
Bahn-KV-Verhandlungen: 85 Prozent der EisenbahnerInnen sind kampfbereit
Gewerkschaft vida präsentiert Ergebnisse der Befragungen der Eisenbahnbediensteten sowie der Bahnkunden zu den KV-Verhandlungen Gewerkschaft vida präsentiert Ergebnisse der Befragungen der Eisenbahnbediensteten sowie der Bahnkunden zu den KV-Verhandlungen
Wien (OTS) – Die Gewerkschaft vida hat im Zeitraum von 29. Oktober
bis 12. November 2018 eine Befragung der Eisenbahnbeschäftigten sowie
von 29. Oktober bis 2. November 2018 eine Befragung von Bahnkunden zu
den stockenden Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 40.000
Bediensteten in eisenbahnspezifischen Berufen durchgeführt. „Der
Arbeitgeberseite scheint es egal zu sein, dass der Unmut der
Beschäftigten steigt. Mit den Umfragen haben wir überprüft, ob unsere
Eindrücke auch dem tatsächlichen Stimmungsbild unserer Kolleginnen
und Kollegen entsprechen“, sagt vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit
in einer Pressekonferenz mit den Mitgliedern des KV-Verhandlungsteams
der Gewerkschaft vida.
Gutes Leben und Planbarkeit am wichtigsten
Bei der Umfrage hat sich herauskristallisiert, dass für rund 92
Prozent der EisenbahnerInnen am wichtigsten ist, dass ein
Kollektivvertag ein gutes Leben ermöglichen und absichern muss. „Dazu
bedarf es kräftiger Erhöhungen auf KV- und IST-Löhne sowie auf die
valorisierbaren Nebengebühren“, betont Hebenstreit.
Am zweitwichtigsten ist den EisenbahnerInnen ein rechtlicher
Anspruch auf Regelungen zur besseren Freizeitgestaltung (z.B.
4-Tage-Woche) für ein planbares Leben – dieser Frage haben 73 Prozent
zugestimmt. „Mehr Mitarbeiterbindung – Treue zum Unternehmen soll
belohnt werden (Stichwort: Kündigungsverzicht).“ erscheint 59 Prozent
sehr wichtig. Der vierten Frage „Freiwilliges Engagement in
Blaulichtorganisationen unserer KollegInnen in
Blaulichtorganisationen hat Anerkennung verdient (z.B. Zeitwert)“
haben 42 Prozent ihre Zustimmung gegeben. Der fünften Frage
„Einheitliche Regeln bei allen Beschäftigten: Der
Branchenkollektivvertrag muss die höchsten Standards bieten“ haben 26
Prozent zugestimmt.
85 Prozent für Kampfmaßnahmen und Streiks
Darüber hinaus zeigte sich in der Umfrage (7.896 TeilnehmerInnen)
eine außerordentlich hohe Bereitschaft der EisenbahnerInnen für faire
Gehaltserhöhungen und gute Rahmenbedingungen kämpfen zu wollen. 85
Prozent bejahten die Zusatzfrage, ob sie sich an Versammlungen,
gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen und Streiks zur Durchsetzung von
Lohnforderungen und Rahmenbedingungen beteiligen werden, mit ja.
„Flexibilität hat ihren Preis“
Nach sieben Verhandlungsrunden seit dem Frühsommer liegt noch
immer kein ausreichendes und erstzunehmendes Angebot seitens der
Arbeitgeber am Tisch. Die Debatte rund um das Arbeitszeigesetz
(60-Stunden-Woche) hat die KollegInnen zusätzlich verunsichert. Bei
den Bahnen wurden Listen versandt, wer aller von der Ausweitung der
Arbeitszeit betroffen ist. „Flexibilität hat aber ihren Preis. Das
gilt für beide Seiten. Wir wollen eine Flexibilitätsdividende in Geld
und Zeit. Wifo-Wirtschaftsforscher, Kanzler und Vizekanzler
befürworten hohe Gehaltsabschlüsse. In den Taschen der
ArbeitnehmerInnen muss es deshalb rascheln und nicht nur klimpern“,
betont Hebenstreit.
„Am Arbeitsmarkt findet ein Kampf um die besten Köpfe statt, im
Zuge dessen die Bahn wegen der zu niedrigen Einstiegsgehälter ins
Hintertreffen gerät. Parallel dazu explodieren in manchen Betrieben
die Überstunden. Familiengerechte Freizeitplanung wird geradezu
verunmöglicht. In Summe stellt all das Grund genug dar, sich nicht
mit inakzeptablen Angeboten abspeisen zu lassen. Wir wollen ein gutes
Leben für alle in diesem Land“, so der vida-Vorsitzende.
