TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 25.November 2018 von Wolfgang Sablatnig – „Unternehmen Kanzleramt“

Pamela Rendi-Wagner hat den Parteitag gewonnen. Das viel schwierigere Projekt hat für die SPÖ aber gerade erst begonnen.

Innsbruck (OTS) – Christian Kern fasste beim SPÖ-Parteitag in Wels
die Erwartungen an seine Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner in knappe
Worte: „Du bist eine wandelnde Kampfansage an die. Die können sich
warm anziehen.“
Die SPÖ erwartet von Rendi-Wagner, was sich Kern nicht mehr zugetraut
hat: Im – aus roter Sicht – schlechtesten Fall vier Jahre harte
Oppositionsarbeit und dann, spätestens im Herbst 2022, die
Wiedereroberung des Bundeskanzleramtes.
Die erste Hürde hat sie mit Bravour genommen. 97,8 Prozent
Zustimmung, das ist zwar nur knapp am Rekord, aber ein Sieg
angesichts des überaus holprigen Starts in das Unternehmen Vorsitz.
Die Genossinnen und Genossen haben freilich gewusst, dass ihnen keine
andere Wahl bleibt und die Partei schnell Tritt fassen muss, wollen
sie Sebastian Kurz in den Umfragen und Beliebtheitswerten nicht
enteilen lassen.
Die eigentliche Herausforderung wartet aber jetzt, mit der
türkis-blauen Regierung als professionellem Gegner, der weiß, wann
und welche Botschaften er platzieren muss, um die Opposition in
Verlegenheit zu bringen, siehe Kopftuchverbot. Vor allem aber mit
einem Bundeskanzler, der zwar dem rechten Partner immer wieder
nachgibt, dann aber liberale Signale entgegensetzt.
Hier muss Rendi-Wagner ihren Weg finden. Mit der sozialen Karte setzt
sie dabei auf eine für die SPÖ sichere Bank. Sie wird aber auch an
einer nachvollziehbaren Positionierung in der Migrationsfrage nicht
vorbeikommen. Denn es mag nur ein Detail sein: Am Parteitag, bei der
Wahl in den Parteivorstand, fuhr ausgerechnet Hans Peter Doskozil das
schlechteste Ergebnis ein. In der Bevölkerung aber, in einer
Meinungsumfrage für den Vertrauensindex, hat er die anderen
SPÖ-Granden zuletzt noch abgehängt.

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