
SOS Mitmensch: FPÖ Wien fordert im Gedenkjahr das teilweise Wiederaufleben von 1938
Umfangreiche Sachverhaltsdarstellung an Staatsanwaltschaft wegen Verdacht der Verhetzung und der NS-Wiederbetätigung
Wien (OTS) – SOS Mitmensch übt scharfe Kritik an der Wiener FPÖ, die
im Gedenkjahr 2018 den Ungeist des Jahres 1938 ein Stück weit wieder
aufleben lassen wolle, so die Menschenrechtsorganisation. Nach der
Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1938 seien Juden in
Wien aus dem Gemeindebau ausgeschlossen worden, jetzt fordere die
Wiener FPÖ in Aussendungen ein Ende des Zugangs von Muslimen zum
Gemeindebau, zeigt sich SOS Mitmensch entsetzt.
Zwtl.: Erinnert an Geist der Nazizeit
„Die Forderung der Wiener FPÖ nach Ausschluss von Muslimen vom
Gemeindebau erinnert an den Geist und die verbrecherischen Auswüchse
der Nazizeit, bevor es zur systematischen Ermordung der Jüdinnen und
Juden kam. Wir übermitteln deshalb der Staatsanwaltschaft eine
umfangreiche Sachverhaltsdarstellung. Neben dem Verdacht der
Verhetzung, steht auch der Verdacht im Raum, dass die FPÖ teilweise
die rassistischen Gesetze der Nazizeit wiederaufleben lassen will“,
erklärt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.
Zwtl.: Erschütterndes Beispiel Karl-Marx-Hof
Besonders erschütternd sei, dass die FPÖ Wien als Beispiel für die
„Notwendigkeit“ des Ausschlusses von Muslimen vom Gemeindebau den
Karl-Marx-Hof in Wien Döbling nennt. An eben diesem Karl-Marx-Hof
hänge heute eine Gedenktafel, die an den Ausschluss und die
Vertreibung von Juden aus diesem Gemeindebau durch die Nazis nach
1938 erinnere, so Pollak.
Zwtl.: Recherche über Nazi-Wohnungspolitik
Pollak verweist auf die Recherche „Kündigungsgrund Nichtarier“ von
Herbert Exenberger, Johann Koß und Brigitte Ungar-Klein zu den
Auswirkungen der Machtübernahme der Nazis auf die Wohnungspolitik in
Wien. Juden sei ab dem Jahr 1938 nicht nur der Zugang zum Gemeindebau
verwehrt worden, es wurden darüber hinaus über 2.000
Kündigungsverfahren gegen bestehende jüdische Mieterinnen und Mieter
in Gemeindebauten eingeleitet.
Zwtl.: Dunkles Kapitel wieder aufleben lassen
Die FPÖ will dieses dunkle Kapitel der österreichischen
Geschichte, an das Gedenktafeln an zahlreichen Gemeindebauten
erinnern, heute nun teilweise wieder aufleben lassen. Sie fordert in
Aussendungen vom 13. und 14. November 2018 den Ausschluss von
Muslimen vom weiteren Zugang zum Gemeindebau. Konkret schreibt die
FPÖ Wien in einer Aussendung am 13. November 2018: „FPÖ-Döbling
fordert: Keine weiteren muslimischen Migranten in Döblings
Gemeindebauten!“. In der gleichen Aussendung wird der Wiener
FPÖ-Landtagsabgeordnete Michael Eischer mit den Worten zitiert: „Die
Beschwerden österreichischer Gemeindebaubewohner über Probleme mit
muslimischen Nachbarn, von denen ein nicht unerheblicher Teil
fundamentalen Werten folgen, häufen sich. Die SPÖ ist gefordert,
dieser Entwicklung endlich einen Riegel vorzuschieben!“. Der
Döblinger FPÖ-Klubobmann Klemens Resch wird mit den Worten zitiert:
„Nun versucht man Wähler anzusiedeln, indem man Gemeindewohnungen
bevorzugt an muslimische Migranten vergibt. Das einzig verbliebene
Wählerklientel der SPÖ. Die FPÖ-Döbling wird sich weiterhin um die
Döblinger kümmern und nimmt sich jenen Problemen an, welche
muslimische Migranten in die Siedlungen gebracht haben.“ Eischer und
Resch werden darüber hinaus mit den Worten zitiert: „Die Devise muss
lauten: Keine weiteren muslimischen Migranten in Döblings
Gemeindebauten!“. Am Tag darauf, am 14. November 2018, wird der
ressortlose Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp in einer
Aussendung der FPÖ Wien mit folgenden Worten zitiert: „Die
Stadtregierung muss unverzüglich damit aufhören, muslimische
Migranten mit Gemeindewohnungen zu versorgen, in der Hoffnung, dass
diese sich mit ihrer Wählerstimme bedanken, sobald sie in Wien dazu
berechtigt sind.“
Zwtl.: Teilbereich der Rassengesetze
SOS Mitmensch verurteilt die Forderungen der FPÖ Wien sowie der
FPÖ-Politiker Michael Eischer, Klemens Resch und Dominik Nepp scharf.
