
Nationalrat – Krainer: Ibiza-U-Ausschuss hat Käuflichkeit und Machtmissbrauch der türkis-blauen Bundesregierung erwiesen
„Die Aufklärung hört nicht auf, nach dem U-Ausschuss ist vor dem U-Ausschuss“ – Grüne und ÖVP stimmen gegen Live-Übertragung und fürs Aktenschreddern
Wien (OTS/SK) – Der Nationalrat hat heute, Mittwoch, die Berichte des Verfahrensrichters und der fünf Parlamentsfraktionen zum Ibiza-Untersuchungsausschuss diskutiert. Der Fraktionsführer der SPÖ im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Jan Krainer, sieht durch die Arbeit des Ausschusses die Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung als erwiesen an. Dazu gibt es auch schon ein erstinstanzliches Gerichtsurteil, sagt Krainer. Eine wesentliche Erkenntnis der letzten 20 Monate ist für Krainer, dass eine Clique rund um ÖVP-Chef Kurz einen „türkisen Staat im Staat“ aufgebaut habe, der gekennzeichnet sei durch „Macht und Machtmissbrauch“, vorbei an den rechtsstaatlichen Regeln. ****
Rätselhaft blieb für den SPÖ-Abgeordneten die Wortmeldung des ÖVP-U-Ausschuss-Fraktionsführers Hanger. Krainer: „Hanger hat bewiesen, dass es Parallelgesellschaften in Österreich gibt, wenn er so tut, als ob Fakten nicht Fakten wären.“ Zu diesen Fakten gehört der Zusammenhang von Spenden von Privatklinikbetreibern an die FPÖ und noch viel höhere Spenden an die ÖVP. Danach fragt Strache seinen Spender: „Welches Gesetz soll ich für dich ändern?“ Und der ÖVP-Großspender verschickt per E-Mail das fertige Gesetz mit der Bemerkung: „Habe beiliegenden Gesetzesentwurf mit Blümel und Löger abgestimmt.“
„Auf der türkisen Seite haben wir ein System Kurz gefunden, eine türkise Familie“, sagte Krainer. Wer dabei sei, wie der frühere Generalsekretär im Finanzministerium, dem sichert Kurz zu: „Du bekommst eh alles, was du willst“, zitierte Krainer aus den berüchtigten Chatprotokollen.
Das System Kurz sei gekennzeichnet durch den Versuch der absoluten Kontrolle. So haben Kurz und seine engsten Mitarbeiter für die türkisen Ministerien die Kabinette zusammengestellt. Im Finanzministerium war der Generalsekretär Schmid zugleich Kabinettschef von Löger. An eine Vertraute schrieb Schmid damals: „… sonst glaubt er (Löger; Anm.), er kann Sachen selbst entscheiden“.
Dieses System, türkise Kontrolle über die Kabinette, habe sich auch in der Expertenregierung fortgesetzt. Krainer erinnerte an die damalige Kabinettschefin im Justizministerium, die – so geht es aus einem Chat mit dem damaligen Sektionschef Pilnacek hervor – an Kurz (der war damals Privatmann) berichtete und den eigenen Minister gezielt ausschloss.
Im System Kurz „wurden rechtsstaatliche Regeln, Informations- und Berichtspflichten ausgehebelt“, fasste Krainer zusammen. „Wir sehen die absolute Abgehobenheit der türkisen Clique“. Krainer erinnerte an Bemerkungen des Kurz-Vertrauten Schmid („Reisen wie der Pöbel“) und daran, dass bei einer Kabinettsfeier des BMF mit Gläsern auf Passanten geworfen wurde, die Zeche für die Feier wurde freilich „aufs EU-Budget“ geschrieben.
Als einen Gipfelpunkt von Macht und Machtmissbrauch sieht Krainer den Versuch von Kurz, die Kirche nach ihrer Kritik an der Asylpolitik der Regierung einzuschüchtern. Kurz‘ Nachrichten an Schmid, „Ja, bitte Vollgas geben“ (vor dem Termin) und „Super danke vielmals!!!!“ (nachdem Schmid an Kurz berichtete, wie der Kirchenvertreter zuerst rot, dann blass, dann zittrig geworden war), ließen auch tief auf den Charakter von Kurz blicken, sagte Krainer.
„Der Untersuchungsausschuss wurde von ÖVP und Grünen vorzeitig abgedreht. Das große Schreddern wird jetzt beginnen“, sagte Krainer. Dem wollten SPÖ, NEOS und FPÖ mit einem gemeinsamen Antrag zuvorkommen. Die Oppositionsparteien fordern darin die Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, „in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich sicherzustellen, dass jene Akten und Unterlagen, die dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden, sicher aufbewahrt und nicht vernichtet werden“.
Krainer zeigte sich gespannt, ob die Grünen, deren Klubobfrau Maurer ja versichert hat, dass die Akten nicht geschreddert würden, bei dem Antrag mitstimmen werden. Bei der Abstimmung am Ende der Debatte haben die Grünen allerdings gemeinsam mit der ÖVP gegen diesen Antrag der Oppositionsparteien gestimmt und damit für die sofortige Vernichtung der Ibiza-U-Ausschussakten. ÖVP und Grüne haben überdies gegen den SPÖ-Antrag auf eine Live-Übertragung von Untersuchungsausschüssen gestimmt.
Krainer dankte abschließend den Mitarbeiter*innen aller Fraktionen, den drei Verfahrensrichter*innen, den Verfahrensanwälten und ganz besonders den Mitarbeiter*innen der Parlamentsdirektion. Und er versprach: „Die Aufklärung hört nicht auf, die Arbeit im Parlament hört nicht auf – weil nach dem U-Ausschuss ist vor dem U-Ausschuss.“ (Schluss) wf/bj
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