungen bei der Regelung der Zusammensetzung des Disziplinarsenats vorgesehen.

ÜBERPARTEILICHES LOB AN MASSNAHMEN, KRITIK DER OPPOSITION BEI DETAILS

Quer über alle Fraktionen erntete das Gesetz Lob. Die Neuausrichtung des Bundesheeres sei mit den beschlossenen Budgeterhöhungen auf “zukunftsträchtige Beine” gestellt worden und mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz komme dies nun auch bei der Basis an, zeigte sich ÖVP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer erfreut. Er fragte Verteidigungsministerin Tanner nach Einzelheiten bezüglich der Prämien.

Zufriedenheit äußerten auch die Sozialdemokrat:innen. So bedankte sich Robert Laimer (SPÖ) für die produktiven überparteilichen Vorberatungen. Es wäre auch “beschämend” gewesen, auf Kosten der Soldat:innen parteipolitisch zu agieren. Die Bezugserhöhungen für Rekruten bezeichnete er als Schritt in die richtige Richtung, sah aber noch nicht “das Ende der Fahnenstange erreicht”, da auch die Auswirkungen der gegenwärtigen Teuerung mitbedacht werden müssten. Auch Laimers Fraktionskollege Reinhold Einwallner sah die Erhöhung als noch nicht ausreichend und fragte, wann tatsächlich das proklamierte Ziel – das Niveau der Mindestsicherung – erreicht werde. Er sprach auch die regional unterschiedlichen Lebenserhaltungskosten in Österreich an. Rudolf Silvan (SPÖ) wollte wissen, ob die verschiedenen Attraktivierungsmaßnahmen auch beworben werden.

Als eine wichtige “Würdigung” die man den Soldat:innen, die gerade in Krisenzeiten besonders viel beitragen würden, entgegenzubringen habe, sah David Stögmüller von den Grünen die vorgesehenen Maßnahmen. Er strich den geringeren Verwaltungsaufwand heraus, die die Abwicklung der Wohnbeihilfe für die Rekruten durch das Bundesheer selbst bringe. Stögmüller zeigte sich ebenfalls optimistisch, dass weitere Verbesserungen folgen würden.

FPÖ-Mandatar Gerhard Kaniak erinnerte daran, dass das Anliegen der Anhebung der Besoldung auf die Höhe der Mindestsicherung auf einen Antrag des ehemaligen Ausschussobmanns Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) zurückgehe. Auch er sah die vorliegende Gesetzesinitiative als richtigen Schritt, bemängelte jedoch die Beitragsdifferenz zwischen Grundwehrdienern und Ersatzdienstleistenden. 

Weitere Attraktivierungsmaßnahmen erachtete auch Douglas Hoyos-Trauttmansdorff von den NEOS für notwendig und regte an, für Grundwehdiener die Möglichkeiten zu fördern, zu Hause zu nächtigen. Er erkundigte sich nach dem Stand der Besoldungsreform bezüglich der Zulagen beim Auslandsdienst. Dieser stelle das “Rückgrat” der Außenpolitik dar und sei ein wichtiges Instrument der Repräsentation Österreichs. Daher fragte Hoyos-Trauttmansdorff, welche Maßnahmen gesetzt werden, um die Anzahl an Freiwilligen für den Auslandsdienst zu erhöhen.

TANNER SIEHT “MEILENSTEIN” BEI DER ATTRAKTIVIERUNG DES BUNDESHEERES

Mit dem Goethe-Zitat “Man gewinnt immer, wenn man erfährt, was andere von uns denken” äußerte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ihr Freude über die überparteiliche Mitwirkung und weitgehend positive Aufnahme des Gesetzes. Durch die “parteiübergreifende Konstruktivität” sei nun gelungen, was seit beinahe zehn Jahre nicht möglich gewesen wäre. In diesem Sinne handle es sich um einen “Meilenstein” bei der Attraktivierung des Bundesheeres. Doch auch Tanner sah die Erhöhung der Grundbezüge sowie die weiteren Maßnahmen nur als ersten Schritt, dem weitere folgen müssten.

Gegenüber den Grundwehrdienern bestehe die Verantwortung, eine umfassende Daseinsvorsorge sicherzustellen. Die mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz anzuhebende Besoldung würde sich nun auf 536 € bestehend aus Grundvergütung und Monatsgeld belaufen. Dazu kämen Zahlungen für Versicherungen, Verpflegung, Freifahrt, Wohnkostenbeihilfe und bei zutreffenden Voraussetzungen Familien- und Partnerunterhalt. In Summe entspreche das einem monatlichen Bezug von knapp 1.050 €. Zudem bestehe die Möglichkeit, Prämien für Freiwilligenmeldungen oder Anerkennungsprämien zu erhalten. Demgegenüber sei die Mindestsicherung bei 978 € gedeckelt, wie Tanner ausführte. Die von Reinhold Einwallner (SPÖ) angesprochenen regional verschiedenen Lebenserhaltungskosten seien aufgrund einer mangelnden Vergleichbarkeit schwer miteinzubeziehen. Es werde laut Tanner jedoch jeder Fall, etwa in Hinblick auf die Familiensituation, einzeln beurteilt.

Dass die Zufriedenheit der Rekruten auch mit der Infrastruktur zusammenhänge, stehe außer Frage, wie Tanner Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) antwortete. Das mit dem Landesverteidigungsfinanzierungsgesetz (LVFinG) beschlossene Baubudget eröffne hier weitere Möglichkeiten, die es zu nutzen gelte. Was die Zulagen für Freiwillige im Auslandsdienst betreffe, seien die Verhandlungen mit dem Bundesministerium für den öffentlichen Dienst noch nicht abgeschlossen, Tanner werde ihre dahingehenden Bemühungen jedoch “sicher nicht aufgeben”.

Bezüglich der von Rudolf Silvan (SPÖ) aufgeworfenen Frage der Bewerbung der Maßnahmen, hielt Tanner fest, dass es ihr hierbei nicht nur um die Rekrutierung gehe, sondern vor allem um die Frage des Behaltens etwa von Grundwehrdienern. Ein Experte des Ressorts führte aus, in welcher Intensität unter Letzteren für Miliz- und Kaderübungen geworben werde. Die im Wehrrechtsänderungsgesetz vorgesehenen Prämien stellten dafür einen wertvollen Anreiz dar. Man erwarte sich dadurch eine Steigerung der Freiwilligenmeldungen, die im Jahr 2021 rund 1.700 betrug und 2022 leicht abgesunken sei. (Schluss Landesverteidigungsausschuss) kar/wit

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