Diese seien zutiefst herabwürdigend und verhetzend gegenüber
Musliminnen und Muslime. Darüber hinaus würde die Forderung nach
Ausschluss von Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit aus dem
Gemeindebau einem Teilbereich der Rassengesetze und rassistischen
Politik der Nationalsozialisten entsprechen, so SOS Mitmensch in der
Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft.
Zwtl.: Was „Ariern“ nicht zugemutet werden kann
SOS Mitmensch verweist darauf, dass die Nazis ihre rassistische
Wohnpolitik damit rechtfertigten, dass es „weder ‚arischen‘
Vermietern noch ‚arischen‘ Mitbewohnern eines Hauses zugemutet werden
könne, noch länger gemeinsam mit jüdischen Mietern unter einem Dach
zu wohnen“, so ein Auszug aus der „Kleinen Volkszeitung“ vom 8.
August 1938. Die FPÖ Wien versucht ihre Forderung nach generellem
Ausschluss von Muslimen vom weiteren Zugang zum Gemeindebau mit
„Problemen mit muslimischen Nachbarn“ und „Beschwerden
österreichischer Gemeindebaubewohner“ zu rechtfertigen.
Zwtl.: Rechtsgutachten zu Verbotsgesetz
SOS Mitmensch verweist auf ein Rechtsgutachten von Prof. Heinz
Mayer aus dem Jahr 2005, wo dieser in Bezug auf die österreichische
Spruchpraxis zum Verbotsgesetz festhält, dass der Oberste Gerichtshof
eine Handlung dann als Wiederbetätigung auffasst, wenn diese in
propagandistisch vorteilhafter Art „einzelne für den
Nationalsozialismus typische Ideen zum Ausdruck bringt“. Nach
Auffassung des Oberste Gerichtshofs sei es dazu „nicht erforderlich,
dass die Ideologie des Nationalsozialismus in ihrer Gesamtheit bejaht
wird“. Die Forderung nach Ausschluss von Menschen einer bestimmten
Religionszugehörigkeit vom kommunalen Wohnbau sei eine für den
Nationalsozialismus typische Idee, so SOS Mitmensch-Sprecher
Alexander Pollak mit Verweis auf die die Rechercheergebnisse von
Herbert Exenberger, Johann Koß und Brigitte Ungar-Klein über die
Wohnungspolitik der Nazis in Wien und die Ausführungen der
Historikerin Susanne Kowarc in einer Schrift für das Bezirksmuseum
Alsergrund.
Zwtl.: Wehret den Anfängen!
„Dass eine für den Nationalsozialismus typische Idee von der FPÖ
Wien gleich in zwei schriftlichen Aussendungen mit Zitaten von drei
Personen, darunter dem ressortlosen Vizebürgermeister Dominik Nepp,
als Forderung erhoben wird, zeigt, dass hier von Seiten der FPÖ
gezielt vorgegangen wird. Das Motto aller demokratisch gesinnten
Menschen muss lauten: Wehret den Anfängen“, betont Pollak und hofft
auf eine rasche Überprüfung der Verdachtslage durch die
Staatsanwaltschaft.
Bilder und Verweislinks finden Sie [HIER]
(https://www2.sosmitmensch.at/fp-wien-fordert-teilweise-wiederauflebe
n-von-1938)
SOS Mitmensch, Zollergasse 15/2, 1070 Wien
Alexander Pollak
0664 512 09 25
apo@sosmitmensch.at
www.sosmitmensch.at
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