EU-Ausschuss für stärkere Unterstützung des Westbalkans

Bundesrat begrüßt Intensivierung im EU-Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten, Skepsis bei Beitrittsverhandlungen mit Türkei

Wien (PK) – Die Europäische Kommission will die Staaten des
Westbalkans verstärkt auf dem Weg in die Europäische Union
unterstützen. Die dafür vorgesehenen finanziellen Mittel sollen daher
im nächsten EU-Finanzrahmen 2021 – 2027 von 12 Mrd. € auf 14,5 Mrd. €
erhöht werden, schlägt Kommission vor. Eingebettet in einer neuen
Strategie für den westlichen Balkan sollen die Finanzhilfen nach
thematischen Kriterien wie Stärkung der Demokratie, Steigerung der
Wettbewerbsfähigkeit und Bekämpfung von Korruption ausgeschüttet
werden. Im heutigen EU-Ausschuss des Bundesrats fand dieses Vorhaben
großteils Zuspruch, sei doch die gute Nachbarschaft mit dem
Westbalkan ein erklärtes Ziel der österreichischen
Ratspräsidentschaft, wie Ausschussobmann Christian Buchmann (ÖVP/St)
betonte.

Kritisch äußerten sich die BundesrätInnen allerdings in Bezug auf das
Verhältnis EU-Türkei. Buchmann zitierte in diesem Zusammenhang
Erweiterungskommissar Johannes Hahn, der mehr „Wahrhaftigkeit im
Umgang mit der Türkei“ eingefordert habe. Monika Mühlwerth (FPÖ/W)
und Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) bekräftigten, die EU solle ein
maßgeschneidertes Handelsabkommen mit dem Land am Bosporus
ausverhandeln, anstatt die Türkei mit dem Versprechen eines Beitritts
hinzuhalten. Tatsächlich bewerte der Erweiterungskommissar in
Hinblick auf die Türkei die „Fortführung einer Beitrittsfiktion“
negativ, meinte eine Expertin des Außenministeriums im Ausschuss
dazu, jedoch finde sich unter den EU-Mitgliedstaaten derzeit nicht
die nötige Mehrheit, um die Beitrittsverhandlungen zu stoppen.

EU-Nachbarschaftspolitik mit Priorität Südosteuropa

Größere Erwartungen gibt es hingegen beim Heranführungsprozess der
Staaten des Westbalkans an die EU, wie eine Vertreterin des
Außenministerium mit Verweis auf den derzeit verhandelten
mehrjährigen EU-Finanzrahmen verdeutlichte: „Südosteuropa hat für
Österreich große Priorität“. Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W)
appellierte, „die Verpflichtungen der EU rasch einzulösen“, etwa in
Bezug auf die Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien. Aus dem
Außenministerium hieß es dazu, die südosteuropäischen Länder befänden
sich derzeit in höchst unterschiedlichen Stadien des
Beitrittsprozesses, die EU beabsichtige aber mit
leistungsorientierten Finanzhilfen einen „positiven Wettbewerb“ zu
initiieren, um die Staaten gesellschaftlich und wirtschaftlich auf
EU-Niveau zu heben. Für die Kandidatenländer bedeute dies „enorme
Kraftanstrengungen“, so die Bmeia-Vertreterin, weswegen sie viel
Hilfe von der EU benötigten, sowohl in finanzieller als auch in
politischer Hinsicht.

