
Verfassungsausschuss billigt Gehaltsabschluss für den ÖffentlichenDienst
Gehälter steigen um durchschnittlich 2,76%, hohe Politikergehälter werden neuerlich eingefroren
Wien (PK) – Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat den
Gehaltsabschluss für den Öffentlichen Dienst gebilligt. Zwischen
2,51% und 3,45% werden die Gehälter der BeamtInnen und
Vertragsbediensteten des Bundes demnach ab 1. Jänner steigen. Im
Durchschnitt bedeutet das ein Erhöhung um 2,76%. Hohe
Politikergehälter werden hingegen neuerlich eingefroren. Für
Abgeordnete ist ein Plus von 2% vorgesehen, zudem werden die
Spesenregelungen adaptiert und auch den Fraktionsvorsitzenden im
Bundesrat ermöglicht, einen parlamentarischen Mitarbeiter zu
beschäftigen. Die Beschlüsse im Ausschuss fielen teils einstimmig,
teils mehrheitlich.
Neues Gehaltsschema für Schulaufsicht, mehr Einsatzmöglichkeit für
RichteramtsanwärterInnen
Eingebaut ist der Gehaltsabschluss für den Öffentlichen Dienst in
eine umfangreiche Dienstrechts-Novelle ( 352 d.B. ), die wieder
zahlreiche Detailänderungen für BeamtInnen und Vertragsbedienstete
bringt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1331/2018 ). So wird mit
dem Paket etwa der neuen, ab Jänner 2019 geltenden, Behördenstruktur
im Schulbereich, Stichwort Bildungsdirektionen, Rechnung getragen,
wobei der von den Koalitionsparteien eingebrachte Abänderungsantrag
hierzu noch einige Präzisierungen enthält.
Weitere Punkte betreffen eine Flexibilisierung von Telearbeit, die
Ausdehnung der Wiedereingliederungsteilzeit auf BeamtInnen und
beamtetes Lehrpersonal, die Beschleunigung von Aufnahmeverfahren im
Exekutivdienst, der Ausbau von „Fachkarrieren“ und die bessere
Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der ruhegenussfähigen
Gesamtdienstzeit. Außerdem werden einheitliche Bestimmungen für den
Aufbau von Zeitguthaben für Bedienstete mit All-In-Verträge
festgelegt, die Unvereinbarkeitsbestimmungen für RichterInnen
adaptiert und die Einsatzmöglichkeiten für RichteramtsanwärterInnen
ausgeweitet. Mit Mehrkosten durch die neuen Regelungen rechnet die
Regierung nicht, der Gehaltsabschluss schlägt sich laut dem für den
öffentlichen Dienst zuständigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache
im Budget mit 375 Mio. € zu Buche.
Mit dem Gesetzespaket mitverhandelt wurde ein Entschließungsantrag
der NEOS ( 315/A(E) ), der auf eine Angleichung des Dienstrechts
öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor abzielt. Insbesondere
ist es Abgeordnetem Gerald Loacker ein Dorn im Auge, dass es im
öffentlichen Dienst eine bezahlte Mittagspause gibt. Er sieht darin
ein unfaires Privileg auf Kosten der SteuerzahlerInnen.
Ausdrücklich begrüßt wurde der Gehaltsabschluss für den öffentlichen
Dienst von Werner Herbert (FPÖ), Gertraud Salzmann (ÖVP), Angela
Lueger (SPÖ) und Friedrich Ofenauer (ÖVP). Damit bringe man den
öffentlich Bediensteten die angebrachte Wertschätzung und Anerkennung
entgegen, sagte Herbert. Salzmann wies zudem darauf hin, dass etliche
der in der Dienstrechts-Novelle verankerten Maßnahmen wie die
Flexibilisierung der Telearbeit sowie die Berücksichtigung von
Kindererziehungszeiten bei der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit vor
allem auch Frauen zugute kommen, denen damit der Zugang zur
Korridorpension eröffnet wird.
