30. Wiener Landtag (3)

Aktuelle Stunde zum Thema „Leistbares Wohnen: mehr Gerechtigkeit, mehr Wohnungen, mehr Eigentum im geförderten Wohnbau in Wien!“, eingebracht von der ÖVP

Wien (OTS/RK) – LAbg Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) sagte: Wiens
internationales Renommee auf dem Feld des sozialen Wohnbaus sei
Beweis guter Politik und eines „differenzierten und durchdachten
Systems“. Wiens hoher Anteil geförderter Wohnungen und
Gemeindewohnungen am gesamten Wohnungsmarkt sei beispiellos. In kaum
einer anderen Stadt müssten MieterInnen weniger aus ihrem
Nettoeinkommen für das Wohnen aufwenden. Die Stadt investiere
jährlich 260 Millionen Euro in die Förderung von Wohnungs-Neubauten
und jährlich 160 Millionen Euro in die Förderung von Sanierungen. Das
Bekenntnis zu dieser Wohnpolitik, auch in schwierigen Zeiten, mache
sich für Wien jetzt bezahlt: Im Gegensatz zu deutschen Großstädten
sei man nicht dem „Privatisierungswahn“ verfallen. Zahlreiche
deutsche Städte hätten damals ihre Wohnungen „ausverkauft“ und
schickten jetzt Delegationen nach Wien, um sich das erfolgreiche
Wiener System abzuschauen.

LAbg Thomas Weber (NEOS) nannte zwei Faktoren, die Wohnen leistbar
machten: Erstens ein größeres Angebot; zweitens niedrigere Baukosten.
Die neue Bauordnung hätte leider zahlreiche Chancen ausgelassen,
dämpfend auf die Baukosten zu wirken. So hätte sich Weber einen
Wegfall der Stellplatzverpflichtung gewünscht – das Bauen von
PKW-Parkplätzen sei enormer Kostentreiber. Auch eine geringere
Mindestgröße von Wohnungen als die vorgesehenen 30 Quadratmeter und
ein Wegfall der verpflichtenden Trennung von Bad und WC hätten
Baukosten senken können. Zuletzt wünschte sich Weber eine
„zeitgemäße“ Auslegung der Widmung „gemischtes Baugebiet“ – hier
liege „enormes Potential“, leerstehende Büro- und Betriebsflächen für
Wohnzwecke zu nutzen.

LAbg Dipl.-Ing.in Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) bemängelte, dass
die Opposition beim Erstellen der neuen Bauordnung „nur alibihalber“
einbezogen worden sei. Was in der Bauordnung als
„Verfahrensbeschleunigung“ bezeichnet werde, sei tatsächlich ein
massives Beschneiden von Kompetenzen der Bezirke. Es sei bezeichnend,
dass sich gegen dieses Vorhaben auch rote und grüne Bezirke gewehrt
hätten. Die Idee hinter der neuen Widmungskategorie „geförderter
Wohnbau“ sei zwar prinzipiell sinnvoll, in dieser Ausgestaltung,
nämlich als „Zwang“ für Bauträger, sei eine „Kampfansage“ an
ebendiese.

LAbg David Ellensohn (Grüne) erinnerte daran, dass mehr als eine
Million WienerInnen im Gemeindebau oder in gemeinnützigen Wohnungen
leben. Anders als die schwarz-blaue Bundesregierung, die nach der
Jahrtausendwende die BUWOG-Wohnungen „verscherbelt“ habe, achte Wien
auf den Erhalt seiner kommunalen Wohnungen. Ein junger Trend sei es
für Bauträger, ihren Status als Gemeinnützige aufzugeben, um dann
ihre Wohnungen teuer verkaufen zu können. In ganz Österreich seien
„mehrere 10.000 Wohnungen davon bedroht“. Wien kämpfe gegen diesen
Trend. Ein Problem sei nach wie vor das bestehende Mietrechtsgesetz,
das aber auf Bundesebene geändert werden müsse. Hier habe Wien keinen
Einfluss.

LAbg Michael Niegl (FPÖ) sagte: Zum Zeitpunkt des Antritts von Dr.
Michael Ludwig (SPÖ) als Wohnbaustadtrat seien noch 75 Prozent aller
neu gebauten Wohnungen von der Stadt gefördert worden. Heute seien es
nur mehr 25 Prozent. Zudem sei die Wohnbauförderung seit dem Jahr
2010 „sukzessive gekürzt worden“ – bis zum Jahr 2020 um insgesamt 500
Millionen Euro. Rot-Grün hätte jahrelang Zeit gehabt, die
Voraussetzungen für leistbares Wohnen zu schaffen, passiert sei aber
wenig. Die neue Bauordnung werde dazu nichts beitragen: Die „vielen
falschen Maßnahmen“ darin würden die angekündigten 9.000 neuen
Wohnungen pro Jahr unmöglich machen. 57 Prozent der
Gemeindebau-BewohnerInnen hätten keine österreichische
Staatsbürgerschaft oder Migrationshintergrund. Einmal mehr forderten
die Freiheitlichen einen „Staatsbürgerbonus“ bei der Vergabe von
Gemeindewohnungen.

