
Wachtel und Gänsesäger „durch die Hintertür“ ins Jagdrecht aufgenommen
BirdLife Österreich kritisiert Novellierung des Salzburger Jagdgesetzes scharf
DIE SALZBURGER LANDESREGIERUNG PLANT EINE NOVELLIERUNG DES LANDESJAGDGESETZES. WÄHREND DER ZUR ÖFFENTLICHEN BEGUTACHTUNG AUFGELEGTE GESETZESENTWURF LAUT NATURSCHUTZORGANISATION BIRDLIFE ÖSTERREICH NUR GERINGE AUSWIRKUNGEN AUF DEN VOGELSCHUTZ GEHABT HÄTTE, SORGT EINE NACHTRÄGLICHE ÄNDERUNG NUN FÜR MASSIVE KRITIK: WACHTEL UND GÄNSESÄGER SOLLEN NACH ENDE DES BEGUTACHTUNGSVERFAHRENS NEU INS JAGDRECHT AUFGENOMMEN WERDEN – OHNE ÖFFENTLICHE DISKUSSION UND AUF BETREIBEN EINZELNER INTERESSENSGRUPPEN. BIRDLIFE ÖSTERREICH SPRICHT SICH ENTSCHIEDEN GEGEN DIE GEPLANTE GESETZESÄNDERUNG AUS UND FORDERT EINE KLARE SCHONUNG GEFÄHRDETER ARTEN ANSTELLE VON HINTERZIMMERPOLITIK.
Ursprünglich umfasste die Novelle vor allem kleinere Anpassungen für eine effizientere Vollzugspraxis, neue Regelungen zu Nachtzielhilfen und Fallen bei der Jagd auf Wildschweine sowie die Einführung eines amtlichen Monitorings für Wildarten. Zwar wurde die europaweit bedrohte Tafelente entgegen den Empfehlungen der EU-Kommission nicht als geschont eingestuft, insgesamt wären die Auswirkungen auf den Vogelschutz jedoch überschaubar geblieben.
NACHTRÄGLICHE GESETZESÄNDERUNG OHNE BEGUTACHTUNG
Erst nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens wurde bekannt, dass zwei weitere Vogelarten neu ins Jagdgesetz aufgenommen werden sollen: die Wachtel auf Betreiben der Salzburger Jägerschaft und der Gänsesäger auf Initiative des Fischereiverbands. Während jahrelange Forderungen nach einer konsequenten Schonung gefährdeter Arten regelmäßig ignoriert würden, gelangten nun gleich zwei neue Arten ohne öffentliche Beteiligung ins Jagdrecht, so BirdLife.
„Dass gefährdete Vogelarten ohne Begutachtung und auf Zuruf von Jäger- und Fischereiinteressen ins Jagdgesetz verschoben werden, wirft nicht nur fachliche, sondern auch demokratiepolitische Fragen auf“, kritisiert JOHANNES HOHENEGGER, Experte für Naturschutz- und Jagdrecht bei BirdLife Österreich.
Die Verschiebung von Arten zwischen Naturschutz- und Jagdrecht sei in Österreich äußerst selten. „Dass dieser Schritt nun nachträglich und ohne transparente fachliche Begründung erfolgt, hinterlässt einen äußerst problematischen Beigeschmack!“, warnt BirdLife.
FACHLICH NICHT NACHVOLLZIEHBAR – BEJAGUNG OFFENBAR IM FOKUS
Fachlich ist die geplante Neuregelung schwer zu begründen: Ein Monitoring gefährdeter Arten sei auch im Rahmen des Naturschutzrechts längst möglich und erfordere ohnehin speziell geschultes Personal. Im Gegenteil entfalle durch die Gesetzesänderung sogar die Möglichkeit, dass Monitoringmaßnahmen aus den Mitteln des Naturschutzbudgets finanziert werden.
„Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Aufnahme ins Jagdrecht vor allem dazu dient, diese Arten künftig leichter bejagen zu können“, so Hohenegger weiter.
GÄNSESÄGER: VOM AUSSTERBEN BEDROHT
Besonders problematisch ist die geplante Aufnahme des Gänsesägers. Der Fischereiverband argumentiert mit angeblich „rapide steigenden Beständen“ dieser fischfressenden Art. Tatsächlich ist der Gänsesäger in Salzburg ein äußerst seltener Brutvogel, der nur an der Unteren Salzach und im untersten Abschnitt der Saalach vorkommt. Laut Roter Liste gilt er in Salzburg als „vom Aussterben bedroht“. Auf der von BirdLife Österreich betriebenen Plattform ornitho.at wurden in den vergangenen zehn Jahren lediglich 18 Brutnachweise gemeldet. Im Rahmen der winterlichen Wasservogelzählungen wurden weniger als 80 Tiere im ganzen Bundesland gezählt.
WACHTEL: SPORADISCHER BRUTVOGEL MIT UNSICHEREM STATUS
Auch die Wachtel ist in Salzburg nur ein sporadischer Brutvogel. Sie fehlt in weiten Teilen des Bundeslands, vermutet werden einzelne Brutpaare in tief gelegenen Wiesengebieten. Brutnachweise sind äußerst schwierig, da durchziehende Vögel während der gesamten Brutsaison in geeigneten Lebensräumen auftreten und balzen können.
BIRDLIFE ÖSTERREICH FORDERT KLARE SCHONUNG STATT HINTERZIMMERPOLITIK
Ohne ein konkretes, fachlich fundiertes Konzept zur Verbesserung des Schutzes von Wachtel und Gänsesäger spricht sich BirdLife Österreich entschieden gegen die geplante Gesetzesänderung aus. Die Organisation fordert die Salzburger Landesregierung erneut auf, gefährdete Tierarten konsequent zu schonen, transparente Entscheidungsprozesse sicherzustellen und naturschutzfachliche Expertise nicht zugunsten einzelner Interessensgruppen hintanzustellen.
BirdLife Österreich
Dr. Susanne Schreiner
Telefon: +43 (0) 699 181 555 65
E-Mail: susanne.schreiner@birdlife.at
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