30. Wiener Landtag (10)

Novelle des Wiener Tierhaltegesetzes

Wien (OTS/RK) – LAbg Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ) kritisierte die
vorliegende Gesetzesänderung auf mehreren Ebenen. Nicht jedes Unglück
lasse sich mit durch Gesetze verhindern, „Messerstechereien waren
immer schon verboten und passieren trotzdem“. Die zuständige
Stadträtin Mag.a Ulli Sima (SPÖ) habe sich mit der Novelle „maßlos
verrannt“, die strengen Auflagen und verpflichtenden Prüfungen seien
eine „extreme Last für die zehntausenden gesetzestreuen Hundehalter
in Wien“, ohne dass mit der Novelle ansatzweise garantiert sei,
solche tragischen Ereignisse künftig verhindern zu können. Er stellte
weiters die Frage der Verhältnismäßigkeit in den Raum: Das Lenken von
E-Scootern und Fahrrad setze auch keinen Sachkunde-Nachweis voraus,
obwohl auch im Straßenverkehr Gefährdungspotential herrsche. Aus
juristischer Sicht sei der Gesetzestext „unsauber, handwerklich und
terminologisch hingeschludert“ und in vielen Punkten aus seiner Sicht
sogar verfassungswidrig. Vollzogen werden müssten die Kontrollen von
der Polizei. Ein Landesgesetz, das von Bundesbehörden zu vollziehen
ist, brauche die Zustimmung der Bundesregierung, sagte Aigner.
Außerdem ermächtige die Novelle private Hundetrainer, HalterInnen
Auflagen wie die Wiederholung von Hundeführschein-Prüfungen zu
erteilen. Das sei aus zwei Grünen problematisch: erstens seien die
HundetrainerInnen als UnternehmerInnen daran interessiert, durch
wiederholte Prüfungen mehr Einnahmen zu lukrieren; zweitens dürften
nur Behörden derartige Bescheide und Auflagen erteilen, keine
Privatpersonen. Kritisch sah er auch die – wie er sie nannte –
„Einschläferungsautomatik“, wonach jeder Hund nach einem Bissvorfall
ex-lege ausnahmslos eingeschläfert werden müsse. Hier brauche es
dringend eine Einzelfall-Prüfung. Das dieser Passus jetzt im roten
Abänderungsantrag „repariert“ worden sei, zeuge davon, wie wenig
durchdacht der ursprüngliche Gesetzestext formuliert war.

LAbg Mag.a Nina Abrahamczik (SPÖ) widersprach den Freiheitlichen,
die nach dem tödlichen Angriff eines Listenhundes auf ein Kind im
September „keinen akuten Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung“
gesehen hätten. Die vielen E-Mails besorgter Eltern und sogar die
Einladung der FPÖ-Ministerin zu einem runden Tisch sprächen eine
andere Sprache. „Natürlich erwarten sich die Wienerinnen und Wiener,
dass wir als Politik jetzt rasch konkrete Schritte setzen.“ Sie
erinnerte an die Volksbefragung aus dem Jahr 2010, bei der sich knapp
90 Prozent aller befragten WienerInnen für einen Listenhunde-Index
und strengere Auflagen für deren HalterInnen ausgesprochen haben.
Seit Einführung des Hundeführscheins seien die Bisse durch
Listenhunde zurückgegangen, wenngleich diese immer noch die Statistik
anführten. Der Hundeführschein „ist ja dem Halter gegenüber nicht
böse gemeint“ – im Gegenteil: In dem vierstündigen Kurs lernen
HundehalterInnen, ihr Tier besser einzuschätzen und den
verantwortungsvollen Umgang mit dem Hund in der Großstadt. Diese
Sachkunde verhindere letztlich auch Tierleid. Maulkörbe seien dem
Tier zuzumuten und reine Gewöhnungssache.

StRin Mag.a Ulli Sima (SPÖ) sagte: Nach dem tragischen Tod eines
Kleinkindes durch die Attacke eines Listenhundes sei es ihre
politische Verantwortung, jetzt rasch „effektive und effiziente
Gegenmaßnahmen“ zu setzen. Die Menschen in dieser Stadt würden sich
das auch zu Recht erwarten. Die FPÖ hingegen wolle die
Alkoholisierung von KampfhundehalterInnen salonfähig machen: „Nein,
es ist nicht okay, nach zwei Vierteln beim Heurigen noch mit dem
Kampfhund rauszugehen.“ Zudem seien die Freiheitlichen „immer für
mehr Strafen in allen Bereichen“, bloß beim Tierhaltegesetz nicht. In
Bezug auf den Gesetzes-Vollzug meinte Sima, die Zusammenarbeit mit
der Polizei funktioniere hervorragend, die Beamten wünschten sich
selbst strengere Regeln.

Abstimmungen: Die drei Anträge der FPÖ auf Absetzung, Vertagung
und Zurückstellung in den Ausschuss wurden abgelehnt. Zudem verlangte
die FPÖ eine namentliche Abstimmung über die Novelle. Diese wurde mit
53 Ja- zu 46-Nein-Stimmen in erster Lesung beschlossen. Damit ein
Gesetz gültig wird, bedarf es einer zweiten Lesung und Abstimmung.
Für das sofortige Abhalten der zweiten Lesung gab es nicht die
notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Die zweite Lesung findet in der
nächsten ordentlichen Sitzung des Landtages statt.

(Forts.) esl/ato

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