
12. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2020 (3)
Generaldebatte
Wien (OTS/RK) – GR Markus Ornig, MBA (NEOS) sagte: Wiens Unternehmerinnen und Unternehmer seien „der Motor der Wirtschaft in der Stadt, wir als Stadtregierung müssen diesen Motor am Laufen halten“ – dabei gelte das Motto „koste es, was es brauche“ – und nicht „koste es, was es wolle.“ Die „wirre Kommunikation“ der Maßnahmen seitens der Bundesregierung habe viele Fragen aufgeworfen – umso mehr gelte sein Dank den UnternehmerInnen in der Stadt: „Sie sind mutig und tatkräftig und mussten plötzlich – warten. Es ist schön zu sehen, dass die Rollläden jetzt wieder hochgehen“, sagte Ornig. Er erinnerte an die „mehr als 50 Hilfsmaßnahmen und mehr als 600 Euro Millionen Euro an Hilfsmaßnahmen“ im Zuge von insgesamt fünf städtischen „Corona-Paketen“. Beispielhaft nannte er die Förderung der Sanierung bzw. Revitalisierung von Geschäftslokalen: „Das belebt auch die Grätzl, eine der wichtigsten Herausforderungen.“ Ein „besonderer Fokus“ der Stadtregierung liege auf der Unterstützung von EPUs und der Hilfe beim Digitalisieren; die Wirtschaftsagentur habe dafür eigens neue Förderschienen auf die Beine gestellt. Weitere Beispiele: Ein Volumen von mehr als 1,1 Millionen Euro für das Aussetzen der Schanigarten-Gebühren bei mehr als 4.000 Gastro-Betrieben. „Wir sind noch lange nicht über den Berg. Der Rucksack der letzten eineinhalb Jahre wiegt schwer“, so Ornig. Umso mehr werde die Stadt kleinen und mittleren Betrieben beim Neustart helfen: Sämtliche Gebühren und Abgaben werden auf ihre Entbürokratisierung abgeklopft; „schlanke, serviceorientierte Verwaltungsstrukturen“ (Stichwort One-Stop-Shops) sollen jungen UnternehmerInnen „smart und zukunftsfit“ begegnen.
StRin Mag. Judith Pühringer (Grüne) erwiderte ihrem SPÖ-Vorredner Taucher: „Sie haben uns eine Alles-oder-Nichts-Politik vorgeworfen. Aber das stimmt. Beim Klimaschutz gibt es nur Alles oder Nichts.“ Der Juli werde wohl eine „Corona-Atempause“ bringen, aber: Das dürfe nicht dazu führen, die vergangenen Monate zu vergessen: „Es waren vor allem die Frauen, die das System getragen haben in Gesundheits- und Pflegeberufen, die schlecht bezahlt sind und daheim auch noch das Home Schooling schupfen“, so Pühringer. Richtung ÖVP appellierte sie, das Thema Arbeitslosigkeit nicht herunterzuspielen: „Wer im Corona-Jahr unverschuldet arbeitslos war, hat bereits den Stempel ‚langzeitarbeitslos‘ aufgedrückt bekommen.“ Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, erinnerte Pühringer an die „Schrauben der Verschlechterung“, an denen nun von SPÖ-NEOS gedreht würden, im Zuge der Mindestsicherungsreform in Wien. Die große Frage für die Zukunft der Wirtschaft verlange „eine Vision, einen großen Wurf“ – wollen wir wirklich ungebremstes Wachstum? Oder Vergaben und Steuern, die auf ökologische und soziale Aspekte schauen, fragte Pühringer rhetorisch. „Wir stehen an einer Weggabelung. Entweder wir gehen zurück in die Vergangenheit, oder wir steuern Richtung nachhaltige Zukunft“, so Pühringer: „Die Worte ‚niemanden zurücklassen‘ dürfen nicht leer bleiben.“
StRin Mag. Bernadette Arnoldner (ÖVP) pflichtete bei: Das Corona-Jahr sei eine „harte Zeit“ gewesen „für uns alle“: Für Familien, die Wirtschaft, die Kultur – genauso für die öffentliche Hand. Dennoch dürfe sich die Stadt Wien bei ihrem Schuldenstand („über 10 Milliarden Euro“) nicht auf Corona ausreden: „Das eigentliche Problem in Wien ist: Ein Defizit ist nie eine ‚Überraschung‘, sondern leider die Regel.“ Wien werde sehr wohl gut durch die Krise kommen, so Arnoldner, aber das liege an den Hilfen vom Bund. „Mit Abstand die größte Last der Hilfsmaßnahmen für Wien trägt der Bund, nicht die Stadt“; mehr als 8 Milliarden Euro seien vom Bund an die Stadt geflossen – „mehr als das 13-Fache von dem, was Wien ausgegeben hat“, rechnete Arnoldner vor. Von Kurzarbeit, Steuererleichterungen, Garantien und Haftungen, Härtefallfonds etc. hätten mehr als 300.000 Wienerinnen und Wiener profitiert. Die Volkspartei werde „alle Maßnahmen“ der Stadtregierung mittragen, die zum wirtschaftlichen Aufschwung und dem Schaffen von Arbeitsplätzen dienen – solange „wenn diese transparent, nachvollziehbar und effizient“ sind, so Arnoldner. Wien habe die guten Jahre nicht genutzt, die Stadt habe von sprudelnden Einnahmen gelebt; jetzt fehlten die Mittel, um rasch wieder für „Wachstum und Dynamik“ zu sorgen. „Wiens Budgets sind immer defizitär, egal ob in der Krise oder in guten Jahren“, sagte Arnoldner.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) wollte den Rechnungsabschluss auf einen Satz konzentrieren: „Der Rechnungsabschluss zeigt: Wien hat die Mega-Herausforderung Corona gut bewältigt.