Nationalrat erörtert Gleichbehandlungsfragen für Menschen mitBehinderung

Opposition sieht Verbesserungsbedarf bei Inklusionsmaßnahmen

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung der heutigen Nationalratssitzung
stand auch der Tätigkeitsbericht des Behindertenanwalts Hansjörg
Hofer für das Jahr 2017. Daraus geht hervor, dass sich im vergangenen
Jahr insgesamt 622 Menschen mit Behinderung, deren Angehörige,
Selbsthilfegruppen oder Interessensvertretungen an die
Behindertenanwaltschaft gewendet haben. Vor allem die Themen Bildung,
Arbeit und Wohnen kristallisierten sich aus dem breiten Spektrum an
Sachverhalten als Schwerpunkte heraus, wobei etwa Diskriminierungen
am Arbeitsplatz und fehlende Strukturen zur schulischen Integration
beklagt wurden. Auch der mangelnde Zugang zu Dienstleistungen der
Versicherungswirtschaft wurde als Problemfeld erkannt. Das Plenum
nahm den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen
mit Behinderung einstimmig zur Kenntnis.

Anerkennung für Arbeit und Engagement der Behindertenanwaltschaft

Der Bericht trage zur Bewusstseinsbildung über Menschen mit
Behinderungen bei und schwäche Hemmschwellen, merkte Sandra
Wassermann (FPÖ) an, die den Bereich Inklusion als ihr
„Herzensanliegen“ bezeichnete. Sie strich hervor, dass 50% der
Anliegen, die an die Behindertenanwaltschaft gerichtet werden, in
Zusammenhang mit barrierefreiem Wohnen stehen. Die
Inklusionsmaßnahmen würden nicht nur den Menschen mit Behinderung
nutzen, sondern allen, denn die „Vielfalt der Menschen ist eine
Bereicherung unserer gesamten Gesellschaft“, meinte Wassermann.

Auch ÖVP-Mandatarin Barbara Krenn unterstrich, dass im Bereich
Inklusion mit tatkräftiger Unterstützung aller Seiten schon viel
erreicht worden sei. Diese parteiübergreifende Zusammenarbeit erachte
sie als „großartig“. Dabei dankte sie auch der
ÖVP-Behindertensprecherin Kira Grünberg, die sich „seit einem Jahr
unermüdlich für die Menschen mit Behinderungen einsetzt“, sagte ihre
Fraktionskollegin. Die restlichen Abgeordneten bat sie, mit offenen
Augen durchs Leben zu gehen und auf die speziellen Bedürfnisse von
Menschen mit Behinderungen mehr einzugehen. Denn oft seien es nur
Kleinigkeiten, die das Arbeitsleben und den Alltag für diese Menschen
erschweren, so Krenn.

Verena Nussbaum (SPÖ) appellierte an die Regierung, sich für das
Thema Inklusion Anregungen von den ExpertInnen der
Behindertenanwaltschaft zu holen. Statt in den Ausbau von
Sonderschulen sollten die Ressourcen ihrer Ansicht nach in inklusive
Bildung in Schulen investiert werden. Außerdem sollte man in
facheinschlägigen Studienrichtungen wie Bauingenieurwesen das Fach
Barrierefreiheit einführen. Auch erachtete sie einen Inklusionsfonds
nach Vorbild des Pflegefonds als wünschenswert, dessen Vergabe nach
bundesweit einheitlichen Kriterien erfolgen sollte.

Anträge von SPÖ und NEOS abgelehnt

Für eine Verbesserung der Arbeitssituation von Menschen mit
Behinderungen setzte sich auch ihre Fraktionskollegin Birgit Sandler
ein, denn „Menschen mit Behinderungen gehören in die Mitte der
Gesellschaft und nicht an den Rand“, sagte die
SPÖ-Behindertensprecherin. In einem Entschließungsantrag forderte die
SPÖ, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit
Behinderungen erst nach längerer Erprobungsphase erfolgt und dass
jene 24.000 Menschen mit Behinderungen, die in Tagesstrukturen tätig
sind, in die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung einbezogen
werden. Außerdem wurde eine einheitliche Förderung der persönlichen
Assistenz aus Bundesmitteln sowie ein neues Anreizsystem für
Unternehmen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen
verlangt. Der Antrag für eine Regierungsvorlage mit entsprechender
Maßnahmensetzung wurde schließlich abgelehnt.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker merkte zu den Ergebnissen des
Tätigkeitsberichts an, dass die Maßnahme über eine bundesweit
einheitliche Regelung der persönlichen Assistenz in allen
Lebensbereichen unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen im
Nationalen Aktionsplan noch nicht ausreichend umgesetzt sei. In einem
Entschließungsantrag forderten die NEOS daher die Erstellung eines
Konzepts für die Ausarbeitung einer solchen einheitliche Regelung
unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. Der Antrag wurde
abgelehnt.

Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) hätte sowohl den NEOS- als auch
den SPÖ-Antrag als besonders unterstützenswert erachtet. Es brauche
unbedingt bundesweit einheitliche Regelungen, damit man die
UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen und leben könne. Als
besonders wichtige Maßnahmen erachtete sie eine inklusive
Kinderbetreuung, ein Anreizsystem für Unternehmen sowie den Anspruch
auf Eigenpension für Menschen mit Behinderungen. Allgemein
befürwortete sie es, beim wichtigen Thema Inklusion
parteiübergreifend an einem Strang zu ziehen. In die Diskussion
sollte man Behindertenvereine schon im Vorfeld einbinden, so die
Sozialsprecherin von JETZT.

Hartinger-Klein will Inklusionsmaßnahmen nachhaltig weiterentwickeln

Alle RednerInnen und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein bedankten
sich für die Arbeit und das Engagement des Behindertenanwalts
Hansjörg Hofer und seines Teams. Hartinger-Klein sagte, das Thema
Inklusion sei ihr ein besonders großes Anliegen, weshalb sie erst
kürzlich intensive Gespräche mit Stakeholdern geführt sowie in
Zusammenarbeit mit Behindertenvertretern Best-Practice-Beispiele für
eine nachhaltige Weiterentwicklung erörtert habe. Im Jahr 2019 sollen
bis zu 250 Mio. € für Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden,
inklusive Unterstützungsleistungen an das AMS. Vom „Nationalen
Aktionsplan Behinderung 2012-2020″ habe man bereits jetzt 60% der 250
Maßnahmen umgesetzt, 30% befänden sich in Umsetzung, sagte die
Ministerin. Mit der im Regierungsprogramm vorgesehenen Evaluierung
soll im kommenden Jahr begonnen werden. (Fortsetzung Nationalrat) fan

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