Novelle zum Ausschreibungsgesetz: Koalition sieht Fehlinterpretation
Eine intensive Diskussion entspannte sich im Ausschuss über die in
der Dienstrechts-Novelle ebenfalls enthaltene Adaptierung des
Ausschreibungsgesetzes. Nach Meinung von Alfred Noll (JETZT) wird es
dadurch künftig möglich, politische BeamtInnen ohne Ausschreibung in
der Verwaltung zu installieren. Auch die SPÖ-Abgeordneten Angela
Lueger, Johannes Jarolim und Selma Yildirim sowie NEOS-Abgeordneter
Nikolaus Scherak äußerten ähnliche Bedenken. Man spreche schon von
einer „Günstlingsöffnungsklausel“, sagte etwa Jarolim. Der Passus
widerspricht laut Lueger außerdem dem Versprechen der Regierung, die
Verwaltung schlank zu halten.
FPÖ-Abgeordneter Herbert und Wolfgang Gerstl (ÖVP) hielten dem
entgegen, dass die Bestimmung von der Opposition falsch interpretiert
werde. Es gehe ausschließlich um die Einrichtung eines
Unterstützungsapparats für die ehrenamtlich tätigen ExpertInnen des
beim Bundeskanzleramt angedockten Think-Tanks, versicherte Gerstl.
Für die MitarbeiterInnen dieses Unterstützungsapparats solle, analog
zur schon geltenden Bestimmung für KabinettsmitarbeiterInnen, das
Ausschreibungsgesetz nicht gelten. Laut Opposition ist nach dem
Wortlaut der Bestimmung aber nicht ausgeschlossen, dass damit
x-beliebige Gruppen- und Abteilungsleiter beim Bundeskanzler bzw.
beim Vizekanzler ohne Ausschreibung eingesetzt werden können.
Vizekanzler Strache sagte schließlich zu, diese Frage noch einmal zu
prüfen, auch wenn für ihn die Sachlage klar ist. Gruppenleiter oder
Sektionschefs seien selbstverständlich weiterhin auszuschreiben. Auch
werde es für den Unterstützungsapparat keine neuen Planstellen geben,
unterstrich er. Ziel sei es vielmehr, Leiharbetisverträge zu
vermeiden.
An bezahlter Mittagspause für den öffentlichen Dienst wird nicht
gerüttelt
Für NEOS-Abgeordneten Scherak war das aber nicht der einzige
Kritikpunkt an der Dienstrechts-Novelle. Er erinnerte daran, dass
seine Fraktion gegen die Einrichtung von Bildungsdirektionen in der
beschlossenen Form gewesen sei, und genau das passiert ist, wovor
seine Fraktion gewarnt habe: In vielen Ländern hätten sich die
Landeshauptleute zum Chef der Bildungsdirektion gemacht. Generell
sieht Scherak außerdem nicht ein, warum in der Privatwirtschaft
eingeführte Errungenschaften im öffentlichen Dienst stets
nachvollzogen werden, man sich umgekehrt aber nicht von Privilegien
im öffentlichen Dienst verabschiede.
In diesem Sinn ist Scherak zufolge auch der Antrag der NEOS auf
Abschaffung der bezahlten Mittagspause im öffentlichen Dienst zu
verstehen. Bei den anderen Fraktionen stieß dieser Vorstoß jedoch auf
Unverständnis. Man könne den öffentlichen Dienst mit der
Privatwirtschaft nicht vergleichen, sind sich etwa Herbert und
Ofenauer einig. Schließlich gelte in weiten Teilen des öffentlichen
Dienstes grundsätzlich ein 13-Stunden-Tag. Auch gebe es viele
All-In-Verträge. SPÖ-Abgeordnete Lueger gab in diesem Zusammenhang zu
bedenken, dass es etwa Militär, Polizei oder OP-Personal schwer
möglich wäre, ihren Einsatz mit dem Hinweis zu unterbrechen, dass nun
ihre Mittagspause anstehe.
Strache stellt große Dienstrechtsreform für kommendes Jahr in
Aussicht
Vizekanzler Strache betonte, dass die Gehaltverhandlungen in einem
respektvollen Klima stattgefunden hätten. Der Gehaltsabschluss sei
sozial gestaffelt, niedrige Gehälter würden proportional höher
angehoben. So bekomme etwa ein junger Polizist mit ein paar Jahren
Berufserfahrung um 67,8 € bzw. 3,27% mehr im Monat. Was den Antrag
der NEOS betrifft, meinte Strache, es hindere niemanden daran, in der
Privatwirtschaft Errungenschaften des öffentlichen Dienstes
nachzuvollziehen.
