39. Wiener Gemeinderat (5)

Mitteilung von Stadtrat Czernohorszky zum Thema „Die Wiener Demokratie im Wandel?! Krisen, Transformation und Chancen – wie gestalten wir die Zukunft der Wiener Demokratie gemeinsam?“

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) meinte, die zentrale Fragestellung in dieser Debatte sei, wie die Zukunft der Wiener Demokratie gemeinsam gestaltet werden könne. Wien stelle im Sinne der Partizipation und demokratischen Teilhabe Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt. Bakos betonte, dass die Jüngsten nicht nur partizipieren dürfen, sondern das Recht darauf haben. Somit müssten sie von der Politik entsprechend berücksichtigt werden. Kinder und Jugendliche sollen erleben, dass sie durch Partizipation etwas verändern können, forderte Bakos. Dafür habe die Stadt etwa über einen groß angelegten Beteiligungsprozess gesorgt, durch den das wienweite Kinder- und Jugendparlament entstanden sei. Wien würde pro Jahr eine Million Euro in die Anliegen der Jüngsten investieren. Ziel sei es laut Bakos, dass Kinder und Jugendliche wissen, dass ihre Ideen wichtig sind und wertgeschätzt werden und ihre Teilhabe an der Politik gefördert wird. Denn eine gute Politik arbeite gemeinsam mit den Menschen und nicht „von oben herab“.

GR David Ellensohn (GRÜNE) sagte, die Wiener Demokratie sei im Wandel. Der Schlüssel zur Beteiligung aller Menschen an der Politik sei letztlich die Ausweitung des allgemeinen Wahlrechts. Dies müssten alle politischen Fraktionen, die dafür sind, gemeinsam angehen. Denn es seien zu viele in Wien wohnende Menschen, nicht wahlberechtigt: Ellensohn zufolge seien etwa mehr als die Hälfte aller Menschen, die Maschinen bedienen oder Hilfsarbeit leisten sowie aller Menschen mit Lehre nicht wahlberechtigt. Damit nicht wenige über die Mehrheit entscheiden, müsste das Wahlrecht ausgeweitet werden, forderte Ellensohn. „Ich denke, die meisten hier im Saal sind dafür“, so Ellensohn. Den Anstoß dafür könne daher auch Wien geben. Man könne etwa die Einbürgerung günstiger gestalten oder die österreichische Staatsbürgerschaft an den Wohnsitz koppeln.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) kritisierte, dass es keine Zusammenfassung oder Übersicht der Empfehlung gebe, die im Zuge der Demokratie-Enquete entstanden seien. In Bezug auf das Wahlrecht meinte Hungerländer: Mit einem Wahlrecht gehe auch Verantwortung einher. Es brauche daher eine Voraussetzung, etwa ein bestimmtes Sprachniveau, um wahlberechtigt zu sein – das sei auch für die Demokratie in Wien wichtig. Sie kritisierte zudem, dass nicht nachvollziehbar sei, wie sich die Gruppe der nicht-Wahlberechtigten zusammensetzt – diesbezüglich sei auch eine Anfrage der ÖVP Wien unbeantwortet geblieben. Denn darunter fallen ausländische Student*innen, Expats und Diplomat*innen ebenso wie Menschen mit unterschiedlichen Aufenthaltstiteln. Laut Hungerländer müsste man die Zahlen entsprechend aufgliedern und dann hinterfragen, warum jemand die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen möchte und ob das Wahlrecht hier wirklich der Grund ist. Denn es gebe aber auch genügend Menschen, die Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft haben, aber diese nicht annehmen wollen. Die Gründe dafür müsse man sich näher ansehen. Hungerländer kritisierte zudem die Prozesse in der Wiener Stadtverwaltung bei der Einbürgerung – das sei „die allererste zu bedienende Baustelle, wenn die Stadt über Staatsbürgerschaft spricht“, forderte Hungerländer. Es sei auch eine Frage der Demokratie, wie die Wiener Stadtregierung mit der Opposition etwa hinsichtlich Anfragen umgeht, oder auch mit der Wiener Bevölkerung bei Petitionen oder Debatten im Bezirk. Wenn die Stadt Bürger*innen abstimmen lassen will, müsste sie auch auf deren Anliegen eingehen. Hungerländer forderte zudem, Fake News und die Segregation an Informationsquellen zu diskutieren: Man müsse sich damit auseinandersetzen, wie man auf rechtsstaatlicher Ebene damit umgeht, ohne die Meinungsfreiheit – die Grundlage der Demokratie – einzuschränken. Zu diskutieren seien laut Hungerländer auch, wie mit Bevölkerungsgruppen umgegangen wird, die durch radikale Aktionen im öffentlichen Raum ihre Meinung durchsetzen möchte. Hier dürfe eine Demokratie nie nachgeben, betonte Hungerländer.

