Josef Taucher (SPÖ): Wien muss cooler werden – der Klimawandel ist ein globales Problem

Auseinandersetzung mit Klimapolitik ist für Sozialdemokratie genauso wichtig wie jene mit Sozialpolitik

Wien (OTS) – Am Dienstag fand die dritte Diskussionsveranstaltung
der Reihe „Meine Sicht auf Wien“ im Wiener Bildungszentrum der SPÖ
statt. Rund sechzig Minuten lang sprachen der Klubvorsitzende der SPÖ
Wien, Mag. Josef Taucher, und Dr.in Prof.in Helga Kromp-Kolb,
Universitätsprofessorin für Meteorologie an der Universität Wien,
über den fortschreitenden Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die
Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Ein Thema, das aktuell auch bei
der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz intensiv behandelt
wird. Seit 3. Dezember ringen dort knapp 200 Staaten um die
Vereinbarung konkreter Maßnahmen zur Umsetzung des Pariser
Klimaabkommens, das eine Verringerung der globalen Erderwärmung auf
unter 2 Grad vorsieht.

„Die Dramatik ist völlig unbestritten. Der Klimawandel ist in
vielen Regionen dieser Welt eine Frage von Leben und Tod“, stellten
der Klubvorsitzender Josef Taucher und Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb
zu Beginn des Gesprächs fest. Sie teilen damit klar die Ansicht des
UN-Generalsekretärs, Antonio Guterres. Dürrekatastrophen,
Überschwemmungen, der Anstieg des Meeresspiegels oder die
Austrocknung von Seen, die als Lebensgrundlage für Mensch, Tier und
Umwelt dienen, seien das Ergebnis der klimatischen Veränderungen.
„Auch bei uns steigt die Zahl der Hitzetoten dramatisch an“, warnte
Taucher und betonte, dass der Klimawandel ein globales Problem sei.
„Er ist nicht nationalstaatlich abgrenzbar. Man kann nicht einfach
die Grenzen dicht machen. Er trifft uns alle.“

Zwtl.: Fake News: Man kann den Klimawandel nicht leugnen =

Vielmehr sei die Auseinandersetzung mit Klimapolitik gerade auch für
die Sozialdemokratie ein „mindestens genauso dringliches Anliegen wie
jene mit Sozialpolitik vor 100 Jahren“, sagte Josef Taucher. „Vor 100
Jahren hätte ich Otto Bauer zur Diskussion eingeladen, weil damals
die soziale Frage so sehr im Vordergrund stand. Damals waren die
sozialen Bedingungen eine Katastrophe“, so Taucher. Damit wies er
auch auf die Errungenschaften und Entwicklungen in Zentraleuropa im
letzten Jahrhundert hin. „Heute müssen wir, gerade auch in der
Sozialdemokratie, endlich Handlungen setzen, die die Umwelt
einbeziehen. Wir brauchen eine sozialökologische Marktwirtschaft als
Entgegnung auf den globalisierten Turbokapitalismus.“ Wissenschaftler
etwa der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hatten vor einem
Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um bis zu fünf Grad bis
2100 gewarnt, sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Daher
sei unsere Generation die letzte, die den fortschreitenden
Klimawandel zu stoppen vermag. Weiters sei der Klimawandel keine
Glaubensfrage, sondern wissenschaftlich bestätigt. „Wir müssen als
Gesellschaft akzeptieren, dass die Wissenschaft Wissen schafft. Man
kann die Klimaveränderung nicht plump als Fake News abtun“, so
Taucher.

Zwtl.: Geht’s der Erde gut, geht’s uns allen gut =

Für Interesse sorgte insbesondere Tauchers „Scheibentheorie“: „Die
Erde ist unsere Basis, unsere Umwelt steht an erster Stelle. Auf
dieser Basis gründen wir Gesellschaften, in denen Austausch,
Solidarität, das soziale Zusammenleben organisiert ist. Erst dann
entsteht wirtschaftliches Handeln. In den Köpfen der Menschen steht
aber die Wirtschaft an oberster Stelle. Das ist falsch. Denn ohne
Erde gibt es kein Leben und damit auch keine Wirtschaft“, so
SPÖ-Klubvorsitzender und Umweltexperte Josef Taucher. Für ihn sei das
Scheibenmodell die Antwort auf den Neoliberalismus. „Wir können das
Klimaproblem nicht externalisieren. Wir müssen die Kosten in die
wirtschaftliche Produktion einrechnen.“

Von einer Ordnungs- und Verbotspolitik hält Taucher aber nur
wenig. Vielmehr müsse man Geschichten entwickeln, die Menschen
berühren und ein Umdenken bewirken. Er selbst sei in den 70er Jahren
geprägt worden, in einer Zeit, in der die Umweltbelastung für jeden
unmittelbar spürbar war. „Heute scheint die Gefahr von
Umweltverschmutzung weit weg zu sein“, sagte Taucher, der den großen
Aufschrei vermisst. „Wenn wir Klimapolitik auf Ernährungspolitik
aufhängen, erreichen wir mehr. Denn essen müssen wir alle.“ Die
Initiative „Gutes Gewissen – Guter Geschmack“ sei eine von vielen
Maßnahmen der Stadt Wien, die die Auswirkungen des
Lebensmittelkonsums auf Mensch, Umwelt, Gesundheit und Tier in den
Mittelpunkt stellt.

Zwtl.: Solidarität ist Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel =

Generell müsse man wieder Orte der Nähe und des Austausches
schaffen, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. „Die
Politik muss Räume schaffen, in denen Solidarität als Ausdruck des
Wohlstandes erlebt wird. Erst dann kann man das Neoliberale
durchbrechen“. Für Taucher seien Solidarität und das Miteinander
Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel. „‘Höher, schneller und
weiter‘ darf nicht das Maß unseres Handelns und Denkens sein.
Vielmehr geht es darum, die Menschen aus einer Wohlstandsgesellschaft
dazu zu bewegen, das Miteinander in den Vordergrund zu stellen.“ Das
betrifft auch den Umgang mit den natürlichen Ressourcen des Planeten
in der modernen Konsumgesellschaft. Taucher: „Meine Kernbotschaft:
Genuss kommt von Genügsamkeit. Wir leben in einer Zeit, in der wir
glauben, dass wir alles haben müssen. Es gibt keine Grenzen. Genuss
kommt nicht von mehr Konsum, sondern von weniger.“

Zwtl.: Wien muss cooler werden =

„Wien muss cooler werden“, sagte Taucher, der eine klare Vision für
die Stadt hat. „Wir müssen die Stadt auf natürliche Weise kühlen.“
Begrünte Fassaden, Brunnen und Wasserstellen in der Stadt und
Grünräume würden die Stadt natürlich kühlen und „Urban Heat Islands“
(= Hitzeinseln in der Stadt) verringern.

SPÖ Wien Rathausklub
Mag.a Daniela Mantarliewa
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