Eine große Dienstrechtsreform stellte Strache für das kommende Jahr
in Aussicht. Er will zuvor aber noch abwarten, wie der Europäische
Gerichtshof (EuGH) die Neuregelung des Vorrückungsstichtags
beurteilt. SPÖ-Abgeordnete Lueger hatte zuvor darauf aufmerksam
gemacht, dass der Generalanwalt auch die reparierten Bestimmungen für
altersdiskriminierend hält. Der EuGH halte sich zwar in 80% der Fälle
an die Empfehlungen des Generalanwalts, es könne aber auch zu einer
anderen Entscheidung kommen, sagte dazu Strache. Sein Ressort bereite
sich jedenfalls vor. Teil der Dienstrechtsreform soll auch eine
bessere Durchlässigkeit des öffentlichen Dienstes, etwa zwischen
Militär, Polizei und Justizwache, sein.
Als eine große Herausforderung sieht Strache die Altersstruktur im
öffentlichen Dienst. In den nächsten 13 Jahren werden fast 50% der
BeamtInnen in Pension gehen, schilderte er. Aus diesem Grund habe er
auch eine Demographiestudie beauftragt. Nun gelte es konkret drohende
Probleme Schritt für Schritt mit den Ressorts abzuarbeiten. Dabei
könne es kurzfristig auch zu einer vorübergehenden Aufstockung des
Personalstands kommen, um Wissenstransfer sicherzustellen, sagte
Strache, insgesamt will er aber am Ziel, das Personal zu verringern,
festhalten.
Von SPÖ-Abgeordneter Selma Yildirim auf Stelleninserate im
„Wochenblick“ und im Magazin „Alles Roger“ angesprochen, meinte
Strache, es sei üblich, manche Stellen zusätzlich zur Jobbörse zu
inserieren, um einen breiteren Personenkreis zu erreichen, wobei der
Fokus auf Tageszeitungen liege. Solange Medien sich an rechtliche
Vorgaben halten, hält er im Sinne der Medien- und Pressefreiheit
Inserate außerdem für legitim, wobei er festhielt, die von Yildirim
angeschnittenen Fälle nicht im Detail bestätigen zu können. Zur
Vereinfachung von Spesenabrechnungen nach der Reisegebührenvorschrift
wird laut Strache derzeit an einer bundesweiten IT-Lösung gearbeitet.
Angenommen wurde die Dienstrechts-Novelle – unter Berücksichtigung
des Abänderungsantrags – schließlich mit den Stimmen der
Koalitionsparteien und der SPÖ. Lediglich der Änderung des
Ausschreibungsgesetzes verweigerten die Sozialdemokraten ihre
Zustimmung. Der Entschließungsantrag der NEOS wurde von allen anderen
Fraktionen abgelehnt.
Neuerlich „Nulllohnrunde“ für Regierungsmitglieder und
Bundespräsident
Einstimmig beschlossen haben die Abgeordneten darüber hinaus eine
Novelle zum Bundesbezügegesetz, mit der unter anderem die
automatische Valorisierung der Politikergehälter im kommenden Jahr
zum Teil ausgesetzt wird. Im Konkreten sind von der neuerlichen
„Nulllohnrunde“ der Bundespräsident, die Regierungsmitglieder, die
StaatssekretärInnen, die NationalratspräsidentInnen, die Klubobleute,
der Rechnungshofpräsident und die drei VolksanwältInnen betroffen.
Für einfache Abgeordnete und BundesrätInnen wird es hingegen wie
vorgesehen ein an der Inflationsrate angelehntes Plus von 2% geben.
Auch die Gehaltsobergrenzen für Landes- und GemeindepolitikerInnen
werden entsprechend valorisiert. Eine Nulllohnrunde für
PolitikerInnen hat es bereits im vergangenen Jahr sowie in den Jahren
nach der Finanzkrise gegeben.
In den allgemeinen Konsens mischte NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak
allerdings auch kritische Töne. Er bezeichnete die Aussetzung der
Valorisierung als „populistische Maßnahme der Extraklasse“, die auf
Bundesebene 20 bis 25 Personen betreffe und rund 130.000 € an
Einsparungen bringe. Wenn es der Regierung wirklich ernst mit dem
immer wieder propagierten Sparen im System sei, dann sollte sie
lieber die Valorisierung der Parteienförderung abschaffen.