GRin Mag. Stefanie Vasold (SPÖ) zufolge sei Demokratie immer Ergebnis von Auseinandersetzungen und Kämpfen. Demokratische Teilhabe sei somit weder selbstverständlich noch auf alle Zeit garantiert. Entsprechend brauche es das gemeinsame Verständnis der Politik, diese zu wahren und zu sichern. Ziel sei es laut Vasold, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle Menschen in der Stadt an der Politik partizipieren können. Dafür setze Wien einige Maßnahmen. Sie entgegnete ihrer Vorrednerin Hungerländer von der ÖVP: die Ergebnisse aller Workshops seien bei der Demokratie-Enquete präsentiert worden; zudem sei der Versand einer Zusammenfassung angekündigt worden. Bei der Demokratie-Enquete seien eine Reihe an Vorschlägen gemacht worden, wie alle Menschen in Wien die Stadt mitgestalten können. Hier nannte Vasold einige Beispiele: die Entwicklung eines Inklusions-Checks und digitaler Tools, Barrierefreiheit in vielfacher Hinsicht sowie Methodenvielfalt bei der Beteiligung, etwa durch Wahlkreisräte und Losverfahren – um auch jene zu erreichen, die sich nicht von selbst zum Mitgestalten melden. Vasold ging auch auf das Staatsbürgerschaftsgesetz ein: Es sei ein „Skandal“, wie dieses ausgestaltet ist. Denn derzeit würden jene Menschen davon profitieren, die gut verdienen. Dafür stehe die Stadt nicht, sagte Vasold. Sie forderte vom Bund, „diese Ungerechtigkeit“ zu beseitigen und bat um Unterstützung zum Mehrparteienantrag von SPÖ und NEOS.

GR Ömer Öztas (GRÜNE) kritisierte, dass die Maßnahmen der Kinder- und Jugendstrategie bislang noch kaum umgesetzt worden seien und forderte die Wiener Stadtregierung, dies rasch nachzuholen. Wie viel bislang umgesetzt wurde, sei laut Öztas aufgrund des fehlenden – von der Stadt angekündigten – Monitoring-Systems nicht transparent nachvollziehbar, da die Stadt das dazu geplante geplant habe.

Abstimmung: Der Antrag der SPÖ und NEOS „Die Wiener Demokratie im Wandel“ wurde mit den Stimmen der Wiener NEOS, SPÖ und Grüne mehrstimmig angenommen. Der Antrag der Opposition fand nicht die notwendige Mehrheit.

Im Anschluss an die Mitteilung wurde Ulrike Nittmann als neue FPÖ-Gemeinderätin angelobt. Sie folgt Veronika Matiasek nach, die aus dem Gemeinderat ausgeschieden ist. Danach wurde die Tagesordnung fortgesetzt.

TÄTIGKEITSBERICHT DES STADTRECHNUNGSHOFES WIEN ÜBER DAS GESCHÄFTSJAHR 2022

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) lobte den Wiener Stadtrechnungshof. Er leiste gute Arbeit und sei eine starke Unterstützung für die Verwaltung und die Politik in Wien. Kowarik ging auf einige Prüfberichte ein, konkret auf jenen zur Kulturabteilung der Stadt Wien: Er ortete fehlende Nachvollziehbarkeit und Transparenz hinsichtlich der Förderungsvergaben. Dies gehe auch aus dem Bericht des Stadtrechnungshofs hervor. „Einer der spannendsten Berichte“ sei Kowarik zufolge jener zur Prüfung der Ausgaben zur Öffentlichkeitsarbeit der Magistratsabteilung 48. Prüfberichte wie diese würden zeigen, wie wichtig die Arbeit des Stadtrechnungshofs ist, meinte Kowarik. Denn die Berichte würden Verbesserungspotential in der Wiener Stadtregierung aufzeigen. Ein Thema, das die Stadt seit Jahrzehnten beschäftige, sei die organisatorische Selbstständigkeit des Wiener Stadtrechnungshofs. Das sei nun mit einem eigenen Gesetz vorgesehen. Laut Kowarik sei es „durchaus wichtig“, dass der Stadtrechnungshof als eigenes Organ in der Wiener Stadtverfassung gesehen wird. Denn das ermögliche etwa mehr Unabhängigkeit und größere Weisungsfreiheit, etwa hinsichtlich personeller Einteilung. Kowarik forderte, auch die Prüfkompetenz des Stadtrechnungshofs auszuweiten. (Forts.) exm

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