Arbeitsmarktexpertin Judith Pühringer: „Angebote mit Perspektive und fairer Anerkennung statt 1,50-Euro-Tätigkeiten für Asylwerber*innen“

Verordnungsentwurf des Innenministeriums über „die Höhe des Anerkennungsbeitrags für gemeinnützige Hilfstätigkeiten von Asylwerbern“ tritt arbeitsmarktpolitische Lawine los

Wien (OTS) – Anlässlich der im März 2019 zwar leicht rückgängigen, aber weiterhin hohen Langzeitbeschäftigungslosigkeit (102.696 Personen) warnt arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer eindringlich davor, Maßnahmen zu setzen, die weiteren Druck auf Arbeitssuchende ausüben, Arbeitsbedingungen verschlechtern und eine arbeitsmarktpolitische Lawine rund um Arbeitspflicht und Minijobs – ähnlich wie bei den Hartz-Reformen in Deutschland – lostreten.

Der Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Inneres, der bis zum 22. April 2019 zur Begutachtung vorliegt, sieht vor, „gemeinnützige Hilfstätigkeiten von Asylwerbern und bestimmten sonstigen Fremden“, auf einen maximalen Anerkennungsbeitrag von 1,50-Euro pro Stunde zu beschränken. Da Asylwerber*innen nur in strengen Ausnahmefällen überhaupt Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt haben, war dies bislang eine der bescheidenen Möglichkeiten neben dem laufenden Asylverfahren einer Tätigkeit nachgehen zu können. Judith Pühringer: „Wir wissen aus unserer langjährigen Erfahrung in den Sozialen Unternehmen, wie wichtig eine frühe Anbindung an den Arbeitsmarkt für geflüchtete Menschen ist. Gemeinnützige Tätigkeiten unterstützen Asylwerber*innen beim Erlernen der Sprache, sie schaffen ein vertrauensvolles Netzwerk und stärken die Kompetenzen der Menschen“.

Gesellschaftliche Teilhabe durch existenzsichernde Beschäftigung Für arbeit plus ist es dabei allerdings essentiell, dass gemeinnützige Tätigkeiten von Asylwerber*innen auf freiwilliger Basis erfolgen und dass diese Menschen eine faire monetäre Anerkennung erhalten. „Im besten Fall sind diese Tätigkeiten so ausgestaltet, dass sie Anschlussperspektiven bieten, sobald ein regulärer Arbeitsmarktzugang vorhanden ist. Denn das Ziel ist es nicht, Menschen in unterbezahlte, gemeinnützige Tätigkeiten zu drängen, sondern ein Sprungbrett in eine existenzsichernde Beschäftigung zu schaffen“, so Judith Pühringer.

„Wir dürfen das Ziel einer existenzsichernden Beschäftigung für alle nicht aus den Augen verlieren“, ist die Arbeitsmarktexpertin überzeugt: „Als Staat nicht und als Gesellschaft nicht“, so Pühringer. „Wir müssen außerdem wachsam bleiben, denn mit der Verankerung einer Maximalleistung von 1,50-Euro pro Stunde für gemeinnützige Tätigkeiten von Asylwerber*innen und dem nun auch in der Sozialhilfe NEU vorhandenen Passus einer „Arbeitspflicht“, wird eine arbeitsmarktpolitische Lawine losgetreten, die alle Arbeitssuchenden treffen könnte. Das zeigen die Hartz-Reformen in Deutschland“, gibt die Arbeitsmarktexpertin zu bedenken.

Hartz IV auf Österreichisch?
Pühringer: „In Deutschland haben die im Zuge der Hartz-Reformen geschaffenen 1-Euro-Jobs für langzeitarbeitslose Menschen zu Armut und einem Endlos-Hamsterrad ohne Perspektiven geführt. Die Wirkung war, dass aus arbeitssuchenden Menschen, arme Erwerbstätige wurden.“ Das verdeutlichen die Zahlen eindrücklich: 71 Prozent aller arbeitslosen Menschen in Deutschland sind aktuell von Armut bedroht. Das ist ein höherer Anteil als in allen anderen EU-Staaten und er zeigt: Hartz IV führt in die Armutsfalle.

„Von einem fairen Sozialsystem mit echten arbeitsmarktintegrativen Angeboten profitieren hingegen alle Teile der Gesellschaft“, ist die arbeit plus-Geschäftsführerin überzeugt: „Genau deshalb sind arbeitsmarktpolitische Angebote wie etwa Deutschkurse, Qualifizierungen oder temporäre Beschäftigung in Sozialen Unternehmen, die nachhaltig wirken und kollektivvertraglich bezahlte Arbeit mit Lernen verbinden, so wichtig um Menschen am Weg (zurück) ins Erwerbsleben zu unterstützen“, so Pühringer.

arbeit plus wird seine Expertise auch im Rahmen der Begutachtung des Verordnungsentwurfs des Innenministeriums, die bis 22. April 2019 läuft, einbringen.

arbeit plus ist das österreichweite Netzwerk von 200 gemeinnützigen Sozialen Unternehmen, die mit Beratung, Qualifizierung und Beschäftigung benachteiligte Menschen beim beruflichen (Wieder-)Einstieg unterstützen.

arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich
Dr.in Martina Könighofer
E: martina.koenighofer@arbeitplus.at
M: +43 699 1810 2433

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