Es sei eine gute Regelung, dass man nun die höchste Ebene der Politik
von den Bezugssteigerungen ausnimmt, meinte hingegen Vizekanzler
Heinz-Christian Strache, der den Abgeordneten Dank für deren
„Sparsamkeit“ zollte. Doch „egal, was man in Sachen Politikergehälter
unternimmt, es wird immer von der Bevölkerung kritisiert werden“,
fügte er an.
Mehr Spesenersatz für Mitglieder von U-Ausschüssen und für behinderte
MandatarInnen
Technisch wurde die weitere „Nulllohnrunde“ mittels eines
Abänderungsantrags in einen Fünf-Parteien-Antrag ( 500/A ) eingefügt,
der eine Adaptierung der Spesenregelung für Abgeordnete und
BundesrätInnen zum Inhalt hat. Demnach werden Reisespesen in
Zusammenhang mit Sitzungen von Untersuchungsausschüssen sowie
Anreise- und Nächtigungskosten zu besonderen parlamentarischen
Terminen wie Gedenkveranstaltungen und internationale Konferenzen
künftig nicht mehr unter das geltende Spesenlimit fallen, sondern
gesondert vergütet. Damit wollen die Abgeordneten nicht zuletzt dem
Umstand Rechnung tragen, dass U-Ausschuss-Mitglieder oft mehrmals in
der Woche nach Wien reisen müssen.
Um das Spesensystem ökologisch nachhaltiger zu gestalten, sieht der
Antrag darüber hinaus vor, Abgeordneten und BundesrätInnen aus
Vorarlberg, Tirol und Kärnten die Kosten einer Bahn-Jahreskarte
erster Klasse zu ersetzen, wenn diese die Bahn zumindest sechsmal
jährlich für die An- und Rückreise zu Sitzungen nutzen. Damit will
man Flugkilometer einsparen und Flugspesen reduzieren. Außerdem wird
der Spesendeckel für behinderte MandatarInnen angehoben. Je nach
Ausmaß ihrer Behinderung können sie künftig bis zu 40% mehr Spesen
als ihre nichtbehinderten KollegInnen abrechnen, wobei grundsätzlich
nur tatsächliche Aufwendungen ersetzt werden.
Neu ist außerdem, dass auch die Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat
einen persönlichen Mitarbeiter bzw. eine persönliche Mitarbeiterin
zur Unterstützung ihrer parlamentarischen Tätigkeit beschäftigen
können. Bisher war der Vergütungsanspruch auf Abgeordnete beschränkt,
wobei monatlich maximal rund 4.600 € (inkl. Dienstgeberanteil)
ersetzt werden. Die dafür notwendige Novellierung des
Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes fand
Zustimmung durch die Regierungsparteien und die SPÖ.
Letztere Bestimmung stieß auf Kritik seitens der NEOS, wobei Nikolaus
Scherak die aus seiner Sicht beschränkten Kompetenzen des Bundesrats
ansprach und überdies eine breitere Lösung für die Ressourcen des
Parlaments forderte.
Europawahlen 2019 werfen Schatten voraus
Einstimmig hat der Verfassungsausschuss heute auch einen EU-Beschluss
zu den bevorstehenden Europawahlen ( 384 d.B. ) gebilligt, mit dem
Änderungen am 1976 beschlossenen Akt zur Einführung allgemeiner
unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments
vorgenommen und einige allgemeine Grundsätze für die Wahlen
festgelegt werden. Unter anderem geht es um die Festschreibung des
Verhältniswahlsystems, erlaubte Formen von Stimmabgaben und die
Beschränkung von Einzugshürden. Auf die österreichische
Europawahlordnung und andere innerstaatliche Rechtsnormen hat das
keine Auswirkungen.
Österreich ist derzeit mit 18 Abgeordneten im 751 MandatarInnen
umfassenden Europäischen Parlament vertreten. Künftig werden es
infolge des Brexit 19 von 705 Abgeordneten sein. Wahltermin für die
Europawahlen ist der 23. bis 26. Mai 2019, wobei in Österreich wie
üblich am Sonntag (26. Mai) gewählt werden soll. (Fortsetzung
Verfassungsausschuss) gs/hof
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