44. Wiener Gemeinderat (20)

Spezialdebatte GGr. Kultur und Wissenschaft

Wien (OTS/RK) – GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) widersprach ihrem
Vorredner, NEOS-Gemeinderat Stefan Gara. Wien sei eine
Wissenschaftsstadt mit ausgezeichnetem Ruf. Bildung, Wissenschaft und
Kultur seien wesentliche Ressourcen für die Stadt. Für den Erfolg als
Wissenschaftsstadt sei auch das Umfeld wichtig: Von den Lokalen für
StudentInnen, den Kindergärten für Kinder berufstätiger ForscherInnen
bis hin zu den Öffis. In Österreich sei die Freiheit der Wissenschaft
und Forschung seit 1867 festgeschrieben. Im Nachbarland Ungarn ortete
sie bei der Freiheit für die Wissenschaft Rückschritte. Durch die
feindselige Haltung der ungarischen Regierung und antisemitische
Angriffe auf den Universitätsgründer George Soros werde die Central
European University (CEU) das Land verlassen und nach Wien
übersiedeln. Sie warf der Bundesregierung vor, bei antisemitischen
Anfeindungen gegenüber Soros wegzuschauen und forderte klare Worte,
wenn demokratiepolitische Grenzen überschritten werden. Wien stehe
für eine offene Gesellschaft.

GRin Mag.a Ulrike Nittmann (FPÖ) konterte ihrer unmittelbaren
Vorrednerin: Die Freiheit der Forschung und der Lehre stehe in der
Tradition der Revolution von 1848, Antisemitismus gehe heutzutage vom
politischen Islam aus. Nittmann lobte die Arbeit der
Kulturstadträtin: Während ihr Vorgänger Mailath-Pokorny „mehr
verwaltet als gestaltet“ hätte, habe Mag.a Veronica Kaup-Hasler (SPÖ)
schon gleich nach ihrem Antritt als neue Ressort-Chefin gehandelt.
Als Beispiele dafür nannte sie die neue Intendanz für die Festwochen
oder die Neuausrichtung des Volkstheaters. Nittmann erhoffte sich
eine „Demokratisierung der Kunst“, „subventioniertes Theater muss
auch die Vorlieben des Publikums beachten“. Sie forderte Neuerungen
bei den Subventionen: Geld dürfe nicht im „Förderungs-Dschungel
versickern“, sondern müsste bei den Kulturschaffenden ankommen.
Außerdem forderte Nittmann, dass der Gemeinderat Auskunft über
abgewiesene Subventionsanträge bekommen solle. Die
Subventionsrichtlinien der Stadt müssten überarbeitet werden:
AntragstellerInnen müssten offenlegen, welche anderen Förderungen sie
noch erhalten. Sie brachte dazu Anträge ein. Abschließend forderte
Nittmann die Kulturstadträtin auf, Musikschulen mehr zu unterstützen.
Musik sei „Brückenbauer zwischen den Kulturen“, Musikschulen seien
wichtig für den Nachwuchs der großen Orchester und damit für die
Musikstadt Wien. Jeder Bezirk sollte eine Musikschule haben – auch
dazu brachte sie einen Antrag ein.

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) sagte, Wien sei die Kulturhauptstadt
Europas. Er strich die Arbeit des Stadt- und Landesarchivs hervor,
das mit dem „Wien Geschichte Wiki“ an der Speerspitze stehe. Die
Digitalisierung historischer Bestände der Stadt sei wichtig für die
Erinnerung und Forschung. Mit diesen Materialien könnte ein reales
Bild davon gezeichnet werden, was sich in den guten Zeiten und in den
dunklen Zeiten in der Stadt abgespielt hat. Nach dem Gedenkjahr 1918
zu 100 Jahren Republik stehe 2019 das nächste Jubiläumsjahr an: 100
Jahre Rotes Wien. Dazu seien bereits mehr als 4.000 Fotos
digitalisiert, kategorisiert und aufbereitet worden. Als nächstes
würde das NS-Archiv der Wochenschau von 1934 bis 1944 online
freigeschalten werden. Das zeige, wie Propaganda und Verhetzung
damals funktioniert hätte. Das historische Material helfe, Lehren
daraus zu ziehen, wie heute Hass im Netz bekämpft werden könne.

GR Stefan Berger (FPÖ) kritisierte das Kulturbudget der
Stadträtin. Es sei eine Fortschreibung des alten Budgets, eine
persönliche Handschrift sei nicht erkennbar. Er forderte, die
„unsägliche“ Finanzierung von Parteiveranstaltungen abzustellen – und
nannte als Beispiel das Donauinselfest. Er griff die Forderung seiner
Parteikollegin Nittmann auf und machte sich ebenfalls für den Ausbau
der Musikschulen in Wien stark. Zwar sei Bildungsstadtrat Jürgen
Czernohorszky (SPÖ) dafür zuständig, Kulturstadträtin Kaup-Hasler
möge sich aber dafür einsetzen, dass die Dotierung der Musikschulen
erhöht werde. Das derzeitige Angebot decke die Nachfrage nicht;
Berger berichtete von bis zu zwei Jahren Wartezeit auf einen
Musikschulplatz.

GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) betonte Wissenschaft und Forschung
seien auch ein Schlüssel zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der
Stadt. Wien sei die größte Uni-Stadt im deutschsprachigen Raum: Mehr
als die Hälfte aller österreichischen Studierenden besuchten eine Uni
in Wien. Nach den Entwicklungen in Ungarn übersiedle die CEU von
Budapest nach Wien. Mit ihr übersiedelten StudentInnen und
SpitzenwissenschaftlerInnen. Bereits jetzt gebe es in Wien 11.300
Planstellen bei der universitären Lehre. Wien bekenne sich zu Kunst
und Kultur; die hohe Lebensqualität und das Kulturangebot spielten
auch eine Rolle bei der Ansiedelung von Unternehmen. Abschließend
strich er die Leistung der Volkshochschulen hervor.

(Forts.) ato/fis

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