13. Wiener Landtag (1)

Wien (OTS/RK) – Die 13. Sitzung des Wiener Landtages in der laufenden Wahlperiode begann um 9 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Der Landtag kam auf Verlangen des Wiener ÖVP-Klubs zum Thema „Klares Nein zum Wiener Weg der SPÖ – Keine Entwertung der Staatsbürgerschaft!“ zur Debatte zusammen. Fragestunde, Aktuelle Stunde und Dringliche Initiativen entfielen.

LAbg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) begründete die Einberufung des Landtages wie folgt: Eines der wichtigsten Themen in einer Demokratie sei die Staatsbürgerschaft. Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe in einem Interview gemeint, die Hürden zur Erlangung der Staatsbürgerschaft seien zu hoch. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig habe ebenfalls Forderungen wie die Reduktion von bürokratischen und finanziellen Hemmnissen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft erhoben – besonders für die diejenigen, hier geboren sind. Zwischen den Zeilen gehe es bei solchen Aussagen immer um „Wahlstimmenfang und das Verteilen von Wahl-Zuckerln“, so Wölbitsch-Milan. Die Aussage des Bürgermeisters entbehre aber nicht einer gewissen Ironie, „denn für die bürokratischen Hemmnisse ist einzig und allein die überforderte und reformbedürftige MA 35 verantwortlich“. Ein Anfang wäre, dass Menschen, „die nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen, nicht Monate oder Jahre auf einen Rückruf der Behörde warten müssen“. Die Staatsbürgerschaft dürfe kein „billiger Massenartikel“ werden, sondern müsse ein Qualitätsprodukt bleiben. „Fakt ist, dass die jetzigen Regeln für Einbürgerungen gut durchdacht sind und dabei sicherstellen, dass die Staatsbürgerschaft erst am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses steht“, so Wölbitsch-Milan. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft erfolge hauptsächlich auf zwei Schienen: entweder durch Abstammung, oder durch die Verleihung nach zehn oder auch bereits nach sechs Jahren für bestimmte Personengruppen. Neo-Staatsbürger sollen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und sich selbst erhalten können – „was wir nicht wollen ist die Einwanderung in das Sozialsystem, was der Linksblock will“. Der Antrag würde etwas kosten, „und das ist gut so“: Die Landesabgaben in Wien seien am höchsten, „bisher hat es keine Senkung geben, obwohl Sie es selbst in der Hand haben“. In anderen Bundesländern liege Bearbeitungsdauer der Anträge im Schnitt unter sechs Monaten, nur in Wien sei dieser Zeitraum deutlich länger. Für Fachkräfte, die die Staatsbürgerschaft erlangen wollen, gebe es bereits jetzt die Rot-Weiß-Rot-Karte. Eine Studie der Stadt habe gezeigt, dass das größte Interesse an einer Einbürgerung unter Drittstaatsangehörigen bestehe, besonders unter Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, „die nur kurz im Land sind, nicht mehr in die Heimat zurückkehren wollen und ihren Aufenthalt in Österreich sichern möchten“. Zusammenfassend könne man sagen, „dass es in der Hand der Wiener Stadtregierung liegt, Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen – fangen Sie selbst damit an“, forderte Wölbitsch-Milan. „Aber einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft lehnen wir ab, denn das würde den ‚Pull-Faktor‘ nach Österreich und damit die Migration erhöhen. Denn mit der Förderung wäre auf einen Schlag eine halbe Million Drittstaatsangehörige österreichische Staatsbürger, das wäre eine Einführung des Ausländerwahlrechts durch die Hintertür“, stellte Wölbitsch-Milan klar.

StR Karl Mahrer (ÖVP) stellte das „Grundsätzliche“ an den Beginn:
Mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft würde das Wahlrecht, der unbegrenzte Aufenthalt in Österreich und die Unionsbürgerschaft einhergehen. Die Dauer der Staatsbürgerschaft ist zeitlich nicht begrenzt, die Verleihung kann nicht zurückgenommen werden. „Fakt“ sei, dass alle gegenwärtigen Richtlinien „wohl durchdacht und bewährt seien“, so Mahrer. Die Regeln würden auch vorsehen, dass Personen, die um die Staatsbürgerschaft ansuchen, nicht rechtskräftig vorbestraft sein dürfen. Im Zentrum dieser Regeln würde das sichere Zusammenleben aller Personen in Österreich stehen. Alle, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen wollten, „müssen sich an unsere Werte und Regeln zu halten“, verlangte Mahrer. Die Grundwerte einer liberalen Demokratie, die in Wien, Österreich und Europa gelten, müssten von Neo-Staatsbürgern mitgetragen werden. Die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit sei ebenfalls eine wichtige Voraussetzung zur Erlangung der Staatsbürgerschaft. Er habe festgestellt, „dass sich in Wien immer wieder Parallelgesellschaften entwickeln“, so Mahrer. Die Situation der hier geborenen Menschen in Schulen sei oft „problematisch“. So könnten zehntausend Volksschulkinder – wie eine Studie zeige – am Beginn ihrer Schulkarriere nicht oder kaum Deutsch sprechen, obwohl etwa 30 Prozent davon bereits österreichische Staatsbürger seien. „Die derzeit geltenden Regeln zum Erwerb der Staatsbürgerschaft dürfen nicht aufgeweicht werden“, stellte Mahrer den Standpunkt der Wiener ÖVP klar. Mahrer stellte die Fragen in den Raum, für wen es ein Vorteil wäre, wenn es in Wiener Schulen „noch mehr Sprachprobleme gibt, noch mehr Schüler die Bildungsziele in den Pflichtschulen nicht mehr erreichen, unser Sozial- und Pensionssystem noch stärker belastet wird und wenn sich noch mehr Parallelgesellschaft in Wien bilden“. Es wäre für niemanden von Vorteil, schloss Mahrer, „außer für jene, denen Wien und Österreich nicht am Herzen liegt“. Anstatt Lockerungen bei der Verleihung zu fordern, sollte Wien die personellen und administrativen Voraussetzungen bei der Behörde schaffen, um Anträge schneller erledigen zu können. „Die österreichische Staatsbürgerschaft sollte etwas ganz Besonderes sein, deshalb wird es mit uns den undifferenzierten Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht geben. Wir fordern zuerst Integration ein, dann erst soll die Verleihung der Staatsbürgerschaft erfolgen“, stellte Mahrer klar. „Als Volkspartei lehnen wir eine Entwertung der Staatsbürgerschaft klar ab. Und wir stehen dafür ein, dass es nicht zu dieser Entwertung kommen wird.“

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) freute sich über die Debatte zu diesem „wichtigen Thema“. Auslöser der Diskussion sei aber nicht eine Initiative der ÖVP, sondern eine Forderung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen über die Erleichterungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft gewesen. Obwohl die ÖVP hier im Landtag in Wien gegen Erleichterungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft auftritt, würde Van der Bellen von großen Teilen der ÖVP beim kommenden Bundespräsidentschaftswahlkamp unterstützten. „Das ist plump und entlarvend, was Sie hier abziehen, und leicht durchschaubar für die Wählerinnen und Wähler“, so Nepp. Die Bundesregierung von ÖVP und Grünen würde eine „Aufweichung“ der Rot-Weiß-Rot-Karte durch Senkung des Mindestverdienstes beabsichtigen, „das ist die scheinheilige und heuchlerische Art der ÖVP-Politik“. Eine automatische Staatsbürgerschaft für alle, die in Österreich geboren werden, sei abzulehnen – „dafür wird es von uns ein klares Nein geben“. Auch das Argument, dass Ausländer hier zwar Steuern zahlen würden, aber nicht wählen dürften, würde konsequenterweise zu einem „Zensus-Wahlrecht“ führen. Die ÖVP würde „immer den gleichen Fehler machen: zuerst Aufnahme von Zuwanderern ohne Limit, sobald die öffentliche Stimmung kippt, strengere Regeln verlangen – die ÖVP ist ein Fähnchen im Wind“, so Nepp.

LAbg. Dipl.-Ing.in Selma Arapovic (NEOS) stellte zu Beginn klar, dass eine „leichtfertige Vergabe und Entwertung“ der Staatsbürgerschaft hier im Haus „niemand“ wolle, dann das wäre absolut verantwortungslos. Verlangt würde vielmehr eine faire, erleichterte und nachvollziehbare Gesetzgebung zur Erreichung der Staatsbürgerschaft – „aber das will die ÖVP seit mehr als 20 Jahren nicht“. Für die Demokratie in Österreich sei es ein „großes Problem“, wenn jährlich nur 0,6 bis 0,7 Prozent aller hier lebenden Nicht-Österreicher die Staatsbürgerschaft erlangen würden. Denn für das persönliche und berufliche Vorankommen sei die Staatsbürgerschaft oft notwendige Voraussetzung: „Ich könnte ohne Staatsbürgerschaft nicht hier stehen und reden. Denn ich wäre weder Politikerin noch Ziviltechnikerin ohne Staatsbürgerschaft“. Ihre Motivation für ihre Beantragung der Staatsbürgerschaft vor 20 Jahren sei vor allem die Verschärfung des politischen Tons in Österreich und der einschlägigen Gesetze gewesen: „Der Satz ‚Wenn einer Adamovich heißt, muss man sich fragen, ob er eine aufrechte Aufenthaltsgenehmigung besitzt‘ hat mich entsetzt und ich war wirklich fassungslos. Deshalb habe ich mich zur Flucht nach vorne entschlossen und mich in die Sicherheit der Staatsbürgerschaft begeben“, sagte Arapovic. (Forts.) nic

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