Rossmann: Aus der Erinnerung an die November-Pogrome gegen Jüdinnen und Juden ergeht ein politischer Auftrag

Liste Pilz: Koalitionen mit rechtspopulistischen Parteien sind politisch falsch – Klubobmann der Liste Pilz spricht auch das Leid an, das den Opfern in der Nachkriegszeit angetan wurde

Wien (OTS) – „Am 9. November 2018 erinnern wir uns an das geplante,
organisierte und gewalttätige Vorgehen gegen Jüdinnen und Juden,
jüdische Geschäfte und Betriebe, Synagogen, Bethäuser und andere
jüdische Einrichtungen in Österreich und im ganzen Gebiet des
damaligen Großdeutschen Reichs. Diese Aktionen der Nazis fanden
geplant und organisiert statt. Im Vorfeld wurde eine erfundene
Verschwörungstheorie rund um die am 7. November 1938 erfolgte
Ermordung des Legationssekretärs der Deutschen Botschaft in Paris,
Ernst von Rath, verbreitet. Der Anschlag sei nämlich, so schrieb der
„Völkische Bobachter“ am Tag darauf, Ausdruck des „Hasses aller Juden
auf die Deutschen“ gewesen.

Heute wissen wir: Die folgenden Pogrome und Erniedrigungen
bildeten den Auftakt für die spätere Shoah, der systematischen und
industriell durchgeführten Ermordung von rund sechs Millionen
Menschen. Die Mehrheit von ihnen waren Jüdinnen und Juden, unter den
Opfern befanden sich aber auch Homosexuelle, Behinderte und politisch
Andersdenkende wie SozialdemokratInnen und KommunistInnen. Alle
Menschen, die einem völlig absurden Idealbild der Nazis nicht
entsprochen haben, sollten vernichtet werden. Heute wissen wir auch,
dass Verschwörungstheorien wie jene im Vorfeld der Pogrome keine
einfachen, neutralen Mittel sind, um bloß Wählerinnen und Wähler zu
gewinnen. Die Täter legen, mit Worten, bereits Hand an.

Viele Österreicherinnen und Österreicher waren also nicht nur in
diesen Novembertagen 1938 Täter, sie waren dies auch im Zuge der
Shoah und bei den Verbrechen der Wehrmacht. Das ist die historische
Wahrheit. Die anderslautende These, Österreich sei erstes Opfer der
Nazis gewesen, war eine Lüge. Eine Lüge, die diese Republik lange
Zeit geprägt hat – und die im Umgang mit den wirklichen Opfern gelebt
wurde. Stellvertretend für unsere Vätergeneration entschuldige ich
mich dafür in aller Form bei allen Menschen, denen dadurch auch in
der Nachkriegszeit noch Leid zugefügt wurde, die erniedrigt,
beleidigt und deren Schmerzen geleugnet wurden. Ich würde es sehr
begrüßen, wenn auch unsere jetzige Regierung eine offizielle
Entschuldigung aussprechen könnte.

Für uns ist eines klar: Aus der Erinnerung an die Shoah leitet
sich ein Auftrag ab, der unser politisches Handeln begleitet und
antreibt: Alles zu tun, damit sich solche Ereignisse nie mehr
wiederholen. Diesem Auftrag kommt heute insofern enorme Bedeutung zu,
als die gegenwärtige Regierung keine Regierung wie jede andere ist.
In ihr arbeitet eine rechtspopulistische Partei mit, die in der
Tradition des „dritten Lagers“ steht und somit eine historische
Mitverantwortung an den beklagenswerten Ereignissen hat. Überdies
arbeitet diese Partei bewusst und mit Absicht mit den Mitteln der
Hetze und mit Verschwörungstheorien wie etwa der, dass es
„stichhaltige Gerüchte“ gebe, dass der jüdische Milliardär George
Soros daran beteiligt sei, „die Migrantenströme nach Europa zu
unterstützen“.

Wenn man das „Nie wieder“ ernst nimmt, dann ist eine Koalition mit
einer Partei, deren führende Repräsentanten solch krude Theorien
verbreiten, eigentlich unmöglich. Auch in diesem Fall können nämlich
Worte Hand anlegen. Es liegt daher an der ÖVP, die richtigen Schlüsse
aus ihrer historischen Verantwortung zu ziehen, die sich aus den
Novemberpogromen – und wie es dazu kam – ergibt.“

Liste Pilz im Parlament
Mag. Martin Friessnegg
06648818 1043
martin.friessnegg@listepilz.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender