EU-Afrika-Forum: „Gerechter Handel statt freier Handel!“

Plattform Anders Handeln fordert eine fundamentale Änderung der EU-Handelspolitik

Wien (OTS) – Heute und morgen findet das EU-Afrika-Forum in Wien
statt. Die Plattform „Anders Handeln“ sieht bei der thematischen
Ausrichtung des Forums das Pferd am Schwanz aufgezäumt: Wird die
bisherige wirtschaftliche Zusammenarbeit ausgebaut, werden sich die
Lebensbedingungen nicht verbessern: Die neoliberalen
Wirtschaftspartnerschaften (bekannt als EPAs) und die WTO-Abkommen
sind ein massiver Angriff auf die lokale Produktion und Wirtschaft
afrikanischer Länder. Diese Abkommen bedienen ausschließlich die
Interessen europäischer und US-amerikanischer Konzerne sowie der
afrikanischen Exportindustrie, die Blumen oder Textilien und Leder in
den Weltmarkt liefert. Die EU-Handelspolitik verhindert seit
Jahrzehnten eine prosperierende Entwicklung der Volkswirtschaften
afrikanischer Staaten.

Die EU ist der Hauptpartner Afrikas bei Handel und Investitionen.
Damit liegen viele mögliche Hebel für Verbesserung in europäischen
Händen: „Nur ein verbindliches Regelwerk wie der geplante UN-Vertrag
über multinationale Konzerne verhindert Armut und Ausbeutung durch
Wirtschaftspolitik. Fehlende Verpflichtungen zum Schutz der Menschen-
und ArbeitnehmerInnenrechte sowie zum Schutz der Umwelt haben
Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung der Rohstoffe und eine
Zerstörung der Umwelt zur Folge“, beschreibt Stefan Grasgruber-Kerl
von Südwind das fehlende Engagement der EU, Handels- und
Wirtschaftspolitik so zu gestalten, dass sie dem Wohlstand der
breiten Bevölkerung dient.

„Fluchtursachen bekämpfen bedeutet Handelsbeziehungen zwischen
Afrika und der EU neu gestalten. Denn die EPAs und die WTO öffnen
durch Zollabbau in erster Linie afrikanische Märkte für ausländische
Konzerne. Das erzeugt einen unfairen Wettbewerb, der lokale
Produktionsstrukturen und Arbeitsplätze in Afrika zerstört.
Wirtschaftliche Entwicklung ist so nicht möglich. Die EPAs und andere
bereits abgeschlossene Abkommen zwischen der EU und afrikanischen
Staaten müssen daher beendet werden. Stattdessen braucht es
Handelsabkommen, die die lokale Produktion und Wertschöpfung sowie
regionale Wirtschaftskreisläufe in Afrika fördern und stärken und die
so Menschen vor Ort Zukunftsperspektiven geben“, verdeutlicht
Alexandra Strickner, Attac.

Neben der Gestaltung der EU-Handelspolitik identifiziert die
Plattform Anders Handeln weitere Bereiche, für die es eine gänzliche
Neuorientierung der EU Politik braucht:

Faire Rohstoff-Deals statt Raubbau
Unternehmen und Staaten liefern sich einen Wettlauf um afrikanische
Rohstoffe. Die damit verbundenen Entwicklungsversprechen bleiben
uneingelöst: Das Gros der Wertschöpfung und die verarbeitende
Industrie mit gut bezahlten Jobs entstehen nicht in Afrika.
Hauptprofiteure sind transnationale Unternehmen, die noch dazu ihre
Gewinne mit Steuertricks aus den Ländern schleusen. „Fair ist der
Rohstoff-Deal im Sinne entwicklungspolitischer Kohärenz für
afrikanische Länder nur, wenn ihnen handelspolitisch Luft gelassen
wird, auf Basis ihres Rohstoffreichtums lokale Entwicklung in Gang zu
bringen. Freihandel ist in diesem Zusammenhang nur ein anderes Wort
für Ressourcen-Klau“, so Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion
der Katholischen Jungschar.

Ernährungssouveränität statt Agrarkolonialismus 2.0
Die derzeitige EU-Agrarpolitik zerstört die Existenzgrundlagen von
Millionen von Bauern und Bäuerinnen und geht zulasten der Umwelt.
Stattdessen braucht es eine Ausrichtung am Menschenrecht auf Nahrung
und an Ernährungssouveränität: „Es braucht dringend eine Abkehr vom
Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und der Exportorientierung, ebenso
müssen direkte und indirekte EU-Subventionen für Exporte nach Afrika
abgeschafft werden.“ fordert Franziskus Forster von der ÖBV-Via
Campesina Austria. „Nur mit Agrarökologie in der Hand von Kleinbauern
und -bäuerinnen können Klimaschutz, das Recht auf Nahrung für alle
und sichere Lebensgrundlagen gewährleistet werden. Stattdessen werden
aber Wachstumsstrategien der Agrarindustrie gefördert. Land Grabbing
ist die Folge. Das muss aufhören.“

Steuersysteme fair gestalten
Die durchschnittliche Steuerquote liegt in Afrika bei rund 15
Prozent. Afrikanische Länder brauchen dringend Steuereinnahmen zum
Aufbau von Infrastruktur, soziale Vorsorge und
Beschäftigungsprogramme. Doch afrikanische Länder verlieren alleine
durch illegitime Geschäftspraktiken 60 Milliarden Dollar jährlich.
Dazu kommen ein Netz von Steueroasen und ein internationales
Steuersystem, das ärmere Länder tendenziell benachteiligt. „Die
österreichische Bundesregierung sollte ihren Ratsvorsitz nützen, um
sich für die Schließung der Steueroasen sowie öffentliche länderweise
Berichtspflichten für Konzerne und eine Gesamtkonzernsteuer mit
Mindeststeuersätzen auf EU-Ebene einzusetzen,“ urgiert Franz
Schmidjell (VIDC-Wiener Institut für internationalen Dialog und
Zusammenarbeit). „Auch müssen Doppelbesteuerungsabkommen geändert
werden, die österreichische Unternehmen begünstigen, aber in den
Haushalten der Entwicklungsländer zu Steuerausfällen führen.“

Die [Plattform Anders Handeln] (http://www.anders-handeln.at) fordert
eine gänzlich neue Handels- und Investitionspolitik, die Mensch und
Umwelt in den Mittelpunkt stellt und nicht den Profit einiger
weniger. Sie wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den
Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft,
der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via
Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen
unterstützt.

Alexandra Strickner, Attac: alexandra.strickner@attac.at; Mobil: 0664/1048428
Stefan Grasgruber-Kerl, Südwind: stefan.grasgruber-kerl@suedwind.at; Mobil: 0699/10040079
Christian Herret, Dreikönigsaktion: christian.herret@dka.at, Mobil: 0676 880111071
Franziskus Forster, ÖBV-Via Campesina Austria: franziskus.forster@viacampesina.at, Mobil: 0650-68 888 69

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