LAbg Georg Niedermühlbichler (SPÖ) erinnerte seinen freiheitlichen
Vorredner daran, dass die Öffnung von Gemeindebauten für
Drittstaatsangehörige vom damaligen FPÖ-Minister Dieter Böhmdorfer
beschlossen wurde. Dann richtete sich Niedermühlbichler an die ÖVP:
Diese verhindere auf Bundesebene „seit Jahren ein faires Mietrecht“
und verweigere sich den Vorschlägen der SPÖ. Die schwarz-blaue
Bundesregierung diene sich der Immobilienwirtschaft an. Während die
Grunderwerbssteuer für große Bauträger künftig entfallen solle,
müssten „kleine Häuslbauer“ diese weiterhin bezahlen. Die ÖVP solle
sich auch nicht so sehr aufs Wohnungseigentum als Absicherung im
Alter kaprizieren – mit dem Abschaffen der Notstandshilfe greife der
Staat künftig nämlich genau auf dieses Eigentum zu.

Zwtl.: Bauordnungsnovelle 2018

LAbg Thomas Weber (NEOS) erinnerte daran, dass die Urfassung der
Wiener Bauordnung aus dem Jahr 1929 stamme. Im Laufe von „knapp 100
Jahren und 60 Novellierungen“ habe es daran „keine wesentlichen
Änderungen“ gegeben. Anstatt das Gesetz erneut zu novellieren, hätte
Weber lieber eine komplett neue Bauordnung gesehen. Er wiederholte
seine Argumente aus der Aktuellen Stunde, wonach die Novelle
Maßnahmen ausgelassen habe, um die Baukosten zu senken. Mittels
Antrags forderte er den Wegfall der Stellplatzverpflichtung. Unter
dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung leide vor allem das
Mitspracherecht der Bevölkerung. Der Wegfall mündlicher
Bauverhandlungen sei hier besonders zu beklagen – diese seien „erster
Ort des Dialoges“, wo Gedanken ausgetauscht und Bedenken ausgeräumt
werden könnten. Ähnlich kritisch sah er die Regelung der
Kurzzeitvermietung von Wohnungen für touristische Zwecke. Es sei
fraglich, ob diese „Airbnb-Regelung“ überhaupt rechtlich halten
werde. Besser wäre es gewesen, die Kurzzeitvermietung rechtlich mit
der Hotellerie gleichzustellen, inklusive aller Verpflichtungen wie
dem Abführen der Ortstaxe. Dass der Gemeinderat im Zuge der
Bauordnungsnovelle nun eine Planungsgrundlage beschließen solle, die
das Schaffen geförderten Wohnbaus zum Inhalt habe, sei zu begrüßen.
In dieser Form sei diese Grundlage aber nicht rechtsverbindlich und
müsste stattdessen in der Bauordnung direkt verankert sein. Dazu
brachte er einen Antrag ein. Sollten künftig verpflichtend zwei
Drittel aller neuen Wohnungen als geförderte Variante gebaut werden,
brauche es dazu die entsprechenden Fördermittel. Sollte die Stadt
diese nicht aufstocken, kalkulierte Weber mit einem
„Finanzierungslücke“ von 43 Millionen Euro über die nächsten vier
Jahre.

LAbg Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) nannte die neue Bauordnung
„eigentumsfeindlich und dirigistisch“. Die Maßnahmen mit dem Ziel,
mehr leistbares Wohnen zu schaffen, „schießen über das Ziel hinaus“,
kritisierte er. Es hätten auch „gelindere Mittel“ gereicht, um die
Mietpreisentwicklung zu dämpfen. Immerhin verfüge die Stadt über ein
„unglaubliches Reservoir an Flächen und Bauland“. Durch das
Nachverdichten bestehender Gemeindebauten ließen sich noch einmal
130.000 Wohnungen errichten, wiederholte Ulm seine Anregung aus der
Aktuellen Stunde. Er vermisste die „rechtliche Garantie“, dass eine
rückwirkende Umwidmung auf geförderten Wohnbau nicht möglich sei. Um
eine „stille Enteignung“ zu verhindern, hätte es diese Absicherung in
der Bauordnung gebraucht. Er zählte eine ganze Reihe von Bestimmungen
in der Novelle auf, die von Bezirken aller Couleurs kritisiert worden
seien. Bezirke würden in ihren Kompetenzen beschnitten, aus einem
grünen Bezirk fiel sogar die Formulierung des „Anschlags auf die
partizipative Politik“. Ulm selbst brachte mehrere Anträge zur
Bauordnung ein, die sich mit folgenden Inhalten befassten:
Verankerung des Bekenntnisses zum Schutz des UNESCO-Welterbes in der
Bauordnung; transparentere Berechnungsmethoden bei städtebaulichen
Verträgen; Erhalt der Kompetenzen der Bezirke; Nachverdichtung von
Gemeindebauten; Mobilisierung baureifer Grundstücke durch die Stadt.
(Forts.) esl/lit

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