“ Die größte Wirtschaftskrise seit der Welt-Rezession vor 100 Jahren sei „ja nicht irgendwas“ – nur die FPÖ tue in ihrer „Parallelwelt“ so, als würde es keine Pandemie geben. Wiens Budget war auf dem Weg zum Überschuss – „bis Corona dazwischenkam“, so Stürzenbecher. Er rechnete vor und wiederholte die Zahlen: 14,9 Milliarden Euro an Budget-Gesamtvolumen; 1,1 Milliarden Euro Defizit; 600 Millionen Euro an Corona-Hilfen „aus eigener Kraft“. Stürzenbecher erwiderte Richtung ÖVP: „Sie sagen, der Bund hat geliefert. Wer ist denn der Bund, woher nimmt der sein Geld?“ Wien als wirtschaftliche „Hauptkraft des Landes“ erwirtschafte ein Viertel des österreichischen BIPs, liefere entsprechend Steuern und sei Nettozahler im Bund. „Da kann der Bund ruhig etwas von den Steuern zurückgeben. Aber ob das eine Leistung des Finanzministers ist, sei dahingestellt“, so Stürzenbecher. Ein Vergleich Wien-Bund sei zudem „wenig seriös“, weil es da um ganz andere Budget-Dimensionen gehe. Im Bundesländer-Vergleich habe Wien jedenfalls die meisten Corona-Hilfsgelder auf die Beine gestellt, sagte Stürzenbecher. Wien sei gut durch die Pandemie gekommen, auf dem Fundament der öffentlichen Dienstleistungen und der Daseinsvorsorge.
GRin Veronika Matiasek (FPÖ) erwiderte: Die FPÖ habe die Corona-Krise nie geleugnet, Vorredner Nepp habe bloß eine „andere Zugangsweise“: Corona dürfe nicht als alleinige Begründung fürs Defizit dargestellt werden. Wenn die SPÖ davon spreche, Kosten für Corona-Maßnahmen „aus eigener Kraft“ zu stemmen und „nicht auf die Bürger abwälzen“ zu wollen, „spricht das Bände: Die Stadt hat keine eigenen Mittel. Das Geld kommt von den Bürgerinnen und Bürgern“, so Matiasek. Der „Negativrekord“ der Neuverschuldung aus dem Jahr 2009/2010 sei heuer gebrochen. „Wie lässt sich dieses Budget mit Ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen in Einklang bringen?“, fragte sie Richtung NEOS, dem kleinen Koalitionspartner in der Stadtregierung. Richtung Grüne meinte sie: Klimapolitik sei wohl wichtig, aber eine „koste es, was es wolle“-Mentalität werde „immer auf dem Rücken der Steuerzahler“ ausgetragen. Wiewohl der FPÖ ein Ausbau des „hochrangigen öffentlichen Verkehrsnetzes“ wichtig sei – „wenn sich die Kosten bei Großprojekten wie dem U-Bahn-Bau in Wien verdoppeln, bekommt man fast Sorge, das zu fordern“. Viel werde in Wien auch für den Bereich Zuwanderung und Integration aufgewendet, sagte Matiasek, „aber wir haben ein Ergebnis, das dieses Geld nicht wert ist“. Die SPÖ bei der Integrationspolitik versagt: „Stichwort Brennpunktschulen. Sie wollen das Integrationsproblem scheinbar lösen, indem Sie die Kinder gleich automatisch zu Österreichern machen“, erinnerte Matiasek an die Staatsbürgerschaftsdebatte der jüngsten Vergangenheit.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sah Wien „stärker und nachhaltiger“ aus der Corona-Krise herauswachsen. „Wir haben neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Miteinander-Auskommens gefunden“, richtete Gara seinen Dank an die „vielen jungen, innovativen, kreativen“ Unternehmerinnen und Unternehmer, die etwa neue Corona-Test-Verfahren und digitale Lösungen gefunden hätten:
„Das sind beste Voraussetzungen für den Forschungs- und Wissensstandort Wien“, erinnerte Gara daran, dass Wien die größte deutschsprachige Universitätsstadt sei. Ebenfalls bemerkenswert: Wien habe mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent den höchsten Frauenanteil bei Jung-Unternehmen und Start-Ups – „noch vor bekannten Unternehmensstädten wie Stockholm und Berlin. Da können wir noch mehr hinschauen, und dieses Potenzial für den Wirtschaftsstandort Wien nutzen“, appellierte Gara. Wachstum brauche natürlich auch Entlastung: „Wir können über die Luftsteuer diskutieren. Oder wir reden über das Senken der Lohnnebenkosten; darüber, die Arbeit zu entlasten. Dafür sind Sie (ÖVP, Anm.) seit Jahrzehnten verantwortlich. Sie sitzen im Wirtschaftsministerium. Sie reden darüber, aber gesehen haben wir davon noch nichts.“ Richtung Grüne und betreffend Naschmarkt-Markthalle meinte Gara: „Ich weiß schon, das gehört zum tagespolitischen Oppositionsgeschäft. Aber warum ist dieser Platz so heiß? Die Grünen waren zehn Jahre lang zuständig für Stadtplanung, passiert ist dort nichts.“ Die NEOS in der neuen Stadtkoalition hingegen hätten beim Radverkehr, bei der Photovoltaik und der nachhaltigen Gebäude-Sanierung neue Projekte auf Schiene gebracht – „das sichert letztlich auch Jobs“, sagte Gara. (Forts.) esl
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