Haben mehr als Almosen verdient
„Die Gewerkschaft ist davon überzeugt, die EisenbahnerInnen haben
mehr als Almosen verdient. Eine Gehaltserhöhung muss deutlich über
der Preissteigerung (2 Prozent) liegen“, fordert der Vorsitzende des
vida-Fachbereichs Eisenbahn, Günter Blumthaler. „Sie muss neben
Inflation auch die gute Wirtschaftslage Österreichs und
Produktivitätssteigerung in der Branche berücksichtigen. Schließlich
ist Österreich innerhalb der EU laut der Economia Studie im Auftrag
der Wirtschaftskammer das Bahnland Nummer eins, was zum Gutteil dem
großen Einsatz und der Flexibilität des Personals zu verdanken ist“,
so Blumthaler.
„Mickrige Gehaltserhöhung“
Am 24. Oktober haben die Arbeitgeber zum dritten Mal in Folge 2,5
Prozent und einige kleinere Änderungen im Rahmenrecht angeboten. Die
Wirtschaftskammer (WKO) hat sich somit keinen Millimeter bewegt. Tags
darauf hat die WKO ihren Mitgliedsunternehmen empfohlen, ab 1.
Oktober 2018 auf 12 Monate gerechnet einen freiwilligen
Gehaltsvorschuss in Höhe von 3 Prozent zu gewähren, der dann mit
einem zukünftigen Abschluss gegengerechnet werden soll.
„Durchgerechnet mit den drei Monaten ohne Erhöhung (Juli bis
September) und der Inflation macht dies lediglich eine mickrige
Erhöhung der Gehälter um nur 0,2 Prozent real aus“, so Gerhard
Tauchner, Mitglied des Vorstands im vida-Fachbereich Eisenbahn und
Sprecher der vida-Plattform Lokfahrdienst. „Ein Abschluss in dieser
Größenordnung wird von den Preissteigerungen bei u.a. Mieten, Strom,
Gas und Nahrungsmitteln fast zur Gänze aufgefressen“, kritisiert
Tauchner.
BahnkundInnen auf Seite der EisenbahnerInnen
Der Ansicht der Gewerkschaft schließen sich auch die BahnkundInnen
mehrheitlich an. Bei einer im Auftrag der Gewerkschaft vida
durchgeführten Befragung unter Reisenden an den Hauptbahnhöfen von
Wien, St. Pölten und Linz haben auf die Frage, ob ein
Gehaltserhöhungsangebot der Arbeitgeber in Höhe von 3 Prozent gerecht
oder nicht gerecht ist, 85 Prozent mit „gar nicht gerecht“ bzw.
„nicht gerecht“ geantwortet. 90 Prozent zeigten sich in den
Interviews mit der Entwicklung der Bahn in Österreich „sehr
zufrieden“ bzw. „zufrieden“, erläutert Olivia Janisch, Mitglied des
Vorstands im vida-Fachbereich Eisenbahn. „Die BahnkundInnen haben für
unser Anliegen, dass die 40.000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bei
den aktuellen KV-Verhandlungen ihr gerechtes Stück vom Kuchen
einfordern, überwältigende Zustimmung geäußert“, bekräftigt Janisch.
Auch Privat- und Länderbahnen brauchen Personalnachwuchs
Allen Bahnen bestätigt die Economia-Studie eine hohe Produktivität
des eingesetzten Personals. Gleichzeitig suchen alle
Eisenbahnunternehmen aufgrund der Überalterung eines großen Teils der
Belegschaften dringend Personal. „Wir brauchen Nachwuchs. An die 60
Prozent der EisenbahnerInnen werden in den kommenden fünf bis sechs
Jahren in Pension gehen. Deshalb ist es höchst an der Zeit, den KV
weiter zu attraktivieren, um qualifizierte Leute für die
Eisenbahnberufe zu begeistern“, betont Rudolf Kaiser, Mitglied des
Vorstands im vida-Fachbereich Eisenbahn und Betriebsratsvorsitzender
der Raaberbahn AG.
Grafiken zu den Umfragen und weitere Unterlagen zur
Pressekonferenz auf [www.vida.at] (http://www.vida.at/) erhältlich.
Gewerkschaft vida/Öffentlichkeitsarbeit
Hansjörg Miethling
Tel.: 01 53444 79 261 bzw. Mobil: 0664 6145 733
E-Mail: hansjoerg.miethling@vida.at
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