
„Gaudiopolis – Republik der Kinder“: „Universum History“ zeichnet Entstehung und Ende des außergewöhnlichen Projekts nach
Zum Holocaust-Gedenktag am 29. Jänner um 22.35 Uhr in ORF 2
Wien (OTS) – Sie wählten eine eigene Regierung, druckten Zeitungen und sorgten selbstständig für ihren Lebensunterhalt: Hunderte Kinder, die unter der Führung des lutherischen Pastors Gábor Sztehlo 1945 Gaudiopolis – die Stadt der Freude – gründeten. Viele von ihnen waren jüdischer Abstammung und zum Schutz vor den Nationalsozialisten ab 1944 in christlichen Kinderheimen versteckt worden. Schon bald jedoch strömten weitere Waisen- und Kriegskinder unterschiedlichster Herkunft in die von Gábor Sztehlo „besetzten“ Villen in Budapest. 1945, nach dem Ende des Krieges, entwickelte Gábor Sztehlo gemeinsam mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern das reformpädagogische Konzept der Kinderrepublik Gaudiopolis. In der „Stadt der Freude“ sollten die Kinder, unabhängig von ihren sozialen und religiösen Wurzeln, eine friedliche Gemeinschaft aufbauen und lernen, Entscheidungen auf Basis von Toleranz und gegenseitigem Verständnis zu treffen. Im Rahmen des Programmschwerpunkts zum Holocaust-Gedenktag (27. Jänner) zeichnet „Universum History“ mit Frédéric Tonollis Dokumentation „Gaudiopolis – Republik der Kinder“ (ORF-Bearbeitung: Andrea Lehner) am Freitag, dem 29. Jänner 2021, um 22.35 Uhr in ORF 2 die Entstehung und das Ende dieses außergewöhnlichen Projekts in aufwendigen Reenactments nach. In bewegenden Interviews erzählen ehemalige Gaudiopolis-Kinder die unglaubliche Geschichte ihrer „gelebten Utopie“ und erinnern sich an die Hoffnung, die Freude, die Selbstbestimmung sowie die unglaubliche Kraft, die sie für ihr Leben danach daraus geschöpft haben.
Mit großem Enthusiasmus engagierten sich die Kinder für ihre Demokratie, wählten einen Ministerpräsidenten, erstellten eine Verfassung und druckten ihr eigenes Geld, den „Gapo-Dollar“. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie aus dem Erlös von Produkten aus ihren Werkstätten und von dem, was die Obstbäume im Garten abwarfen. Hilfsangebote, die an unzumutbare Bedingungen geknüpft waren, lehnte Gábor Sztehlo ab. So wollten zum Beispiel jüdische Organisationen nur jüdische Kinder unterstützen. Und die lutherische Kirche verlangte die alleinige Kontrolle über Gaudiopolis. Nur das Rote Kreuz war bereit, Lebensmittel zu liefern, ohne Forderungen zu stellen.
Sechs Jahre lang lebten die Kinder ihren Traum von Freiheit und Unabhängigkeit. Im kommunistischen Ungarn wurden demokratische Strukturen wie die von Gaudiopolis zunehmend unterdrückt. 1951 verordnete der ungarische Diktator Mátyás Rákosi das Ende der Kinderrepublik. Sämtliche Versuche Gábor Sztehlos, den Kindern weiterhin ein Überleben in geordneten Strukturen zu ermöglichen, scheiterten.
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