
ÖGK-Huss: OECD-Bericht ist ein Warnsignal – keine weiteren Selbstbehalte!
Obmann der ÖGK warnt vor weiterer Belastung der Versicherten und fordert klare Absage an zusätzliche Eigenleistungen im Gesundheitssystem
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in ihrem jüngsten Bericht zum Zustand der Gesundheitssysteme festgestellt, dass die Selbstbehalte im österreichischen Gesundheitssystem wesentlich höher sind als in anderen Ländern.
„Der Bericht bestätigt, was wir seit Jahren beobachten: Immer mehr Kosten werden auf die Patientinnen und Patienten abgewälzt. Das gefährdet den solidarischen Charakter unseres Gesundheitssystems“, betont ÖGK-Obmann Andreas Huss.
WISSENSCHAFTLICHE STUDIEN BESTÄTIGEN NEGATIVE EFFEKTE
Wissenschaftliche Untersuchungen – national wie international – zeigen ein klares Bild über die negativen Folgen von Selbstbehalten. Eine aktuelle Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) kommt zu dem Schluss, „dass Selbstbeteiligungen im Gesundheitswesen nur sehr eingeschränkt als Steuerungsinstrument einsetzbar sind“. Laut der GÖG bewirken Selbstbehalte meist nur kurzfristige Verhaltensänderungen und treffen vor allem Menschen mit geringem Einkommen oder chronischen Erkrankungen. „Gerade diese Gruppen brauchen Schutz, nicht zusätzliche Hürden beim Zugang zur Versorgung“, so Huss.
WHO: EIGENLEISTUNGEN FÜHREN ZU FINANZIELLEN NOTLAGEN
Auch auf europäischer Ebene zeichnet sich dieselbe Tendenz ab. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte 2023 eine umfassende Analyse zur finanziellen Absicherung in 40 europäischen Staaten. Das Ergebnis: Eigenleistungen führen in allen untersuchten Ländern zu finanziellen Schwierigkeiten und ungedecktem Bedarf, insbesondere bei den ärmsten Haushalten. Besonders häufig betreffen diese Belastungen Medikamente, Zahnbehandlungen und medizinische Produkte – zentrale Bereiche der Primärversorgung.
„Wenn Menschen aus Kostengründen ihre Medikamente nicht mehr einlösen oder Zahnbehandlungen aufschieben müssen, läuft etwas grundlegend falsch“, warnt Huss. „Gesundheitsversorgung darf kein Luxusgut sein – sie ist ein Grundrecht.“
SELBSTBEHALTE SIND SOZIAL UNGERECHT UND INEFFEKTIV
Die internationale Evidenz lässt kaum Zweifel an der geringen Wirksamkeit und sozialen Schieflage genereller Selbstbehalte:
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Mit steigenden Selbstbehalten sinkt die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen – allerdings meist nur kurzfristig.
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Selbstbehalte schrecken generell ab, ohne zwischen notwendigen und weniger sinnvollen Behandlungen zu unterscheiden. Das trifft insbesondere Menschen mit niedrigerem Einkommen und führt langfristig zu schlechterer Gesundheit und höheren Folgekosten.
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Einnahmen aus Selbstbehalten bleiben oft hinter den Erwartungen zurück, während die Verwaltung von Ausnahmebestimmungen teuer und ineffizient ist und keinen Schutz für chronisch Kranke und Einkommensschwache gewährleistet.
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Die Belastung wirkt regressiv: Statt solidarisch zu finanzieren, zahlen letztlich die Kranken mehr.
RECHNUNGSHOF BESTÄTIGT FINANZBEDARF IM GESUNDHEITSWESEN
Der aktuelle Rechnungshofbericht sieht große Probleme bei der Finanzierung des Gesundheitswesens. Ohne drastische Gegenmaßnahmen bestehe die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit bei der ÖGK als größter Krankenversicherung. Vorschläge zur Sicherung des Gesundheitswesens liegen auf dem Tisch: Ineffizienzen zwischen stationärem und ambulantem Bereich endlich beseitigen sowie eine gemeinsame Planung der niedergelassenen und spitalsambulanten Versorgung, um Doppelgleisigkeiten abzubauen. Weiters die Steuerungsmöglichkeiten bei den Ausgaben, insbesondere durch unnötige Untersuchungen, verbessern, Patientenlenkungssysteme einführen, um die Menschen rasch und effizient zum geeigneten Ort der Versorgung zu lenken, Investitionen in Prävention, um gesunde Lebensjahre zu erhöhen. Trotz allem wird es aber auch einen höheren Anteil an öffentlichen Mitteln aus Steuern oder Beiträgen für die Versorgung brauchen.
ÖGK-Obmann Andreas Huss, MBA
Telefon: 0664/614 55 34
E-Mail: andreas.huss@gbh.at
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