
Grüne/Voglauer: Mehr Schatten als Licht in der Vision von EU-Agrarkommissar Hansen
Statt vager Visionen sind klare Schritte gegen unfaire Handelspraktiken und Umweltzerstörung rasch notwendig
„Auch, wenn EU-Kommissar Hansen in seiner Vision für das Agrar- und Ernährungssystem der Zukunft einige wichtige und richtige Punkte anspricht, eine zusammenhängende Lösungsstrategie für die tatsächlichen Probleme der Bäuerinnen und Bauern bleibt er schuldig. Jetzt den Fokus der Einkommensstützung dorthin zu legen, wo sie wirklich notwendig ist, ist schon lange überfällig. Ebenso die Stärkung der Unabhängigkeit Europas von Düngemittelimporten. Auch die Novellierung der Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken muss rasch vollzogen werden. Es geht immerhin um ein Verbot, damit die Bäuer:innen nicht mehr gezwungen werden dürfen, ihre Produkte unter den Produktionskosten verkaufen zu müssen“, berichtet Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen.
Für Voglauer sind die Pläne des Agrarkommissars noch nicht ausreichend: „Ein solches Verbot kann leicht umgangen werden. Gerade dort, wo große Handelskonzerne Marktmacht ausspielen können. Das sehen wir an den Praktiken, die bereits jetzt verboten sind, wenn Lieferant:innen nicht freiwillig zustimmen.“
Die Grünen haben zur Umsetzung der EU-Richtlinie in Österreich eine Anfrage an den Landwirtschaftsminister und an den Wirtschaftsminister gestellt. Laut deren Antworten soll in Österreich keine Novellierung in Angriff genommen werden, bis auf EU-Ebene eine Evaluierung vorliegt. Obwohl seit mehr als einem Jahr Berichte des Fairnessbüros und der Bundeswettbewerbsbehörde vorliegen, die klare Empfehlungen aussprechen.
Voglauer fordert beide Minister daher auf: „Handeln wir jetzt. Unkalkulierbare Preisnachlässe müssen von den Supermärkten getragen werden, nicht von den Bäuer:innen. Der Verkauf unter dem Einstandspreis muss verboten werden. Es braucht eine deutliche Erhöhung der Strafen für die großen Unternehmen und bei Gerichtsverfahren eine automatische Mitverhandlung des Schadenersatzes für die Betroffenen.“
Zudem sieht Voglauer einige besorgniserregende Tendenzen in der Vision des EU-Kommissars: „Eine umfassende Vereinfachung von Regeln wurde angekündigt. In der Vergangenheit hieß das immer: Umweltanforderungen wurden verwässert oder ganz gestrichen. Wir sind sehr für den Abbau von Bürokratie, aber sicher nicht indem wir unsere Lebens- und Produktionsgrundlagen zerstören. Ich frage mich, warum nicht endlich praktikable, zeitsparende und digitale Lösungen geschaffen werden, die unsere Bäuerinnen und Bauern effizient entlasten würden. Anstatt an Lösungen für den Arbeitsaufwand zu arbeiten, scheint wieder einmal die Lockerungsschraube beim Umwelt- und Naturschutz gedreht zu werden und das lehnen wir ab.“
Begrüßenswert sei, dass Importe künftig den strengeren EU-Standards angeglichen werden sollen, etwa bei besonders gefährlichen Pestiziden und beim Tierschutz. „Wir werden hier die Umsetzung genau beobachten und eine vollständige Angleichung einfordern. Die EU hat in diesen Bereichen auch selbst noch einiges zu tun. Die Ankündigung, bei Pestizidverboten zurückhaltender zu werden, ist kritikwürdig. Schließlich dürfen immer noch zahlreiche Wirkstoffe verwendet werden, die das vermutlich fortpflanzungsschädliche TFA, eine Ewigkeitschemikalie, produzieren. Diese müssen schnellstmöglich aus dem Verkehr gezogen werden, fordert Voglauer, die zur Verwendung solcher Pestizide in Österreich eine Anfrage an den Landwirtschaftsminister gestellt hat.
„Relevante Zukunftsthemen für unser Agrar- und Ernährungssystem werden in der Vision von Hansen kaum genannt: etwa die Erhaltung unserer Kulturlandschaft und einer kleinstrukturierten von Familien geführten Landwirtschaft, die Förderung pflanzlicher und alternativer Proteinquellen, oder der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung“, resümiert Voglauer und hält fest: „Lebensmittelproduktion funktioniert nur mit der Natur, nicht gegen sie. Umweltgesetze schützen auch unsere Ernährungssouveränität. Wir werden weiterhin für mehr Wertschätzung unserer Lebensmittel kämpfen.“
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