Vor diesem Hintergrund will die EU-Kommission das „Instrument für
Heranführungshilfe“ (IPA III) für Beitrittskandidatenländer und
potenzielle Kandidaten für den Westbalkan neu ausrichten. Eine für
die Stabilisierung in Südosteuropa zuständige Bmeia-Expertin
erläuterte, mittels thematischer Finanzierung wolle die EU die
Beitrittskandidaten zu schnelleren Reformen und Veränderungen
ermutigen, die Mittel also für eingereichte Projekte anstatt wie
bisher länderspezifisch ausschütten. Die Ziele der IPA III sind dem
Verordnungsvorschlag zufolge nach politischen Prioritäten
ausgerichtet, die für eine EU-Mitgliedschaft erforderlich sind.
Zusätzlich zu den schon bislang im Rahmen der Heranführungshilfen
vorgesehenen Parametern wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte,
sozioökonomische Entwicklung, EU-Recht bzw. -Politik und regionale
Zusammenarbeit würden demnach auch andere zentrale Herausforderungen
wie Migration, Sicherheit, Umweltschutz und Klimawandel mehr Gewicht
erhalten.

Zielgerichteter Einsatz der EU-Förderungen

Durch die Leistungsorientierung erreiche man bei der Mittelvergabe
auch mehr Flexibilität, da von einem Land ungenutzte Fördergelder
nicht mehr brach liegen würden, so die Südosteuropa-Expertin. Ihr
Kollege aus dem Außenministerium ergänzte auf Nachfrage der
SPÖ-Mandatare aus der Steiermark, Andrea Karhofer und Hubert Koller,
Indikatoren zur Zielerreichung würden von EU-Delegationen vor Ort
jährlich festgelegt. Bei der Qualitätsüberprüfung der Ergebnisse
verfüge die Union bereits aus den vergangenen Jahren über ausreichend
Erfahrung, etwa seitens des Europäischen Rechnungshofs. Viel zu tun
gebe es noch im Bereich der Korruptionsbekämpfung, den der
Vorarlberger Freiheitliche Christoph Längle ansprach. Die IPA-Gelder
kämen hier sinnvoll zum Einsatz, etwa bei der Durchleuchtung der
Justizsysteme. Mühlwerth mahnte allerdings auch die
Eigenverantwortung der Beitrittsländer ein, den Reformprozess
voranzutreiben, und nicht nur auf Zahlungen aus Brüssel zu setzen.
Gerade beim Kampf gegen Korruption gehe es vor allem um einen
Einstellungswandel in der Gesellschaft, finanzielle Hilfen reichten
nicht aus.

Mit den Zahlungen will Brüssel erreichen, dass die Westbalkanstaaten
einen schrittweisen und nahtlosen Übergang vom Heranführungsstatus
zum Status eines Mitgliedstaats schaffen. Erforderlich sei dabei der
Aufbau der notwendigen Absorptionskapazitäten – etwa ausreichend
Arbeitskräfte und technisches Wissen – für die EU-Mittel bei den
Partnern, so die Kommission, damit die Investitionen effektiv genutzt
werden. Dies gelte insbesondere für die Umsetzung der Agrar- und der
Kohäsionspolitik. Eine der „Leitlinien“ in der EU-Unterstützung ist
dem Außenministerium zufolge aber auch die Sicherstellung eines
friedlichen Miteinanders der Balkanstaaten, was Bundesrätin Klara
Neurauter (ÖVP/T) ebenso als Grundvoraussetzung hervorhob wie ihr
Fraktionskollege Tiefnig.

EU-Beitrittsverhandlungen wurden bereits mit Montenegro und Serbien
aufgenommen, und auch mit der Türkei, wobei die Kommission in ihrem
Verordnungsentwurf festhält, die neuen Heranführungshilfen würden
„den Entwicklungen in den Beziehungen zur Türkei Rechnung tragen“.

Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist seit 2005
Kandidat, Albanien wurde 2014 der Kandidatenstatus zuerkannt. Bosnien
und Herzegowina sowie das Kosovo sind potenzielle
Beitrittskandidaten. Voraussetzungen für einen EU-Beitritt sind die
sogenannten „Kopenhagener Kriterien“, zu denen unter anderem die
Stabilität der Institutionen, der Schutz von Minderheiten und deren
Rechten, eine funktionierende Marktwirtschaft und die Einhaltung der
EU-Verträge gehören. (Fortsetzung EU-Ausschuss) rei

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