
Ungleichbehandlung bei Schuldenregulierung droht
Im Juli 2026 endet die Möglichkeit der 3-jährigen Entschuldung für Privatpersonen – ausgenommen sind hingegen ehemals selbstständig Tätige. Das birgt Probleme.
Die staatlich anerkannten Schuldenberatungen zeigen auf, warum diese ungleiche Gewichtung äußerst problematisch ist und weder gesellschaftlich noch ökonomisch Vorteile bringt.
Ab Mitte 2026 soll die Entschuldungsdauer für nicht unternehmerisch tätig gewesene Privatpersonen (juristisch „Verbraucher*innen“) wieder mindestens 5 Jahre betragen. „Tritt das tatsächlich in Kraft, wären die Folgen fatal.“, warnt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich. „Und zwar nicht nur für überschuldete Personen und ihre Familien, sondern auch für den Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und das Gesundheitssystem. Selbst Gerichte und Gläubiger*innen profitieren von einer kürzeren Entschuldungsdauer.“
PROBLEMATIK BEI GLEICHHEITSRECHT
Überschuldete Verbraucher*innen und ehemals Selbständige befinden sich in wirtschaftlich ähnlichen Situationen. Beide Personengruppen sind bei den Überschuldungsgründen sowohl von externen Faktoren (etwa wirtschaftliche Lage oder Krankheit) als auch von eigenen ungünstig getroffenen finanziellen Entscheidungen betroffen. Eine unterschiedliche Entschuldungsdauer führt zu einer Diskriminierung aufgrund der Erwerbsform. Menschen, die als Verbraucher*innen überschuldet sind, werden damit automatisch und systematisch schlechter gestellt als solche, die als Unternehmer*innen tätig waren.
Zusätzlich problematisch ist, dass Frauen seltener selbstständig tätig sind als Männer und damit stärker von einer Verlängerung der Entschuldungsdauer für Verbraucher*innen betroffen sind. „Bereits bestehende strukturelle finanzielle Benachteiligungen bei Frauen, wie Gender Pay Gap, Teilzeitfalle, Karenz und unbezahlte Care-Arbeit, verstärken sich damit weiter.“, so Mitterlehner.
ZURÜCKGEZAHLTE QUOTEN
Die ASB Schuldnerberatungen GmbH hat als Treuhänderin in Abschöpfungsverfahren, einer Form des Schuldenregulierungsverfahrens, die zurückbezahlten Quoten analysiert. Stellt man die unterschiedlichen Laufzeiten gegenüber, zeigt sich, dass kürzere Verfahren oft höhere Rückzahlungen der Schulden erzielen.
Eine Gegenüberstellung der überschuldeten Personengruppen Verbraucher*innen und ehemalige Selbstständige zeigt zudem, dass Verbraucher*innen nicht nur deutlich weniger Schulden haben, sondern auch in der Entschuldung eine mehr als doppelt so hohe Rückzahlungsquote erzielen. Es wäre nicht sachgerecht, sie mit einer längeren Verfahrensdauer zu bestrafen.
ÖKONOMISCHE ARGUMENTE
Eine kürzere Entschuldungsdauer ermöglicht eine schnellere wirtschaftliche Reintegration und entlastet Justiz sowie Gesundheitswesen. Schulden machen nachweislich krank. Der Staat muss bei einer früheren Entschuldung somit weniger gesundheitliche Folgekosten sowie auch Transferleistungen tragen. Empirische Studien belegen zudem, dass kürzere Entschuldungsverfahren die Motivation zum Durchhalten im Schuldenregulierungsverfahren erhöhen und somit positive Abschlüsse begünstigen.
Mitterlehner: „Die Möglichkeit einer 3-jährigen Entschuldungsdauer für alle muss bleiben! Wir fordern die Regierung auf, zeitnah die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Es sind nur wenige Buchstaben im Gesetz, die für die Betroffenen aber einen riesigen Unterschied machen. Zudem profitieren der Staat und die ganze Gesellschaft von der 3-jährigen Entschuldung. Falls die Regierung keine entsprechende Entscheidung treffen sollte, raten uns Expert*innen zu einem Gang vor den Verfassungsgerichtshof. Einer Verfassungsklage wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes werden gute Chancen eingeräumt. Dieser für alle mühsame und aufwändige Weg könnte durch eine rechtzeitige Entscheidung der Regierung verhindert werden.“
ASB Schuldnerberatungen GmbH
Mag. (FH) Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer
Telefon: 0732656599
E-Mail: clemens.mitterlehner@asb-gmbh.at
Mag.a Christiane Moser, Öffentlichkeitsarbeit, T. 0732-65 65 99, E.
christiane.moser@asb-gmbh.at
Kontakt zu den Leitungspersonen der Schuldenberatungen in den
Bundesländern:
Fonds Soziales Wien Schuldenberatung, Christian Neumayer, T. 01-24524
-60247, 0676-8289 60247, E. christian.neumayer@fsw.at
Schuldnerberatung Niederösterreich, Michael Lackenberger, T. 02742-35
54 20, E. st.poelten@sbnoe.at
SCHULDNERHILFE OÖ, Johannes Kletzl, BA, T. 0732-77 77 34, E. kletzl@
schuldner-hilfe.at
Schuldnerberatung Oberösterreich, Mag. Thomas Berghuber, T. 0732-77
55 11, 0699-1 777 555 0, E. t.berghuber@schuldnerberatung.at
Schuldenberatung Salzburg, Mag. Peter T. Niederreiter, T. 05-1734,
0676-50 75 200, E. peter.niederreiter@sbsbg.at
Schuldenberatung Tirol, Mag. Thomas Pachl, T. 0512-57 76 49-14, E.
thomas.pachl@sbtirol.at
ifs Schuldenberatung Vorarlberg, MMag.a Simone Strehle-Hechenberger,
T. 05-1755 4377, 0664-6088 4377, E. simone.strehle-hechenberger@
ifs.at
Schuldenberatung Steiermark, Kerstin Kogl, T. 0316-37 25 07, E.
kerstin.kogl@staf.or.at
Schuldnerberatung Kärnten, Andreas Pregl, T. 0463-51 56 39, E.
andreas.pregl@sb-ktn.at
Referat Schuldenberatung Burgenland, Dr.in Michaela Puhr, T. 057-600-
2149, E. post.schuldenberatung@bgld.gv.at
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