
Sonderklassegebühren in Spitalsambulanzen: ÖVP und FPÖ weisenSPÖ-Vorwurf der Ungleichbehandlung zurück
Bundesrat billigt Kranken- und Kuranstaltengesetz-Novelle sowie Neuerungen im Ärztegesetz und bei Patientenverfügungen
Wien (PK) – Die den Ländern nunmehr eingeräumte Möglichkeit zur
Einhebung von Sonderklassegebühren für ambulante Leistungen sorgte
heute auch im Bundesrat für eine kontroversielle Debatte. Die SPÖ
sprach kritisch von „Luxusklasse für die Reichen“ und einem Schritt
in Richtung Zwei-Klassen-Medizin, während ÖVP und FPÖ der Opposition
vorwarfen, durch bewusste Fehlinterpretation ein „pietätloses Spiel“
auf dem Rücken der PatientInnen zu betreiben. In einem mehrheitlich
angenommenen Entschließungsantrag appellierten die Regierungsparteien
an die Gesundheitsministerin, dafür Sorge zu tragen, dass keine
Unterschiede bei der Behandlung (insbesondere Umfang und Qualität)
und beim Zugang zu medizinischen Leistungen (insbesondere
Terminvergabe und Wartezeiten) zwischen PatientInnen der allgemeinen
Gebührenklasse und PatientInnen mit Zusatzversicherung gemacht
werden.
Konsens herrschte hingegen über eine Novelle des Ärztegesetzes, die
die rechtliche Grundlage für die Anstellung von ÄrztInnen bei
ÄrztInnen schafft. Keinen Einspruch erhob die Länderkammer auch gegen
Änderungen im Patientenverfügungs-Gesetz und den darin enthaltenen
Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen ins
ELGA-System.
SPÖ warnt vor „Luxusklasse für Reiche“
Stein des Anstoßes für die Kritik der SPÖ war ein Passus im Kranken-
und Kuranstaltengesetz, der es den Ländern ermöglicht,
Sonderklassegebühren für jene ambulanten Leistungen einzuheben, die
bislang stationär erbracht worden waren. Die Einführung von
Sondergebühren für die Sonderklasse sei inakzeptabel und würde zu
Business-Loungen in den Ambulanzen und zu einer Überholspur bei den
Terminen führen, kritisierte Bundesrat Michael Wanner (SPÖ/S). Man
würde sich damit mehr Luxus erkaufen, wobei sich die Frage stelle,
wer sich dies leisten könne. Die Regierung betreibe einmal mehr
Politik für die Reichen, steht für Wanner fest, der in diesem
Zusammenhang von einer Zwei-Klassen-Medizin sprach. Öffentliche
Krankenhäuser würden mit den Steuergeldern aller Menschen finanziert,
da gehe es nicht an, Betuchte zu Lasten anderer Gruppen zu
bevorzugen, empörte er sich.
Regierungsparteien werfen SPÖ „pietätloses Spiel“ auf dem Rücken der
PatientInnen vor
Es gehe einzig und allein um die Definierung von Zusatzleistungen,
zumal ja Zusatzversicherungen in die Spitalsfinanzierung einbezogen
werden, unterstrich ÖVP-Bundesrat Anton Froschauer (ÖVP/O) mit
Nachdruck. Er erinnerte daran, dass 1,8 Millionen Menschen eine
private Zusatzversicherung haben und dafür über 800 Mio. € bezahlen.
Durch die vorliegende Regelung werde nun garantiert, dass die Gelder
der Privatversicherten im System der öffentlichen Krankenanstalten
verbleiben. Die Zusatzleistungen sollen damit zur Spitalsfinanzierung
beitragen, bestätigte auch Martin Preineder (ÖVP/N).
Die Novelle garantiere allen PatientInnen Qualität und Sicherheit,
betonte namens der FPÖ Christian Steiner (FPÖ/T). Es werde keine
Unterschiede zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten
geben, stellte er klar und verwies auf den von den Regierungsparteien
eingebrachten Entschließungsantrag, der einen entsprechenden Appell
an die Gesundheitsministerin enthält. Der SPÖ warf er vor, ein
„pietätloses Spiel“ auf dem Rücken der PatientInnen zu betreiben.
Entrüstet zeigte sich Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein
über die Vorwürfe der SPÖ. Es würde ihr nie im Schlaf einfallen,
Ungleichbehandlungen von PatientInnen zuzulassen. Angesichts der
Behauptungen der SPÖ sei sie „sprachlos“.
Die umstrittene Regelung ist Teil einer mit den Stimmen der
Regierungsparteien beschlossenen Anpassung des Kranken- und
Kuranstaltengesetzes, das insbesondere der Umsetzung des
Strukturplans Gesundheit dient und flexiblere Formen der
Spitalsorganisation ermöglichen soll. Die Novelle enthält zudem die
Verpflichtung, laufende Aufzeichnungen in elektronischer Form über
Infektionen mit Krankenhauskeimen zu führen. (Fortsetzung Bundesrat)
hof
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